Wer kann Krise? Merz, Söder, Wüst und die Kanzlerkandidatur
Wer wird die Union in die nächste Bundestagswahl führen? report München hat die drei möglichen Kandidaten wochenlang in immer schwierigeren Zeiten begleitet.
Das Ziel ist das Kanzleramt - doch dafür müssen Sie erstmal Kandidat werden. Markus Söder, Friedrich Merz und Hendrik Wüst sind die Favoriten im Kampf um die Kanzlerkandidatur der Union. In ernsten Zeiten. Erstmals wird eine rechtsextreme Partei stärkste Kraft in einem Landesparlament. Islamistische Terrorangriffe in Solingen und München.
Wir haben alle drei in den letzten Wochen begleitet; im Wahlkampf im Osten zeigen sie ihre Ambitionen, der eine mehr der andere weniger:
Wahlkampf-Auftritte
Veranstaltungs-Besucher: "Herr Merz, ich möchte Ihnen mal die Hand schütteln, dem zukünftigen Kanzler."
Der CDU-Vorsitzende ist der natürliche Favorit. Aber auch Markus Söder zeigt seine Bereitschaft:
"Dafür werben wir, Kretschmer in Sachsen und einer von uns in Deutschland..." Markus Söder
Und da war ja noch ein Kandidat.
report München: "Herr Wüst, Herr Söder kokettiert schon wieder mit der Kanzlerkandidatur und Sie?
Hendrik Wüst: "Ich trinke jetzt ein Bier mit Michael Kretschmer."
Wer ist der Favorit?
Hendrik Wüst, der jüngste der drei, geht die Sache eher gelassen an:
Instagram Video
"Wie sieht es bei Dir mit der K-Frage aus?
Hendrik Wüst: "Es geht um Kartoffeln, ja? Normale Kartoffeln auf die 1"
Wir wollen wissen: Wer ist der Favorit?
Als wir unsere Dreharbeiten Mitte August beginnen, liegt Markus Söder in den Umfragen knapp vor Hendrik Wüst. Abgeschlagen: Friedrich Merz.
"Er kann, persönlich einfach nicht so stark wirken. Also hat sich auch in den letzten zwei Jahren, seit er jetzt der unumstrittene CDU-Vorsitzende ist, nicht wirklich in den persönlich verbessert. Die CDU ist geklettert, aber er persönlich nicht."
Stefan Merz, Infratest Dimap
Friedrich Merz auf Wahlkampftour mit dem thüringer CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt. Ein unbeschwerter Auftritt - dass es bald Terror-Anschläge in Deutschland geben wird, kann keiner wissen.
Merz gibt sich volksnah, sucht das Gespräch
Wahlkampf-Auftritt
Mario Voigt: "Handball kann sehr hart sein... Ja das ist wirklich tough, wenn man sieht die Ellbogen..."
Friedrich Merz: "Ja, ich kuck es mir im Fernsehen hin und wieder mal an, zugegeben mehr bei den Männern als bei den Frauen."
Veranstaltungs-Besucher: "Ja Leistung in den Vordergrund stellen und ich bin der Meinung das haben wir teilweise in Deutschland verlernt, gerade auch im Sport."
Rentnerin: "Zum Beispiel, dass unsere Bevölkerung teilweise sich auf der faulen Haut ausruht und Geld vom Staat kriegt. Wann habt ihr denn das gemerkt? Das wissen wir doch schon jahrelang."
Friedrich Merz: "Wir haben diese Diskussion auch schon seit längerer Zeit. Aber in der alten Regierung mit Frau Merkel, war das nicht zu machen. Jetzt machen wir es aber. Wir müssen. Wir packen an."
Merz scheint die richtigen Themen anzusprechen; aber wie kommt er persönlich an?
Veranstaltungs-Besucher:
"Er hat mir heute sehr gut gefallen."
"Heute hat er sich sehr offen gezeigt, wenn er da dran noch ein bißchen arbeitet, würde ich ihm auch den Vorrang geben."
Nur zwei Tage später. Es ist der 23 August. Ein islamistischer Anschlag in Solingen. Drei Tote. Der Täter: Ein syrischer Asylbewerber. Deutschland unter Schock. Das Thema ungeregelte Zuwanderung - wieder ganz oben auf der politischen Agenda.
Drei Tage nach dem Anschlag. Markus Söder und Friedrich Merz sind nach Sachsen gekommen, um Michael Kretschmer in den letzten Tagen des Wahlkampfes zu unterstützen.
Veranstaltungs-Besucher:
"Hier werden Leute ins Land gelassen, die hier nicht hergehören, die hier untertauchen und dann Straftaten begehen."
"Wenn ich an letzte Woche denke, an die Messerstecherei, das ist ja nun leider nicht neu. Wie wird darauf reagiert? Wie geht man in Zukunft damit um, mit der Einwanderung?"
"Wir können es uns nicht leisten, diesen ungeregelten Zuzug, diese illegale Migration weiter nach Deutschland zu zulassen, wir müssen an den deutschen Außengrenzen nicht nur kontrollieren, wir müssen zurückführen."
Friedrich Merz, CDU, CDU-Vorsitzender
"Jeden Gauner, jeden Verbrecher muss eines gesagt werden, dass müsste das Ziel sein in Bayern ist es, kommst Du nach Deutschland wirst du schneller erwischt und länger verknackt, denn die anständigen Leute, sind für uns die, die wir schützen wollen."
Markus Söder, CSU, CSU-Vorsitzender
Inhaltlich liegen sie eng beieinander, die zwei Kandidaten, aber wer kommt besser an?
Veranstaltungs-Besucher:
"Weil der mir besser als der Merz gefällt."
"Söder als Kanzler, glaube ich schon eher als Merz, weil Merz ist halt nicht sehr sympathisch."
"Also das wäre der Kanzler, das wäre er. Der macht wenigstens Druck, und ist gegen die Grünen und das gefällt mir."
Spielt das Thema innere Sicherheit die entscheidende Rolle?
Söder punktet in Dresden. Aber spielt das Thema innere Sicherheit die entscheidende Rolle bei der Kandidatenauswahl der Union, wollen wir von der Politikwissenschaftlerin Ursula Münch wissen?
"Da wird jetzt im Augenblick nicht unterschieden zwischen Merz, Söder und Wüst, sondern, das ist die Frage, weist man da der CDU und der CSU die Kompetenz zu oder weist man sie womöglich eher der AFD zu, die keine Kompetenz darin beweisen musste, die aber versucht, das Thema für sich zu reklamieren und im Grunde ja immer die anderen zu übertrumpfen, an noch extremeren Forderungen und Behauptungen, was man alles tun könne, um das Problem zu bewältigen."
Ursula Münch, Akademie für politische Bildung
Fünf Tage vor der Wahl in Sachsen und Thüringen gilt es für die CDU, genau das zu verhindern. Friedrich Merz lädt zur Pressekonferenz, stellt klare Forderungen nach Zurückweisungen an der Grenze, obwohl die europarechtlich schwierig sind.
"Wenn Europa das nicht kurzfristig in der Lage ist zu ändern, dann haben wir (...) das Recht und wie ich finde, mittlerweile angesichts der Lage die Pflicht, eine nationale Notlage zu erklären im Hinblick auf die Flüchtlinge."
Friedrich Merz, CDU, Parteivorsitzender
Auch Henrik Wüst kommt zum Wahlkampfendspurt nach Sachsen. Auch hier wollen wir wissen: Wer ist in dieser Krisensituation der bessere Kandidat?
Veranstaltungs-Besucher:
"Der Herr Merz, nach dem Interview gestern nach dem Attentat in Solingen, hat er ja Konsequenzen gefordert. Ja, und das muss halt jetzt durchgesetzt werden. Und das ist halt sehr gut."
Hendrik Wüst vermeidet allzu scharfe Töne:
"Wir müssen irreguläre Migration nach Deutschland beenden. Aber natürlich auch in Zukunft ein Land sein, das Menschen, die ein Recht auf Asyl haben, die persönlich verfolgt sind, vor Krieg fliehen, vor Terror fliehen, wir weiter ein Land sein, in dem sie Zuflucht finden."
Hendrik Wüst, CDU, Ministerpräsident NRW
Kann er mit solch moderaten Tönen die Zuhörer im Osten überzeugen?
Veranstaltungs-Besucher:
"Der ist volksnah, der ist sympathisch, der ist noch jung, hat Esprit."
"Ich fand ihn cool und ich hoffe sehr, dass ich den künftigen Kanzelerkandidaten hier gesehen und gehört habe."
"Der Bayer darf's nicht werden und zwischen Merz und Wüst wird es sich es zum Schluss entscheiden. Mein Kandidat wäre Merz."
Wer kann mit Krisen umgehen?
Am 1. September triumphiert die AFD in Thüringen und Sachsen. Die CDU steht in beiden Ländern vor schwierigen Koalitionsverhandlungen mit dem Bündnis Sarah Wagenknecht.
Abensberg in Bayern am Tag danach
report München: "Was ist hier los Herr Söder?"
Markus Söder, CSU, Bayerischer Ministerpräsident: "Der Himmel weint wegen dem AFD-Ergebnis."
Markus Söder hat Boris Rhein, den hessischen Ministerpräsidenten, eingeladen. Politischer Frühshoppen. Heimspiel für Söder. Er nutzt die Chance:
"Einen Kandidaten für das Bundeskanzleramt. Wer es wird, wir werden uns einigen, Sie wissen, laut Geschichte ist es so: Die CSU kann nur, wenn die CDU einen bittet, also Boris lass mal aufschreiben. Für mich ist Ministerpräsident das schönste Amt, ich würde mich nicht drücken Verantwortung für unser Land zu übernehmen."
Markus Söder, CSU, Bayerischer Ministerpräsident
Doch Boris Rhein ruft nicht nach Markus Söder.
Wen unterstützt Boris Rhein?
report München: "Haben Sie keine Präferenzen?"
Boris Rhein, CDU, Ministerpräsident Hessen: "Doch, aber die werde ich jetzt vor der Kamera nicht sagen."
report München: "Schade..."
Boris Rhein, CDU, Ministerpräsident Hessen: "Das glaube ich, dass Sie das schade finden."
Und in Berlin reagiert Friedrich Merz fast zeitgleich vor der Hauptstadtpresse.
"Die Äußerung von Markus Söder hat keinen Neuigkeitswert, ist immer so gewesen. Das hat er meistens jedenfalls so gesagt. Wir haben uns trotzdem vereinbart, dass wir das im Spätsommer miteinander besprechen."
Friedrich Merz, CDU, Parteivorsitzender
Anfang September kommen neue Zahlen. Markus Söder verbessert sich um 3 Punkte, Hendrik Wüst verliert drei Prozent und Friedrich Merz fällt gleich 4 Prozent zurück.
"Wenn jemand als langjähriger Ministerpräsident eben bewiesen hat, dass er mit unterschiedlichsten Herausforderungen mit aktuellen Krisen umgehen kann, da ist es dann ein Vorteil. Friedrich Merz hat ja noch nie eine Regierung angeführt oder an einer Regierung mitgewirkt."
Stefan Merz, Infratest Dimap
Wer aber kann Krise? Hendrik Wüst zeigt nach dem Anschlag in Solingen Solidarität mit den Familien der Opfer. Und Markus Söder demonstriert nach dem Attentat in München Entschlossenheit am Tatort
"Und da hat man natürlich als bayerischer Ministerpräsident mit einer doch starken und auch bewährten bayerischen inneren Sicherheitspolitik. Mit einem bayerischen Innen- und Staatsminister des Innern, der da viel Erfahrung hat, viel Glaubwürdigkeit hat. Da hat es sicherlich einen gewissen Vorrang."
Prof. Ursula Münch, Akademie für Politische Bildung
Friedrich Merz hat die Gremien der CDU hinter sich. Aber laut Umfragen von Infratest Dimap liegt Markus Söder bei der Beliebtheit klar vorne. Oder macht Hendrik Wüst am Ende das Rennen? Was wird wohl den Ausschlag geben? Die Entscheidung soll in wenigen Wochen fallen.
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Hotte, Samstag, 14.September 2024, 01:04 Uhr
2. Söder for President
Wer mit Lanz fertig wird, kann auch Kanzler.
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Rudi, Dienstag, 10.September 2024, 23:12 Uhr
1. Söder behaptete sich auch bei Markus Lanz
Und Lanz hat schon einige Gäste innerlich zum Weinen gebracht. Nicht so zuletzt bei Tino Chrupalla. Da hat Lanz relativ schlecht vorbereitet, ziemlich alt ausgesehen. Die mit Dauerfeuer ausgestattete Schnabeltasche Wagenknecht braucht ein entsprechenden Gegner. Das trifft am ehesten auf Söder zu. Er mag auch seine Macken haben, aber er kann möglicherweise noch den einen oder anderen AfD-Wankelmütigen "abholen".
Wüst ist zu weich. Merz zu durchschaubar und retro. Warum nicht auch mal ein Bayer? Eine Ostdeutsche war schon dran. Ein Vortrittsrecht sehe ich so nicht für die CDU. Den prozentualen Ansatz und die CDU geführte Regierungszeit schon. Adenauer, Kohl, Merkel... alle CDU!
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