Pressemitteilung vom 06.04.2021: Eichmann-Komplize und 10.000-facher Schreibtischmörder diente ab 1955 dem BND NS-Vergangenheit des ehemaligen SS-Generals war dem Geheimdienst bekannt
Das ARD-Politmagazin report München hat hunderte Seiten nie veröffentlichter Dokumente aus dem Archiv des Bundesnachrichtendienstes (BND) ausgewertet. Diese zeigen, wie der ehemalige Münchner SS-General Franz Josef Huber dem BND beziehungsweise dessen Vorläuferorganisation von 1955 bis zu seiner Pensionierung 1967 als Mitarbeiter zu Diensten war. Huber war kurz nach dem sogenannten Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland Gestapo-Chef in Wien und als solcher für den Tod von zehntausenden Menschen verantwortlich.
Als Leiter der sogenannten „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“, die von Eichmann aufgebaut worden war, "war Huber", so die Erkenntnis des österreichischen Historikers Thomas Mang gegenüber report München, "direkt verantwortlich für die Massendeportation der jüdischen Bevölkerung Wiens." Nach 1945 wurde der Komplize von Adolf Eichmann, einem der Architekten des Holocaust, in Österreich als Kriegsverbrecher gesucht.
Die von report München ausgewerteten Dokumente belegen zudem: Der Bundesnachrichtendienst beziehungsweise dessen Vorgängerorganisation warb Huber im Dezember 1955 an, obwohl der Behörde die NS-Vergangenheit Hubers in allen Einzelheiten bekannt war. So stellen verschiedene interne Berichte des BND, darunter auch ein Schreiben vom 13. Januar 1964, fest, Huber war "insbesondere verantwortlich für die Unrechtsmaßnahmen, die im Bereich seiner Dienststellen […] aus rassischen oder anderen Gründen […] getroffen wurden." Trotz seiner NS-Belastung wurde Huber nicht entlassen. Der BND schickte ihn lediglich Anfang der 60er-Jahre in den bezahlten Dauerurlaub.
Auf Anfrage sagte der Chefhistoriker des BND, Bodo Hechelhammer, gegenüber report München: "Der Hintergrund ist natürlich, dass man zu dieser Zeit des aufkommenden Kalten Kriegs, natürlich vor allem stramme Antikommunisten gesucht hat und die hat man leider allzu oft auch in früheren Nationalsozialisten gesucht und gefunden." Franz Josef Huber war ein enger persönlicher Freund des obersten Gestapo-Chefs Nazi-Deutschlands, Heinrich Müller, gewesen. Der Reichsführer SS, Heinrich Himmler und der Leiter des Reichssicherheitshauptamts, Reinhard Heydrich, hatten ihn protegiert. Dennoch konnte Huber jahrelang unbehelligt in seiner Heimatstadt München leben, wo er 1975 starb.
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ARD-Politikmagazin "report München".