Düsseldorfs Torwart Florian Kastenmeier stellt die Fernsehkamera nach einem Torschuss wieder auf.
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Fußball: Brauchen die Vereine die Medien noch?

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Fußball: Brauchen die Vereine die Medien noch?

Das Verhältnis von Medien und Fußballvereinen ist seit jeher nicht einfach. Mittlerweile haben die Vereine und die Spieler so große Reichweiten über Soziale Medien, dass sie die klassischen Medien eigentlich gar nicht mehr brauchen. Oder doch?

Trainer- und Spieler-Reaktionen auf Fragen und in Interviews im Fußball sind legendär. Giovanni Trapattoni wurde mit seiner "Flasche leer"-Ansprache zur Ikone, im Gedächtnis auch die Weißbier-Wutrede von Rudi Völler.

Hertha Trainer Dardai irritiert mit Abgang

Des Deutschen liebster Sport, der Fußball, kann polarisieren und manchmal auch irritieren. Vor gut einer Woche steht Pal Dardai, Trainer von Hertha BSC, einfach auf nach einer Reporter-Frage und geht, weil er die Berichterstattung des Reporters für zu kritisch empfindet. Bereits nach der ersten Frage eines Journalisten sagte der Ungar, dass dieser geschrieben habe, Hertha habe kein Konzept. Und so lange dieser dies so sehe, werde er nicht mit ihm reden.

Wir kennen die Interviews nach dem Spiel. Viele Floskeln, manchmal Emotionen und manchmal auch so etwas wie nach dem Spiel von Borussia Dortmund gegen den VfB Stuttgart: Der gefragte Spieler Nico Schlotterbeck hatte aus einem Meter vor dem gegnerischen Tor darübergeschossen. Das Tor wäre der Ausgleich gewesen. Sky-Reporter Patrick Wasserzieher fragte: "Warum haben sie den, ganz simpel gefragt, nicht gemacht?" Schlotterbeck entgegnet: "Das ist tatsächlich eine blöde Frage." Es entsteht ein verbales Geplänkel zwischen den beiden. Der Reporter drückt in die Wunde, der Spieler ist genervt.

Hoeneß: "Medien sind untrainierbar"

Uli Hoeneß, der Ehrenpräsident des FC Bayern, meint gar in einem BR-Interview, die Medien seien untrainierbar: "Die haben überhaupt keine Geduld mehr. Früher hat auch mal ein Trainer wie Ottmar Hitzfeld zwei, drei Spiele verloren, dann ging's wieder weiter. Aber heute, wenn wir zwei, drei Spiele verlieren, wird die Trainerfrage gestellt. Deswegen ist es besonders schwierig, beim FC Bayern zu trainieren."

Ex-Nationalspieler Helmer: "Mediale Kritik muss einfach sein"

Also sind wir Medien schuld? Oder mal ganz anders gefragt: Wie sehr brauchen die Vereine die Medien überhaupt noch? Ex-Bayern Spieler und Sportjournalist Thomas Helmer sagt im Interview mit BR24Medien: "Ich glaube, diese Kritik von außen, also diese mediale Kritik unsererseits oder von Journalisten, die muss einfach sein. Ich glaube, es befruchtet auch. Es hilft auch, es gehört einfach dazu." Aber natürlich sei die Macht der Vereine viel größer als die der meisten Medien, so Helmer. Da bleibe den Sportjournalisten auch manchmal nichts anderes übrig, als von den Vereinen abzuschreiben oder die Informationen zu übernehmen.

Für die Fans werde es immer schwieriger zu differenzieren, sagt Michael Schaffrath, Professor für Medien und Kommunikation, Technische Universität München: "Club-TV, Social-Media-Kanäle der Vereine sind Public-Relations-Veranstaltungen, die sorgen dafür, dass schöngefärbte Informationen an die Öffentlichkeit und die Fußballfans gelangen. Aber das ist interessengeleitete Information, das hat mit Journalismus nichts zu tun. Die Problematik entsteht da, dass die Fans nicht mehr differenzieren können, ob es sich um eine Information handelt, die der Verein herausgibt, um ein positives Image für sich und seine Spieler zu kreieren oder ob es eine Information ist, die von einem klassischen Medium herausgegeben wird und entsprechend auch neutral und distanziert ist."

Experte: Frustration auf beiden Seiten groß

Das Geschäft habe sich verändert, so Schaffrath. Früher hätten Trainer und Spieler nur mit drei Journalisten reden müssen. Heute sei es eine unüberschaubare Zahl von Menschen. Die Masse sei größer geworden, die Klasse geringer.

Die Lust der Spieler und Trainer sei deutlich geringer geworden: "Und dadurch, dass Trainer und auch Spieler eigene Social-Media-Kanäle bedienen, sagen sie natürlich, warum soll ich mich überhaupt noch mit vermeintlichen Journalisten unterhalten. Ich kann doch das, was ich an mein Zielpublikum transportieren will, über meine Kanäle transportieren." Der Anspruch sei größer geworden, aber die Lust, den Anspruch zu erfüllen, geringer. Das sorge für Frustration auf beiden Seiten, so Schaffrath.

Medien müssen ihrem Auftrag gerecht werden

Für Oliver Fritsch, der für "Die Zeit" über Sport und Fußball schreibt, geht es nicht so sehr um die Frage, ob die Vereine die Medien brauchen oder umgekehrt. Er sagt: "Unsere Hörerinnen, unsere Leser, die brauchen uns. Und denen müssen wir gerecht werden. Ich muss niemandem aus dem Fußball dienen. Die brauchen mich nicht, ich brauche die vielleicht auch nicht." Das zahlende Publikum erwarte kritische Berichterstattung.

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