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Das große Jucken Die Rückkehr der Bettwanze

Die kleinen blutsaugenden Parasiten galten als ausgerottet. Doch seit einigen Jahren stellen Schädlingsbekämpfer ein verstärktes Auftreten der Bettwanzen fest. Was kann, was wird getan, um die Plagegeister zu bekämpfen?

Von: Sabine Lindlbauer

Stand: 10.09.2024

Das große Jucken: Die Rückkehr der Bettwanze

Gipfelglück am Nebelhorn.  Ein Traumtag in den bayerischen Bergen. Hütten und Aussichtsterrassen sind gut gefüllt. Aber ein Thema macht den Hüttenbetreibern große Sorgen: Bettwanzen! Michael Fracaro vom Deutschen Alpenverein ist unterwegs zu einer Besprechung.

"Das Problem ist größer als die Öffentlichkeit weiß. Also das erste Mal so richtig konfrontiert wurden wir in der Breite glaub ich vor 6-7 Jahren mit dem Thema und seitdem nimmt des ständig an Fahrt auf."

Michael Fracaro, DAV Sektion Allgäu-Immenstadt

Der letzte Befall hier oben am Nebelhorn im Edmund-Probst-Haus fand im vergangenen Jahr statt. Doch es ist Hochsaison und weil gerade eine Nachbarhütte akut betroffen ist, sind alle besonders wachsam.

Zusammen mit Hüttenwirt Matthias Geiger inspiziert Michael Fracaro die Zimmer und bespricht weitere Vorsichtsmaßnahmen. Spuren vom letztjährigen Befall sind hier noch erkennbar.

"Das war des Zimmer wo befallen war damals. Der Hund hat zwei Tiere gefunden. Tatsächlich in so einem Loch. Und die Klebestreifen sind jetzt dazu da, dass man einfach die Rückzugsmöglichkeiten von den Tieren begrenzt."

Matthias Geiger, Hüttenwirt

Bettwanzen entwickelten Resistenzen

Die apfelkerngroßen Bettwanzen sind wahre Versteckkünstler. Im letzten Jahrhundert wurden sie mit inzwischen verbotenen Insektiziden wie DDT in Zentraleuropa fast ausgerottet. Gegen viele Nachfolgeprodukte entwickelten sie Resistenzen. Jetzt sind die Blutsauger zurück.

Sehr zum Ärger der Übernachtungsbetriebe, die inzwischen Extrabudgets für die Bekämpfung einplanen müssen.

"Die Kosten sind erschreckend hoch. Wenn ein Zimmer befallen ist zwischen 6000 und 8000 Euro - je nachdem wieviel Aufwand des tatsächlich ist. Und dementsprechend potenziert es sich, wenn mehr Zimmer befallen sind."

Michael Fracaro, DAV Sektion Allgäu-Immenstadt

Auch im Tal unten häufen sich allem Anschein nach die Fälle. Darüber sprechen wollen nur die wenigsten.Von einer deutlichen Zunahme berichtet Schädlingsbekämpfer Christoph Otto. Heute ist er unterwegs zu einem Jugendgästehaus. Er fährt einen Wagen ohne Firmenaufschrift. Die meisten Kunden mögen es anonym.

Gästehausbetreiber Mark Rochlus geht offen mit dem Problem um. Bettwanzen haben schließlich nichts mit mangelnder Hygiene zu tun. Sie werden meist von außen eingeschleppt. Nachdem zwei seiner Gäste gestochen wurden, war Mark Rochlus sofort alarmiert:

"Die haben halt beide Stiche gehabt, die - so wie man das rausfinden kann - eben bettwanzenähnlich sind. Ich bin dann sofort hoch und hab gesagt: ‚Hey, wir wissen nicht, was mit dem Zimmer gerade ist, aus dem Zimmer müssen wir auf jeden Fall raus.'"

Mark Rochlus Gästehausbetreiber

"Hier ist eine an der Wand zerdrückt worden. Kann man am Körperbau erkennen, dass es sich um ne Bettwanze handelt."

Christoph Otto, Schädlingsbekämpfer

Bekämpfung kann teuer werden

Christoph Otto braucht jetzt Starkstrom. Mit einer Thermobehandlung - also mit Hitze - will er die Blutsauger bekämpfen. Dafür muss der Raum hermetisch abgedichtet werden. Dann kommt eine Wärmegerät zum Einsatz. Bettwanzen sterben bei Temperaturen über 45 Grad.

"Der fängt jetzt an den Raum zu heizen, bis er die 55 Grad Solltemperatur erreicht hat, 24 Stunden. Und dann hat man in der Wand 5 Zentimeter tief ist dann die tödliche Temperatur von über 45 Grad erreicht."

Christoph Otto, Schädlingsbekämpfer

Rund 1000 Euro pro Zimmer kostet die Aktion. Eine Thermobehandlung gilt als besonders sicher. In den verwinkelten Berghütten ist die Thermobehandlung nicht praktikabel.

Als einer der wenigen großen Beherbergungsbetriebe geht der Alpenverein sehr offen mit dem Thema Bettwanze um.

"Wir wissen nicht von allen Hütten. Ich würde sagen, dass irgendwo zwischen 10 und 15 % unserer Hütten mit Bettwanzenbefallen zu kämpfen haben. Tendenz eher steigend."

Robert Kolbitsch, DAV Bundesverband

Als die Bettwanze vor einigen Jahren zum ersten Mal richtig stark auftrat, versuchte der Alpenverein die blutsaugenden Parasiten erst einmal im ganz großen Stil zu bekämpfen.

"Ich hab hier ein Bild von einer Hütte, die wurde damals komplett mit Folie verhüllt und dann begast. Diese Maßnahme ist notwendig, wenn ich das Thema Bettwanzen einfach negiere auf einer Hütte, weil sie sich dann vermehren können, unbegrenzt und dann gibt's keine andere Möglichkeit mehr. Kostenpunkt damals: Zwischen 50.000 und 70.000 Euro. Unglaublich viel!"

Robert Kolbitsch, DAV Bundesverband

Solche aufwändigen Behandlungen sind heute Vergangenheit. Inzwischen setzt man hier auf Prävention und Früherkennung. Zum Beispiel mit ausgebildeten Wanzenspürhunden. Die feine Hundenase kann Bettwanzen riechen. Die Erfolgsquote soll bei über 90 % liegen. Mit verschiedenen Maßnahmen versucht man gegenzusteuern.

"Wenn wir was hören von Nachbarhütten oder so, dass die befallen sind, dann raten wir auch den Leuten - wir haben ja unten den Trockenraum - das Gepäck dort zu lassen und wirklich nur den Hüttenschlafsack mit hochzunehmen. Der kommt dann kurz in die Mikrowelle damit eigentlich ausgeschlossen ist, dass man irgendwas einschleppt."

Matthias Geiger Hüttenwirt

Bettwanzenstiche können sehr unangenehm sein. Diese Erfahrung hat Sebastian Magin vom Alpenverein im letzten Jahr gemacht. Er musste einen Arzt aufsuchen.

"Also es waren schon Stiche, die auch genässt haben und dann wirklich dick geworden sind. - Also es war wirklich - es waren schlaflose Nächte, weil ich nicht mehr ruhig liegen konnte."

Sebastian Magin DAV Bundesverband

Das zuständige Umweltbundesamt teilt uns mit: es werde weltweit von einer Zunahme berichtet. Und Zitat: "auch Schädlingsbekämpfer in Deutschland berichten von einer Zunahme der Behandlungen." (Quelle Umweltbundesamt 2024)

Keine Meldepflicht

Bettwanzen übertragen keine Krankheiten und haben nichts mit mangelnder Hygiene zu tun. Deshalb gelten sie nicht als Schädlinge und unterliegen keiner Meldepflicht. Der bayerische Hotel- und Gaststättenverband begrüßt das:

"Eine Meldepflicht sehe ich hier eigentlich nicht - Weil ich auch keinerlei Mehrwert sehe, wo man jetzt irgendwas hinmelden soll, was das dann in zweiter Linie für Vorteile hätte."

Geppert Landesgeschäftsführer DEHOGA Bayern

Beim Alpenverein dagegen sieht man die Sache anders:

"Einerseits hätten wir dann genauere Zahlen: wieviel Befall gibt es denn überhaupt? Und andererseits wären wir gezwungen uns zu vernetzen und auszutauschen. Und dann würde es vielleicht einfacher werden, künftig BW im Zaum zu halten."

Robert Kolbitsch DAV Bundesverband

Und damit wäre es vielleicht einfacher, die Bettwanzen wieder aus unseren Schlafzimmern zu verdrängen.

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Margarete , Sonntag, 13.Oktober 2024, 09:36 Uhr

1. Biss von der Bettwanze

Mein Partner hat kleine Pickel auf den Rückseite beim ausdrucken kommt ein bißchen Wundwasser.Aber diese kleinen Stellen jucken wie verrückt. Tun dann weh.Dann ist es erst mal wieder gut. Die Rückenbürste liegt immer bereit

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