Report München


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Der Turbo-Wahlkampf Schafft Scholz die Wende?

Olaf Scholz gibt sich zuversichtlich, erneut Kanzler zu werden. Aber seine Beliebtheitswerte sind auf einem historischen Tief. Schafft er es tatsächlich noch einmal, einen deutlichen Rückstand aufzuholen, wie vor der letzten Bundestagswahl? Der Blick in die Historie zeigt: Es wäre nicht das erste überraschende Comeback der SPD.

Von: Nadja Armbrust, Lisa Wreschniok

Stand: 03.12.2024

Der Turbo-Wahlkampf: Schafft Scholz die Wende?

Kleinmachnow in Brandenburg. Gleich soll er kommen. Olaf Scholz. Im Januar wird hier der Bürgermeister gewählt. Im Landtagswahlkampf war Scholz in Brandenburg bei der SPD nicht willkommen. Und heute?

Wahlkampf in Brandenburg

report München: "Ist Herr Scholz für Sie eine Hilfe im Wahlkampf oder eine Belastung"

Markus Schmidt: "Für mich ist er eine Hilfe und da stehe ich auch dazu. Ich stehe zur SPD und ich stehe zu Olaf Scholz als Kanzlerkandidat."

Dann ist er da. Olaf Scholz in seinem Wahlkreis beim Bürgerdialog. Wirklich voll ist es nicht.

Olaf Scholz, Bundeskanzler, SPD: "Wollt ihr noch ein Foto machen?"

Immerhin draußen, ein paar junge Fans.

Jugendlicher: "Ich versuche meine Eltern zu überreden, die SPD zu wählen."

Olaf Scholz, Bundeskanzler, SPD: "Sehr gut!"

Hat Scholz noch eine Chance?

Wenige Stunden zuvor. Berlin. Wahlkampfauftakt. Die SPD nennt es "Wahlsiegkonferenz". Die erste Wahlkampfrede des Spitzenkandidaten.

"Manche haben uns ja schon abgeschrieben. Dieselben Leute hatten uns auch 2021 schon abgeschrieben. Hört nicht auf sie! Sie haben sich damals geirrt, sie irren sich auch diesmal. Ihr wisst wie Wahlkampf geht, ich weiß, wie Wahlkampf geht, da werden sich also einige noch ganz schön wundern."

Olaf Scholz, Bundeskanzler, SPD

Nur noch knapp drei Monate bis zur Wahl. Für die SPD gilt es jetzt, aufzuholen. Beim letzten Mal hat Scholz die Aufholjagd geschafft: 2021.Und das, obwohl gut drei Monate vor der Bundestagswahl der Sieg der Union schon klar schien. Die liegt bei 28 Prozent, die SPD bei 14. Der Abstand - fast so groß wie heute. Doch dann legt die SPD massiv zu.

Ein großer Wendepunkt: Hochwasser im Ahrtal. Unionskandidat Laschet feixt im Hintergrund, während der Bundespräsident über die Opfer spricht. Am Ende gewinnt die SPD die Wahl mit 25,7 Prozent. Kann sich das jetzt noch einmal wiederholen?

"Ob das jetzt wieder gelingt, hängt natürlich auch stark davon ab, ob die politische Konkurrenz und da ist, denke ich insbesondere Friedrich Merz damit gemeint. Ob diesmal auch wieder Fehler passieren, die dann am Ende der SPD nutzen können. Wenn das nicht passiert, dann wird es, denke ich, sehr schwierig."

Roland Abold, Infratest dimap

Mitte November liegt Friedrich Merz als Kanzlerkandidat klar vor Olaf Scholz. Ganz vorne einer, der nicht Kanzlerkandidat wurde: Boris Pistorius. Trotzdem schicken die Genossen nochmal Scholz ins Rennen.

"Also Olaf Scholz ist der unpopulärste Amtsinhaber, den wir jetzt seit Beginn unserer Zeitreihe 1997 dort gemessen haben."

Roland Abold, Infratest dimap

Womit könnte Scholz bei den Wählerinnen und Wählern punkten?

"Wenn Olaf Scholz Kanzler wird, dann bekommt man einen Kanzler, der die Leute nicht überfordert, der die Dinge langsam, bedacht angeht, und so ein bisschen ein weiter so, aber vor allen Dingen mit Blick auf sozialpolitische Themen. Was vielleicht dem einen oder der anderen auch ein wohligeres Gefühl gibt. Das ist einfach angenehmer, wenn man weiß, es gibt keine großen Umbrüche."

Jasmin Riedl, Politikwissenschaftlerin

Ende November. Unterwegs nach Schweinfurt, zum Bezirksparteitag der SPD. Bernd Rützel sitzt als einer von drei unterfränkischen Abgeordneten für die SPD im Bundestag.

"Wir haben ja nicht mit einer vorgezogenen Wahl gerechnet, aber umso besser ist ja jetzt der Zeitpunkt. Es ist einfach genial, es ist spannend. Wir sind aktiv und wir holen auf, wir haben die guten Themen."

Bernd Rützel, SPD, Bundestagsabgeordneter

Fünf Bewerber schicken sie ins Rennen - nach den aktuellen Umfragen werden es die meisten von ihnen nicht in den Bundestag schaffen. Trotzdem zeigen sich hier alle tapfer optimistisch.

Ganz anders am gleichen Tag in Halle. Juso-Bundeskongress. Olaf Scholz braucht die Unterstützung der Parteijugend im Wahlkampf. Aber:

Umfrage auf dem Juso-Bundeskongress

Nele: "Er ist uns in einigen Aspekten, zumindest kann ich das von mir aus sagen, etwas zu rechts, also, wir würden uns eher einen progressiveren Kandidaten wünschen."

David: "Wenn er mal wieder schafft zu zeigen, warum er Sozialdemokrat ist und warum wir alle Sozialdemokratinnen sind, dann kann man, dann kann man gut kämpfen."

Marco: "Wir werden diesen Wahlkampf nur bestreiten können mit einer engagierten SPD und Juso-Basis."

Arbeitsminister Hubertus Heil versucht, die Jusos für den Wahlkampf zu motivieren.

"Und deshalb ist meine Bitte, auch wenn einige die Faust in der Tasche haben: nehmt eure Kraft und lasst uns unsere Kraft nehmen. Es geht um verdammt viel! Scheißt darauf, dass es kalt ist. Für die anderen ist es auch kalt."

Hubertus Heil, SPD, Arbeitsminister

Was muss passieren, damit die SPD wieder Kanzlerpartei wird?

Die Erfahrung zeigt: Auf den letzten Metern ist viel möglich: 2002, Schröder gegen Stoiber. Gut drei Monate vor der Bundestagswahl liegt die Union bei 39 Prozent, die SPD bei 35. Doch dann geht die SPD auf den letzten Metern in Führung. Ein Grund: Mitte August - auch damals ein Hochwasser. Kanzlerkandidat Schröder ist sofort zur Stelle.

"Dieser Auftritt hat sicher nicht ganz alleine jetzt die Wahl entschieden, sondern hat mehr einen ganz generellen oder einen Trend, der schon vorhanden war, noch mal weiter verstärkt. Nämlich, dass eben Gerhard Schröder einer ist, der im Zweifelsfall die Ärmel hochkrempelt und Dinge anpackt und und Probleme löst."

Roland Abold, Infratest dimap

Am Ende gewinnt er die Wahl extrem knapp mit 38,5 Prozent. Und diesmal?

Umfrage: Sollte Olaf Scholz wieder Bundeskanzler werden?

"Finde ich gut, ja."

"Auf keinen Fall. Also ich weiß gar nicht, wie er auf die Idee kommt überhaupt nochmal zu sagen er wird Kanzler und tritt als Kandidat an. Also ich finde es eine Katastrophe."

"Er hätte sich eigentlich beweisen können in den letzten Jahren. Und meiner Meinung nach hätte er es vielleicht besser machen können."

Was muss denn passieren, dass die SPD wieder Kanzlerpartei wird?

"Also man könnte sagen: Ein Wunder, wenn man es ein bisschen religiös formulieren möchte. Oder wenn man es nüchtern formulieren möchte, ein besonderes, herausragendes Ereignis, dass die Dinge noch mal dreht."

Jasmin Riedl, Politikwissenschaftlerin

Auf jeden Fall dürfte es eng werden für die SPD und Olaf Scholz.


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