Julian Assange bei seiner Ankunft in Canberra
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Julian Assange bei seiner Ankunft in Canberra

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Julian Assange als freier Mann zurück in Australien

Nach zwölf Jahren Botschaftsasyl und Gefängnis ist Wikileaks-Gründer Julian Assange zurück in seiner Heimat Australien. Er landete mit einem Privatjet in Canberra. Eine Vereinbarung mit der US-Justiz hatte zuvor Assanges Freilassung möglich gemacht.

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Wikileaks-Gründer Julian Assange ist nach zwölf Jahren juristischer Odyssee in seine australische Heimat zurückgekehrt. Eine Chartermaschine vom Typ Bombardier mit dem 52-Jährigen an Bord landete in der Hauptstadt Canberra.

Umarmungen und Willkommens-Rufe am Airport

Nach der Landung gab es für Assange zunächst ein emotionales Wiedersehen mit seiner Familie. Auf Videos in sozialen Netzwerken war zu sehen, wie der 52-Jährige kurz nach dem Verlassen der Maschine seine Ehefrau Stella in den Arm nahm - zum ersten Mal in Freiheit. Gleich darauf konnte Assange auch seinen Vater John Shipton umarmen.

Zahlreiche Augenzeugen jubelten, als Assange die Chartermaschine verließ. Es waren "Willkommen zu Hause"-Rufe zu hören. Der Australier winkte den Menschen zu und reckte mehrmals eine Siegerfaust in den Himmel.

"Er braucht Zeit. Er muss sich erholen" - Assange schweigt zunächst

Nach der Landung gab Wikileaks eine Pressekonferenz, bei der Julian Assange anders als erwartet selbst nicht erschien. Selbst wolle sich Assange noch nicht öffentlich äußern, machte seine Frau Stella deutlich. "Julian wollte, dass ich mich bei allen aufrichtig bedanke. Er wollte hier sein, aber man muss verstehen, was er durchgemacht hat. Er braucht Zeit. Er muss sich erholen", sagte sie. 

An die Presse gerichtet fügte sie hinzu: "Ich bitte Sie, geben Sie uns Raum, geben Sie uns Privatsphäre, damit wir unseren Platz finden, lassen Sie unsere Familie eine Familie sein, bevor er zu einem Zeitpunkt seiner Wahl wieder sprechen kann."

Über die australische Menschenrechtsanwältin Jennifer Robinson dankte Assange insbesondere dem australischen Regierungschef Anthony Albanese dafür, ihm das "Leben gerettet" zu haben. Gleich nach seiner Landung habe der Wikileaks-Gründer mit dem australischen Regierungschef telefoniert, so Robinson.

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Julian Assange umarmte nach der Ankunft seine Frau Stella

Assange wurde auf Saipan zum "freien Mann"

Assange war zuvor mit der Maschine von London über Bangkok auf die Marianen-Insel Saipan geflogen, ein US-Außengebiet im Westpazifik. Dort segnete ein Gericht die Vereinbarung mit der US-Justiz ab. Mit dem Urteil "scheint es, dass Sie diesen Gerichtssaal als freier Mann verlassen können", sagte Richterin Ramona V. Manglona zum Abschluss des Termins. Assanges britische und australische Anwältin, Jennifer Robinson, sprach von einem "historischen Tag".

Zuvor hatte Assange sich im Rahmen des Deals mit der US-Justiz in einem Fall der Verschwörung zur Beschaffung und Weitergabe von Informationen zur nationalen Verteidigung schuldig bekannt. Laut Medienberichten legte der 52-Jährige vor einem Gericht auf den Marianen-Inseln, einem US-amerikanischen Außengebiet im Westpazifik, am Mittwoch (Ortszeit) ein Teilgeständnis ab.

Ein Held - oder ein Sicherheitsrisiko?

Assange war am Montag aus dem Gefängnis in Großbritannien entlassen worden - dort saß der Australier seit 2019 ein. Assange wurde in den USA beschuldigt, ab 2010 rund 700.000 vertrauliche Dokumente über militärische und diplomatische Aktivitäten der USA veröffentlicht zu haben. Die Papiere enthielten brisante Informationen über die Kriege im Irak und in Afghanistan, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen durch US-Militärangehörige. Für seine Anhänger ist Assange ein Held, der für die freie Meinungsäußerung eintritt. Seine Kritiker sehen in dem 52-Jährigen eine Gefahr für die Sicherheit der USA.

"Wir sind der festen Überzeugung, dass Herr Assange niemals nach dem Spionagegesetz hätte angeklagt werden dürfen und eine Tätigkeit ausübte, die Journalisten jeden Tag ausüben", erklärte sein US-Anwalt Barry Pollack gegenüber Reportern dazu auf dem Marianen. Die Arbeit von Wikileaks werde fortgesetzt, sagte er.

Assange glaubte an die Pressefreiheit

Der US-Rundfunksender NPR zitierte Assange mit der Aussage, als Journalist habe er seine Quelle angeregt, ihm "Informationen zu liefern, die angeblich geheim waren, um diese Informationen zu veröffentlichen". Er sei überzeugt gewesen, dass das von der in den USA geltenden Pressefreiheit geschützt sei, aber er akzeptiere, dass es schwierig wäre, einen solchen Prozess zu gewinnen.

Der Präzedenzfall könne jedoch einen Weg dafür bereiten, dass Journalisten vor Gericht gestellt werden, wenn sie Geheimmaterial von Whistleblowern erhalten, warnte die Geschäftsführerin des US-Verbandes Committee to Protect Journalists, Jodie Ginsberg.

Britische Regierung hatte Auslieferung an die USA 2022 zugestimmt

Assange war zwölf Jahre lang eingesperrt. Sieben Jahre lang fand er Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London, weitere fünf Jahre verbrachte er im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh.

Die Einigung erfolgte zwei Wochen vor einer wichtigen Anhörung vor der britischen Justiz ab dem 9. Juli. Bei dem Berufungsverfahren sollte es um die Auslieferung von Assange an die USA gehen. Nach einer Gerichtsentscheidung hatte die britische Regierung im Juni 2022 Assanges Auslieferung zugestimmt, der Wikileaks-Gründer kämpfte dagegen. Ihm hatten bis zu 175 Jahre Haft gedroht.

Assange gesundheitlich angegriffen

Assanges Bruder Gabriel Shipton sagte im US-Rundfunkprogramm Democracy Now, Julian Assanges physischer und psychischer Zustand sei wegen der Haft angegriffen. Ehefrau Stella Assange gab auf einem Video die Einrichtung eines Fonds für die Genesung ihres Mannes bekannt.

Mit Material von dpa, AFP und epd

Im Audio: Julian Assange ist wieder ein "freier Mann"

26.06.2024, USA, Saipan: WikiLeaks-Gründer Julian Assange verlässt das Bundesgericht in Saipan.
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US-Richterin: Assange ist "freier Mann"

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