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Schauspielerin Senta Berger wird 80

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Senta Berger wird 80: "Ich muss Endlichkeit erst lernen"

Senta Berger wird 80: "Ich muss Endlichkeit erst lernen"

Senta Berger ist eine der ganz Großen der deutschen Film- und Fernsehgeschichte. Im Interview erzählt sie von ihrer Kindheit in Wien, den dunklen Seiten Hollywoods und welche Rolle sie besonders begeisterte.

Geboren wurde Senta Berger am 13. Mai 1941 in Wien. Sie wächst in spärlichen Verhältnissen auf und doch avanciert die "Sophia Loren aus dem Gemeindebau" in kürzester Zeit zu einem Superstar. Nach sehr erfolgreichen Heimatfilmen in Österreich wagt sie Anfang der Sechziger den Sprung nach Hollywood. Später gründet sie mit ihrem Mann, Michael Verhoeven, eine Produktionsfirma und reüssiert neben dem Film als Theater- und Fernsehdarstellerin. Vor allem mit Rollen wie der Mona in der Fernsehserie "Kir Royal", der "Schnellen Gerdi" oder der Ermittlerin Dr. Eva Maria Prohacek prägt sie im deutschen Fernsehen einen neuen Typus von Frauenfiguren: witzig-kokett, zugleich aber resilient und brüchig. "Ich glaube schon, dass ich ein Glückskind bin", sagt Senta Berger heute. "Ich glaube aber auch, dass ich gelernt habe, die richtigen Entscheidungen im richtigen Moment zu treffen."

Angelika Kellhammer: Frau Berger, wenn Sie zurückdenken an die Wiener Zeit, also an Ihre Kindheit: Ist das eine gute Erinnerung oder eine ganz schlechte?

Senta Berger: Nein, das ist eine sehr schöne Erinnerung. Ich bin in kleinst-kleinst-bürgerlichen Kreisen aufgewachsen. An der Grenze zum Kellerkind, kleine Wohnung etc. Aber es war wunderschön. Ich hab mit Jungens herumgetollt, solange, bis es verboten war, weil ich dann 15 wurde. Aber ich glaube, dass diese Jugend mir sehr geholfen hat, die richtigen Maßstäbe zu setzen.

Ihr Vater war ja selbst ein Künstler. Allerdings konnte er seinen Beruf als Komponist und Musiker nicht ausleben ...

Erst sehr viel später habe ich verstanden, dass er sein Leben versäumt hat. Und dass er ganz bewusst nicht wollte, dass ich diesen Fehler wiederhole. Darum hat er mich so sehr unterstützt: Tanzunterricht, Ballett, Klavierunterricht. Kaum habe ich irgendeine dumme Zeichnung in der Schule gemacht, schon war ich angemeldet in der Akademie für darstellende Kunst zum Kinderzeichnenkurs. Er hat mir wirklich alles ermöglicht. Und ich hab eine tiefe Verbundenheit zu ihm gefühlt. Wenn er am Klavier saß und spielte, und ich daneben und sang. Wir waren ein gutes Paar, lange, lange Zeit.

Wie kam es zu Ihrer ersten Filmrolle?

Der Drehort war mein Gymnasium in Hietzing. Und am Schwarzen Brett stand: "Wer möchte als Komparse mitlaufen mit Isa und Jutta Günther, die Treppe runter und bei dem Schultor hinausstürmen?" Ich natürlich, selbstverständlich. Also hab ich mich dann da angemeldet. Und da war es das erste Mal, dass ich etwas von dieser Atmosphäre bei Filmaufnahmen gespürt habe. Dieses Miteinander. Etwas Aufregendes, Flirrendes hab ich da gespürt. Dann immer wieder die Rufe des Regisseurs: "Und nochmal! Und mit guter Laune." Das fand ich ganz toll.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihr erstes Vorsprechen bei der Aufnahmeprüfung am Max-Reinhardt-Seminar?

Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, man sieht mich von Kopf bis Fuß. Während dieser Minuten des Vorsprechens wurde ich mir zum ersten Mal meines Körpers bewusst. "Was haben Sie denn, Fräulein Berger? Können Sie singen?" – Und mir fiel absolut nichts ein. Das ist ja das Verrückte: Das Lampenfieber macht dich stumm. Mir fiel absolut nichts ein. Ich konnte ja damals eigentlich alles singen: Operette, Chansons, alles. Ella Fitzgerald habe ich imitiert. Aber ich habe gesungen die Salomé Pockerl von Nestroy "Titus Feuerfuchs": Da fiel mir aber auch nur die erste Zeile und die hab ich dann immer wiederholt: "Ja, die Männer hams guat, hams guat, hams guat. Ja, die Männer hams guat, hams guat, hams guat." Bis dann jemand Einsehen hatte und sagte: "Dankeschön, das genügt."

In Ihrer Biografie schreiben Sie, dass es fast schon systemisch war, wie Sie als Schauspielerin am Set sexuell belästigt wurden. O.W. Fischer hat versucht, Sie zu vergewaltigen. Charlton Heston wollte mit Ihnen schlafen, Produzenten hatten sich nicht im Griff...

Sehr oft habe ich gespürt, dass diese körperlichen Angriffe, diese Verführungsangriffe, dass die auch etwas Demütigendes hatten. Und das hab ich einfach nicht zugelassen. Ich habe nicht zugelassen, dass man mich demütigt. Ich habe mich nicht empört. Meine Empörung war mir zu wichtig, als dass ich sie diesem oder jenem Mann hätte zeigen wollen.

Warum sind Sie nicht in Hollywood geblieben?

Es war mir von Anfang an klar, dass ich in diese amerikanischen Filme vielleicht hineinpassen könnte – aber nicht unbedingt. Das war so die Zeit des Umbruchs und ich spürte das sehr stark. Und das hat in mir auch eine gewisse Kritik geweckt. Ich kann mich erinnern, wie ich in Los Angeles über die tollen Filme von Truffaut las, während ich einen mit Dean Martin drehte. Und da hab ich mich gefragt: "Was mache ich hier eigentlich?"

Zudem waren Sie ja bereits mit Michael Verhoeven verheiratet. Der selbst Schauspieler und Filmemacher war und Sohn des großen Schauspielers Paul Verhoeven. War das zwischen Ihnen und Michael eigentlich Liebe auf den ersten Blick?

Als kleines Mädchen hatte ich immer gedacht: "Groß und blond, das ist es." Und dann lernte ich einen relativ zierlichen, sehr gut gebauten – das muss man schon sagen – dunkelhaarigen Mann kennen, mit blitzenden grünen Augen und der war auch noch recht frech. Also überhaupt nicht mein Typ. Aber das Schicksal wollte es eben so, dass wir uns verlieben. Und ich wollt‘s auch.

Eine Ihrer erfolgreichsten Rollen war die der Taxifahrerin Gerdi. Was mögen Sie an der besonders?

Also, ich fand, das war eine ganz neue Frauenfigur, die es bis dahin nicht gegeben hatte im deutschen Fernsehen. Frech, vulgär, selbstbewusst, emanzipiert – zumindest scheinbar emanzipiert. Eine Frau, die sich die Freiheit nimmt, mit einem zwanzig Jahre jüngeren Mann zusammen zu leben. Die einen Beruf hat, die für sich selbst sorgt.

Wie geht es Ihnen mit dem Altwerden? Welches Alter haben Sie innerlich?

Jung, neugierig – so wie ich mit 30 war, das kann ich oft noch sein – innerlich. Natürlich ist alles ein bisschen bedeckter, ein bisschen gedämpfter, was mich ärgert. Ich möchte gar nicht so sein. Ich möchte einfach noch so spontan und stark sein können. Aber dazu weiß ich wiederrum zu viel.

Aber ich bin eine sehr gute Verdrängerin. Ich lebe so, dass ich glaube, ich werde unendlich leben. – Fehler! Aber das Erbe meiner Mutter. Die hat sich wie ein Kind auf den nächsten Tag gefreut. Ich muss Endlichkeit erst lernen.

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