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Bedrohte Traumküste Kroatien und der Luxustourismus

Kroatien mit seinen Stränden und vielen Buchten wird bei Yachtbesitzern immer beliebter. Umweltschützer warnen vor den Folgen dieses Ansturms: Denn immer wieder wird das Abwasser der Schiffe, das sogenannte Schwarzwasser, einfach ins Meer abgelassen.

Von: Susanne Fiedler, Steffi Illinger

Stand: 13.08.2024

Bedrohte Traumküste: Kroatien und der Luxustourismus

Einfahrt in den Hafen der Weltkulturerbe-Stadt Trogir. Hier ist das Anlegen nur mit Sondergenehmigung erlaubt.

Detlef Hagel vermietet Motoryachten: Seinen Kunden will er etwas ganz Besonderes anbieten: Frische Austern direkt an Bord. Für ein Gastromagazin groß in Szene gesetzt:

"Wir haben immer mehr Gäste, die Jahrzehnte an der Cote d'Azur, Mallorca und in diesem ganzen Bereich Ibiza waren, die jetzt immer mehr nach Kroatien kommen. So im einzelnen Detail haben wir auch viel Lifestyle, haben wir Beachclubs, wo nur die in Anführungsstrichen Versnobten hingehen, wo man auch gerne mal an einem Abend 11.000 € ausgibt für ein paar Glas Champagner. Also es gibt hier schon alles."

Detlef Hagel, Yachtcharterer, MY Seatime

An der kroatischen Küste sind derzeit über 19.000 Boote unterwegs. Die Charterfirmen nehmen schätzungsweise rund 850 Millionen Euro ein. Jährlich.

In der Marina Baotic bei Trogir ist alles auf Wachstum angelegt. Inhaber Zeljko Baotic hat hier vor rund 20 Jahren mit dem Verchartern von kleinen Booten angefangen. Inzwischen bedient er auch Kunden mit Luxusansprüchen.

"Wir reden hier von knapp über fünf Millionen € für das Boot. Das hinten sind ältere Boote. Da reden wir über vielleicht 500 bis eine Million. Dann haben wir hier auf der Seite, wenn Sie sehen, das ist auch ein Boot um ne' Million. Da hinten, das Boot ist so um die drei Millionen."

Zeljko Baotic, Betreiber, Marina Baotic

Wohin mit Müll und Abwasser?

Aber die vielen Boote gefährden die herrliche Natur. Auch in der Marina Baotic ist heute einiges los: Jeden Freitag ist hier "Bootswechsel". Auftanken und - den Müll entsorgen. Die Urlauber bringen jede Menge davon mit.

"In jeder Stadt, in der wir angelegt haben, haben wir den fachgerecht entsorgt."

Tourist

Und die Fäkalien, das sogenannte Schwarzwasser - wohin damit?

"…Das fressen die Fische!"

Tourist

Ganz so einfach ist es nicht….

Die Marina von Zeljko Baotic gehört mittlerweile zu den modernsten und teuersten an der kroatischen Küste. Bis zu 500 Boote können hier anlegen. Dafür braucht es viel Logistik - vor allem der Plastikmüll ist eine Herausforderung. Die Recyclingstation der Marina läuft zwar auf vollen Touren. Doch offenbar landet nicht alles hier.

Split - In der Weltkulturerbestadt arbeitet die Biologin Matea Spika. Sie ist für die Umweltschutzorganisation Sunce tätig und fordert schon seit langem, die Schattenseiten des nautischen Tourismus konsequenter in den Blick zu nehmen:

"Die Rechtsgrundlage ist klar in Kroatien, es ist nicht erlaubt, Schwarzwasser im Meer zu entsorgen. Aber wir sehen in der Praxis, dass genau das getan wird. Im Sommer erreichen uns unzählige Beschwerden - denn die Öffentlichkeit reagiert sehr sensibel auf Meerverschmutzung, die von den Booten verursacht wird."

Matea Spika, Sunce, NGO

Auch der zunehmende Plastikabfall ist für die Biologin ein großes Thema: In der Hauptsaison sammelt sich viel Müll an den Stränden - die Umweltorganisation Sunce organisiert regelmäßig Sammelaktionen.

"Besonders an den Stränden und in den Buchten sammeln wir viel, viel Müll ein. Es dauert drei Monate und dann müssen wir wieder mit dem Einsammeln anfangen."

Matea Spika, Sunce, NGO

Zurück in der Marina bei Trogir. Nicht nur die vielen Plastikflaschen und Verpackungsmüll sind ein Problem.

"Ja, hier ist die Fäkalienstation, hier haben wir unsere Absauganlage, die wir den Charterern anbieten, der Kunde ruft an, bzw. bestellt es vorher, wir bringen das mit dem Gabelstapler dorthin, das wird alles abgesaugt, was er auf seinem Boot hat, wir pumpen es dann weg, und das ist wie zuhause dann weggespült."

Zeljko Baotic, Betreiber, Marina Baotic

Das gesamte Abwasser könnte also in der Kläranlage landen. Könnte! Doch die Absauganlage kommt an diesem Wochenende nicht zum Einsatz. Die Touristen haben ihre Toiletten offenbar bereits auf hoher See geleert. Einfach Ventile auf und weg ist es?

Die Entsorgung von sogenanntem Schwarzwasser im Meer ist europaweit verboten - seit 2020 auch in Kroatien. Dennoch gibt es Probleme. Woran liegt das, wollen wir vom kroatischen Jachthafen-Verband wissen.

"Ich denke, man muss zukünftig das Bewusstsein weiterentwickeln, dass es notwendig ist, etwas für die Umwelt zu tun. Strafen mögen vielleicht helfen. Aber wissen Sie, es sind so viele auf dem Meer - und man müsste dafür genug Aufsicht und Polizei haben. Das ist absolut unmöglich."

Sean Lisjak, Präsident, kroatischer Jachthafen-Verband

Gefahr für die Muschelzucht

Die Bucht bei Mali Ston im Süden von Kroatien: Hier leben viele Familien von der Austern- und Muschelzucht. Der Meeresbiologe Vladimir Onofri ist in Rente, schaut aber immer noch regelmäßig auf die Wasserqualität. Abwasser darf nicht in das Naturschutzgebiet gelangen, denn jede Art von Verschmutzungen schadet vor allem den Austern massiv.

"Austern isst man roh und deshalb muss das Wasser sehr, sehr sauber sein. Daher steht diese Bucht unter Naturschutz."

Vladimir Onofri, Meeresbiologe

Nichts fürchten die Familien hier mehr als eine bakterielle Verunreinigung dieses Teils der Adria. Vladimir Onofri unterstützt die Muschel- und Austernzüchter so gut es geht mit Ratschlägen. Neben der Verschmutzung des Wassers gefährdet ein weiteres Problem die Austernzucht: die zunehmende Erwärmung des Meeres.

"Das Meer ist sehr warm im Sommer. Viele Austern sterben deshalb. Wir züchten um die 600 000- 700 000 Austern. Über den ganzen Prozess hinweg bleiben aber nur rund 100 000 Austern übrig. So viele sterben."

Vladimir Onofri, Meeresbiologe

Mali Ston - ein kleines Paradies, das in Zeiten des Klimawandels um die Existenz seiner Austern- und Muschelzucht kämpfen muss. Die Urlauber mit ihren teuren Jachten plagen derweil ganz andere Probleme, erzählt Marina-Chef Baotic

"Beim Tanken hört der Spaß bei den meisten doch ein bisschen auf. Aber die brauchen so zwischen, wenn sie normal fahren, um die 150 Liter pro Stunde."

Zeljko Baotic, Betreiber, Marina Baotic

Spielt bei so einer Kundschaft die CO2-Bilanz überhaupt eine Rolle?

"…Nein, nein, spielt keine Rolle. Die fahren ja auch dicke Autos."

Zeljko Baotic, Betreiber, Marina Baotic

Ein Lifestyle, der auch zur Erwärmung des Mittelmeeres beiträgt - und alles andere als nachhaltig ist.

Gibt es nachhaltige Alternativen?

Wenn es nach Vermieter Detlef Hagel geht, könnten Luxusjachten auch nachhaltig werden. Wie dieser Katamaran, den er befreundeten Geschäftspartnern vorführt: Er ist wie ein schwimmendes Vier-Sterne-Hotel ausgerüstet, wird mit Crew inklusive Koch vermietet. Und: neben der komfortablen Ausstattung ist hier auch in nachhaltige Technik investiert worden.

"Das Dach ist komplett voll mit Solarpaneele, und genauso die Außenflügel sind mit Solarpaneelen bestückt, rechts und links, auch wenn alle Klimaanlagen laufen, wenn alles läuft, brauchen wir keinen Landstrom und keinen Generator."

Detlef Hagel, Yachtcharterer, MY Seatime

Gut für das Gewissen - angesichts der ansonsten eher schlechten Co2-Bilanz?

"Natürlich, wenn der Bootseigner das Boot so ausstattet, dass da auch was passiert in die Richtung, auf jeden Fall."

Geschäftspartnerin

Rund 45.000 Euro kostet eine Woche - dafür gibt es auf diesem Katamaran sogar eine eigene Biokläranlage, die das Abwasser reinigt, bevor es ins Meer fließt.

"…das ist ein Platzproblem oftmals, weil die Anlage auch viel Platz wegnimmt, und es ist eine Kostenfrage noch."

Detlef Hagel, Yachtcharterer, MY Seatime

Eine Kostenfrage. Wer zigtausende Euro für eine Urlaubswoche ausgibt, sollte dafür eigentlich noch Geld übrig haben.

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Kommentieren

Rudi, Mittwoch, 14.August 2024, 01:39 Uhr

4. Passendes Thema zur Seine

In Scheiße baden ist doch toll für die Yachtbesitzer!
Schwarzwasser hört sich irgendwie verniedlichend an. Treffender wäre Braunwasser mit feinsten Ecolis aus eigener Züchtung :-)
Der übliche Fluch und Segen des Tourismus.

Antworten

Silke, Dienstag, 13.August 2024, 22:25 Uhr

3. Schwarzwassertank

Ich würde einfach bereits beim Buchen der Schiffe eine ordentliche Pauschale für die spätere Entleerung des Schwarzwassertanks abrechnen.... Wenn man's eh zahlen muss, kann man's auch gleich korrekt entsorgen.

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Dr. Juergen Thiermann, Dienstag, 13.August 2024, 22:14 Uhr

2. Kroatien und das Schwarzwasser

Sehr aufschlussreicher Bericht in „Report“ vom 13.8.24. Als Segler habe ich mich oft gefragt, ob es bei steigendem Charteraufkommen eine gute Idee ist, sein Schwarzwasser einfach so ins Meer zu entsorgen. Über ein Verbot dieser Entsorgung wurde ich von keinem Vercharterer bisher aufgeklärt. Schön wäre jetzt zu wissen, wieviel so ein offizieller Entsorgungsvorgang im Hafen kostet. Und wieviel der zahlreichen Charterbasen mit einer entsprechenden Anlage ausgerüstet sind. Gibt es genügend davon, könnte man eine pauschale Gebühr jedem Chartervertrag zuschlagen, egal ob der Tank voll oder leer ist (er wird immer während des Törns gefüllt, soviel ist sicher…). Vielleicht gibt es ja Informationen über Charterbasen, die Schwarzwasser-Entsorgung bereitstellen.
Über ein kurze Rückmeldung würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Thiermann

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JL, Dienstag, 13.August 2024, 21:57 Uhr

1. Lösung gibt es schon

Für Segelschiffe und Yachten gibt es schon eine vollbiologisch Lösung: enteron (https://tomlogisch.com/enteron/)

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