Schon um 8 Uhr kamen die Abgeordneten des Innenausschusses zusammen, zur ersten von zwei für heute anberaumten Sondersitzungen des Gremiums. Geladen war der Vorsitzende des Gesamtpersonalrates des BAMF, Rudolf Scheinost. Was er zu erzählen hatte, fasste der Armin Schuster von der CDU anschließend so zusammen:
"Er beklagt das Absenken von Standards, das Absenken von Qualität. Das war ein klarer Hinweis an die Mitarbeiterschaft." Armin Schuster, Obmann der Union im Innenausschuss
Tausende Überstunden
Es habe gravierende Qualitätsdefizite bei der Bearbeitung von Asylanträgen gegeben, und zwar nicht nur in Bremen. Geschwindigkeit sei in vielen Außenstellen vor Qualität gegangen, so Schuster. Auch die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, Luise Amtsberg sprach nach der Sitzung von einer "katastrophalen Personalpolitik" im Laufe der letzten drei Jahre.
Tausende Überstunden hätten sich angehäuft, Schulungen seien ausgesetzt worden, damit die Mitarbeiter mehr Zeit für die Asylverfahren hätten. Die Informationen aus den Schulungen, beispielsweise über die Situation in den Herkunftsländern, wären aber für die Asylentscheidungen wichtig gewesen. Das Innenministerium und die Leiter des BAMF seien ihrer Fürsorgepflicht nicht nachgekommen, so Amtsberg. Zu diesen Vorwürfen können jetzt die Präsidentin des Bundesamt, Jutta Cordt sowie ihre beiden Vorgänger, Frank-Jürgen Weise und Manfred Schmidt, Stellung nehmen; sie sind zur zweiten heutigen Sondersitzung gekommen.
Zustand der Behörde bei Übernahme von Weise?
Die Grünen erhoffen sich Informationen darüber, in welchem Zustand die Behörde war, als Weise sie im Herbst 2015 übernommen hat. Die Grünen, aber auch die FDP, erwarten sich Auskünfte über den Einfluss, der seitens der Politik auf die Arbeit des BAMF ausgeübt wurde.
"Eine Frage wird sein, ob dieser Austausch auch beinhaltete, dass Herr Weise und das BAMF ermuntert oder gar gedrängt werden sollten, die hohe Anzahl von Anträgen möglichst schnell, rasch, zügig abzuarbeiten – nötigenfalls unter Inkaufnahme von Qualitätsverlusten." Stephan Thomae, stellvertretender FDP-Fraktionsvorsitzender
Lischka: Merkel wurde 2013 auf wachsende Belastung hingewiesen
Der innenpolitische Sprecher der SPD, Burkhard Lischka machte darauf aufmerksam, dass offenbar nicht erst der frühere Amts-Chef Weise Bundeskanzlerin Merkel auf die wachsende Belastung des BAMF aufmerksam gemacht habe: Sie sei vielmehr schon 2013 bei der Feier zum 60-jährigen Bestehen des BAMF darauf hingewiesen worden.
"Der Personalrat damals hat in diesen Feierlichkeiten darauf hingewiesen: Wir schaffen das nicht. Und zwar damals schon bei 127.000 Asylverfahren im Jahr 2013. Schlüsse wurden darauf keine gezogen." Burkhard Lischka
Für die Vorsitzende des Innenausschusses, Andrea Lindholz von der CSU steht neben der Aufklärung die Frage, wie die Struktur des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Zukunft ausschauen könnte. Ein Gedanke, den sich auch Bundesinnenminister Horst Seehofer macht.
Er kündigte heute an, er werde eine "tiefgreifende Reform des BAMF durchführen." Details nannte Seehofer nicht. Am kommenden Dienstag will er aber seinen lange angekündigten Masterplan zur Asylpolitik präsentierten - dann dürfte auch die künftige Ausgestaltung des BaMF eine Rolle spielen.