Report München


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Die SPD und die Senioren Rentengarantie als Wahlkampfschlager?

In den frühen 1970er Jahren war die SPD Willy Brandts die Partei der Jungwähler. Doch das ist lange her. Heute kann sich die SPD auf eine andere, ältere Wählergruppe verlassen: Die Deutschen, die gerade in Rente gegangen sind oder kurz davor stehen. Und die sollen sich auf die SPD verlassen - wenn es um die Rente geht. report München zeigt, wie die SPD mit ihren Rentenplänen in den Wahlkampf ziehen will und welche Folgen dies für die jüngere Generation haben könnte.

Von: Kirsten Girschick

Stand: 22.10.2024

Die SPD und die Senioren: Rentengarantie als Wahlkampfschlager?

München – vor wenigen Wochen. In einem Nebenraum des Ratskellers trifft sich die AG 60plus der SPD. Wer denkt, es ginge hier um gemütliches Kaffeetrinken, der täuscht sich. Denn für die Münchner SPD-Senioren geht es schon jetzt um die Wurst:

"Wir befinden uns eigentlich schon im Bundeswahlkampf."

Georgina Wismeyer, Vorsitzende der SPD AG 60plus in München

Ehrengast Lothar Binding ist Bundesvorsitzender der AG 60plus der SPD. Die Rente ist eines seiner großen Themen. Dabei geht es nicht nur um Gerechtigkeit - sondern auch um Wählerstimmen. Wie ein Blick auf die Wahlergebnisse der vergangenen Jahre zeigt.

"Bisher kann man sagen, in den Wahlen war - jedenfalls für die SPD - war die Alterskohorte 60 plus die Bank. Weil 35 Prozent ungefähr dieser Alterskohorte wählt SPD. Bei den jungen Leuten sind es unter zehn. Da wählen aber bald 20 Prozent rechtsextrem. Also da merken wir, es ist sehr klug die jungen Leute anzusprechen und zu begeistern. Aber es ist zumindest für die nächsten Jahrzehnte auch klug die Generation 60 plus in den Blick zu nehmen."

Lothar Binding, SPD, Bundesvorsitzender AG 60plus

Das tut auch der Arbeitsminister. Beim Rentenpaket II hat er der FDP das „Generationenkapital“ zugestanden - damit wird für die Jüngeren am Kapitalmarkt angespart. Wichtiger war für die SPD die langfristige Sicherung des Rentenniveaus von aktuell 48 Prozent. Teuer für Beitragszahler - aber gut für die Rentner. 

"Sie haben Beiträge gezahlt und sie haben sich eine ordentliche Rente redlich verdient. Das ist kein Almosen des Staates, das ist das Ergebnis ihrer Lebensleistung."

Hubertus Heil, SPD, Bundesminister für Arbeit und Soziales

Wie stark belastet das Rentenpaket II die junge Generation?

Anfang Oktober besuchen wir eine der sogenannten Wirtschaftsweisen. Sie ist besorgt wegen des geplanten Rentenpakets II - der vorgesehene Umbau belaste die junge Generation zu stark: 

"Bisher war es so, wenn das Geld nicht mehr reicht, weil wir zu wenig Beitragszahlungen hatten, dann musste man die Rente anpassen. Jetzt sollen die Rentenanstiege garantiert werden. Die Rente ist ja an die Lohnentwicklung angebunden. Das soll in Zukunft garantiert werden. Und das bedeutet, die Beiträge müssen noch sehr viel mehr steigen. Ich glaube, es geht darum, die junge Generation zu informieren und ihnen klarzumachen: Sie müssen sich wehren, denn sonst wird alles auf ihrem Rücken ausgetragen."

Monika Schnitzer, Vorsitzende Sachverständigenrat z. Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung

Dabei war die SPD früher DIE Partei der jungen Menschen. Willy Brandt verdankte seinen Wahlsieg 1972 auch den jungen Wählerinnen und Wählern: (Tagesschausprecher zur Bundestagswahl 1972): "Ein interessanter Blick wäre wahrscheinlich noch ein Blick auf die Erstwähler. Da lassen sich relativ genaue Aussagen darüber machen, welchen Parteien diese Erstwähler zugekommen sind. 29 Prozent der Erstwähler haben CDU/CSU gewählt, 49 Prozent der Erstwähler haben sich für die SPD entschieden."

Ganz anders bei der jüngsten Bundestagswahl. Nur 15 Prozent der Unter-25-jährigen machten ihr Kreuz bei der SPD - aber satte 34 Prozent der Über-60-Jährigen wählten die Sozialdemokraten.

In der SPD-Parteizentrale ist Übervater Willy Brandt noch sehr präsent. Bundeskongress der Arbeitsgemeinschaft 60plus. Willy Brandt-Bilder auch hier – doch die jugendlichen Anhänger von früher sind gemeinsam mit ihrer Partei gealtert. Fast 60 Prozent der SPD-Mitglieder sind älter als 60.

Mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten in Deutschland sind 50 Jahre und älter

Beim Thema Rente beschließen die Senioren einen Antrag, der auch Beamte und Selbständige zu Rentenbeiträgen verpflichten soll - und ein insgesamt steigendes Rentenniveau vorsieht. Eine übermäßige Belastung der Jungen sehen die meisten hier nicht - schon gar nicht beim Rentenpaket des SPD-Arbeitsministers.

"Zum Rentenpaket, ich finde das in Ordnung, das ist eine Einstiegsbasis. Man kann hinterher noch darüber diskutieren. Aber man muss doch erstmal den Einstieg in etwas Neues finden."

Martina Plischke, SPD Brandenburg

"Die junge Generation profitiert ja auch von all den Leistungen, die wir gebracht haben. Weil ohne unsere Generation gäbe es wahrscheinlich heute kein Handy, keinen Computer und so weiter. Das ist ja alles in unserer Zeit entwickelt worden. Und da sehen wir auch, sagen wir mal, eine gegenseitige Verpflichtung."

Roy D. Martin, SPD NRW

Zurück in München - wir fragen junge Leute, was sie von den aktuellen Rentenplänen halten: 

 Umfrage:

"Ich finde es ungerechtfertigt und dadurch ist ja ein immer größerer - eine immer größere Last auf unseren Schultern."

"Ich meine, dass der demografische Wandel kommt, das ist jetzt ja schon eine Weile klar."

"Ich finde es generell schwierig, wenn Parteien und Politik meint, sie muss sich nur einer Generation öffnen oder eine Generation speziell ansprechen."

Doch die Jungen sind in der Minderheit. Fast 40 Prozent der Wahlberechtigten sind über 60, mehr als die Hälfte sind 50 Jahre und älter. Die Unter-30-Jährigen machen gerade mal 14 Prozent der potenziellen Wähler aus. 

Landesparteitag der Bayern SPD vergangenes Wochenende - ER steht für einen etwas umgekehrten Generationenwechsel. Matthias Miersch, der neue SPD Generalsekretär, 20 Jahre älter als sein Vorgänger. Er verteidigt die Rentenpläne. 

"Es ist ein ganz wichtiges Paket als Signal an Rentnerinnen und Rentner. Würden wir dieses Niveau nicht festschreiben, würde es bedeuten, dass die, die wenig Rente haben richtig in Schwierigkeiten kommen, weil es sinken würde. Insofern ist das ein ganz wichtiger Schritt zur Stabilität."

Matthias Miersch, SPD-Generalsekretär

Die Rentner und die SPD - werden sie Olaf Scholz erneut ins Kanzleramt tragen?  

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Martin Schmitt, Mittwoch, 23.Oktober 2024, 00:44 Uhr

5. Nur halb richtig

Oh, das Renten-Problem existiert tatsächlich. Schon sehr lange. Eigentlich schon seit der Wiedergeburt nach 1945 bzw. 1949. Daher ist es zwar richtig, die neuen Pläne zu kritisieren - sie werden das Problem nicht lösen und die Schärfe der Konfrontation zwischen Jung und Alt verstärken - aber es ist eben nicht so, dass dies die größte Misere an der Sache wäre. Das Problem wurde zum Teil verursacht durch die Unterscheidung zwischen Renten und Pensionen, noch einmal verschärft durch die unsäglichen Riester-Vorträge (zum Anfeuern wirtschaftlicher Fremdinteressen) und fußt gleichzeitig auf den basalen Fehler mit der Annahme bei seiner ersten Festlegung, das momentane Wachstum wäre immer so in Zukunft gegeben, zusätzlich verstärkt durch die Missachtung eines demographischen Wandels. Die Pläne der SPD jetzt sind nicht gut, aber die der vorherigen Regierungen, fast alle CDU geführt, waren auch stets schlecht und falsch angesetzt gewesen. Das muss einfach zum Verständnis gesagt werden.

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SUSE, Dienstag, 22.Oktober 2024, 22:26 Uhr

4. Wie belastet das Rentenpaket die junge Generation

Dummerweise gab es ja niemals Geburtenstatistiken. Anhand dieser Daten hätte man ja die Entwicklung erkennen und bestenfalls fundiert gegensteuern können. Stattdessen werden die Generationen gegeneinander ausgespielt. Seit Jahrzehnten also mit flammendem Schwert offenen Auges in den Abgrund. Vermutlich sind und waren viele Politiker einfach nur verkleidete Lemminge (Gruß an Joscha Sauer).

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Kerstin Weisskopf, Dienstag, 22.Oktober 2024, 22:26 Uhr

3. Kommentar Rente

Es ist zum Brechen uns älteren Vorzuführen ,Frau Schnitzler wird mit Steuergeldern bezahlt wir haben ich bin 62 Jahre alt und habe 45 Jahre gearbeitet und werde jetzt verhöhnt und von Ihren Beitrag angekreidet das es uns gibt. Wir haben 40h gearbeitet den Reichtum für die Jungen erarbeitet gehen heute mit einer Armutstente mit 67 Jahren in Rente .Sie sollten sich schämen solche Kommentare zu zeigen. Unsere Politiker bedienen sich erstmal wieder mit 6% für Diäten die Beamtenbesoldung auf Höchststand unsere Flüchtlingspolitik mit Geld ohne Ende,aber uns beschimpfen. Diese ganzen Wirtschaftsweise sind ein Witz sich selbst genug Geld einstecken ,dabei sind sie selbst schon Uralt. Ausbeutung des Menschen durch den Menschen das ist Kapitalismus. Dieser Staat ist korrupt und ohne Gewissen.Unsere Eltern hätten uns Abtreiben sollen,da wären wir den Worklifebalance Jungen nicht mehr da. Vielleicht sollte man sich vergiften oder Erhängen dann sind wir weg und liegen den Staat nicht auf der Tasche

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Dagmar Theimann , Dienstag, 22.Oktober 2024, 22:24 Uhr

2. Beitrag zur Rentenreform

Wieso gibt sich hier eine eigentlich von mir geschätzte Sendung dazu her, junge und alte Generation gegeneinander aufzubringen? Gesellschaftliches Gegeneinander noch mehr schüren? Welche satten Gutverdiener schüren hier ein Feuer auf dem Rücken einer Rentnergeneration, die zu großen Teilen Angst vor der Zukunft hat, weil sie durchaus keine so hohen Renten beziehen, wie immer wieder suggeriert werden soll? Ganz ehrlich: pfui Deibel. Wirklich kein journalistisches Glanzstück!!!!

  • Antwort von Martin Schmitt, Mittwoch, 23.Oktober, 00:36 Uhr

    Entschuldigung, Sie haben da etwas nicht verstanden. Der Wahlkampf naht. Report München steht der CSU sehr nahe. Söder gab die Grünen als Erzgegner vor. Und jede andere Partei wird zum Konkurrenten um die Führung erklärt. Das war kein Beitrag zur Spaltung der Gesellschaft in Jung und Alt, sondern ein Aufruf an alle nicht Rentner, die SPD gefälligst nicht zu wählen.

  • Antwort von report München Redaktion, Mittwoch, 23.Oktober, 14:21 Uhr

    Bitte schauen Sie einmal die anderen Beiträge in unserem Archiv an: https://www.br.de/fernsehen/das-erste/sendungen/report-muenchen/videos-und-manuskripte/index.html. Dann ändern Sie vielleicht Ihre Meinung.

    Mit freundlichen Grüßen
    report München Redaktion

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Friedhelm Schwinn, Dienstag, 22.Oktober 2024, 22:16 Uhr

1. Frau Schnitzer, Wirtschaftsweise

Frau Schnitzer sollte auch die ausufernden Pensionen anprangern. Da werden die Jungen auch in eklatanter Weise belastet.

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