Report München


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Drohungen aus Amerika Trumps Abkehr von Europa

Kaum ein Tag, an dem die US-Regierung kein mediales Störfeuer gegen die Ukraine richtet. Welche Wirkung haben diese Nachrichten auf die europäische Politik?

Von: Nadja Armbrust, Fabian Mader

Stand: 11.03.2025

Drohungen aus Amerika: Trumps Abkehr von Europa

Krieg oder Frieden? Plötzlich wieder ein Thema in Deutschland.

Umfrage

Passantin: "Aufrüsten? Das kann man nicht mit ja oder nein beantworten."

Passant: "In der Sache finde ich das gut. Über den Stil kann man sicherlich streiten, wie das jetzt passiert ist."

Passantin: "Ich habe mich vorhin mit meinem Freund darüber unterhalten, dass ich tatsächlich zum ersten Mal in meinem Leben, und ich bin 52 auch Angst hab vor dem, was gerade politisch passiert."

report München: "Was ist der Auslöser für die Angst?"

Passantin: "Ja, da spielt Trump eine große Rolle."

Die Ukrainerin Daria Onyshchenko bestimmt normalerweise, wie es läuft: Sie ist Regisseurin. Doch vor gut einer Woche wird auch sie zur Zuschauerin:

"Mit uns haben Sie die Karten, ohne uns, haben sie keine Karten."

Donald Trump

"Für mich war das ein sehr komisches Gefühl, wie Ende der Welt in Live-Übertragung. Das, was du eigentlich nicht erleben und sehen willst."

Daria Onyshchenko

Wie hier: Trump demütigt den britischen Premierminister.

Video (Quelle: Youtube / LiveNOW from FOX)

Donald Trump: "Könntet ihr es mit den Russen alleine aufnehmen?"

Moderatorin: "Sie ziehen sich zurück und die Ukraine überlebt das vielleicht nicht?"

Donald Trump: "Wissen Sie, Sie wird vielleicht sowieso nicht überleben. Wir haben einige Schwächen mit Russland. Wissen Sie, es gehören immer zwei dazu. Dieser Krieg hätte nicht passieren sollen, aber er ist passiert. Und jetzt stecken wir in diesem Schlamassel fest."

Die Ukraine wird vielleicht nicht überleben? Wir begleiten Daria Onyshchenko in diesen Wochen, in denen ihr Heimatland seinen wichtigsten Partner zu verlieren scheint.

Was kommt auf Deutschland zu?

Die Abhängigkeit von den USA ist groß. Ein Treffen mit dem einzigen Professor für Militärgeschichte in Deutschland. Ein sehr gefragter Mann derzeit.

"Oh! Das wird jetzt auf brutalste Weise ausgeschaltet. Also man muss Trump hofieren. Ich bin absolut dieser Meinung, denn Europa kann sicherlich Teile von den amerikanischen Hilfen ersetzen, auch Teile von Militärhilfen ersetzen. Aber ganz ohne die USA wird es sicherlich sehr schwer."

Prof. Sönke Neitzel, Universität Potsdam

Trump hofieren? CDU-Politiker Roderich Kiesewetter hat sich bereits vor Monaten in den USA mit Trump-Vertrauten getroffen. Müssen wir Donald Trump hofieren?

"Nein. Wir müssen das Unmögliche denken. Trump kann Europa aufgeben. Er möchte sich mit Putin verbünden. Er hat die Nato bereits zur Disposition gestellt. Der Schlüsseltermin wird der Juni sein, wenn der Nato-Gipfel in Den Haag stattfindet. Und bis dahin müssen wir ein Konzept haben, wie wir uns im Zweifel von den Amerikanern unabhängiger machen."

Roderich Kiesewetter, CDU, Verteidigungsexperte

Viel Zeit wurde verloren. Bereits vor 26 Jahren im Kosovokrieg zeigte sich die Abhängigkeit der Europäer von Amerika. Als Reaktion beschlossen europäische Staaten 1999 bei der Verteidigung besser zusammenzuarbeiten. Der damalige Staatsminister im Auswärtigen Amt machte große Versprechungen:

"Europa wird in der Lage sein, in eigener Verantwortung und mit eigenen Mitteln Krisenreaktionen zu betreiben."

Günter Verheugen, SPD, ehem. Staatsminister Auswärtiges Amt (1999)

Tatsache ist: Das Gegenteil war der Fall.

24. Februar. Jahrestag des Kriegsbeginns gegen die Ukraine. Großes Thema auch hier: Trump.

"Also letzte Tage einfach die Nachrichten machen einen, mich persönlich, sehr, sehr wütend, weil wir sehen, dass die USA nicht nur Ukraine, sondern auch Europa im Stich lässt."

Daria Onyshchenko

Geheimdienstkoordinatorin der USA unterstellt Ukraine Demokratie-Defizite

Es kommt schlimmer. Die Geheimdienstkoordinatorin der USA unterstellt der Ukraine Demokratie-Defizite.

"Es werden Wahlen in der Ukraine abgesagt, Politische Parteien werden zum Schweigen gebracht oder sogar kriminalisiert und ins Gefängnis geworfen. Religionsfreiheit - es werden Kirchen geschlossen."

Tulsi Gabbard, Director of National Intelligence (Quelle : Youtube / Fox News)

Trump-Berater Elon Musk fordert auf seinem Netzwerk X Neuwahlen und schreibt: Selenskyj würde diese erdrutschartig verlieren. Dabei erreicht der ukrainische Präsident in Umfragen hohe Zustimmungsraten.

"Wir stehen jetzt alle hinter unserer Regierung, deswegen für mich sind auch diese Angriffe von der amerikanischen Seite zu dem Thema Legitimität von Selenskyj einfach lächerlich. Ich meine, wer stellt Putins Legitimität infrage?"

Daria Onyshchenko

Heute Abend die Wende: Amerikanische Militärhilfe und Geheimdienstinformationen soll es wieder geben; nachdem die Ukraine einem Waffenstillstand zustimmte. Noch am Sonntag setzte Elon Musk die Ukraine unter Druck.

"Mein Starlink ist das Rückgrat der ukrainischen Armee. Ihre gesamte Frontlinie würde zusammenbrechen, wenn ich es abschalten würde."

Elon Musk auf X

Denn: Musks Satellitennetzwerk Starlink ist von größter Bedeutung für die militärische Kommunikation. Der polnische Außenminister kritisiert diesen Post. Musks Antwort:

"Sei still, kleiner Mann."

 Elon Musk auf X

"Wir reden hier wirklich von einer Situation der Erpressung. Und das grundsätzliche Bild ist einfach: Die USA, die Trump-Administration will die Ukraine so nicht mehr unterstützen. Und das bedeutet für die Europäer eine komplett neue Situation."

Ulrike Franke, Sicherheitsexpertin, European Council on Foreign Relations, Paris

Europa reagiert

Und Europa reagiert - in ungewohnter Deutlichkeit.

"Das ist ein Schlüsselmoment für Europa. Deshalb habe ich den Staatschefs heute den europäischen Wiederbewaffnungsplan vorgestellt."

Ursula von der Leyen, CDU, Präsidentin der EU-Kommission

Bis zu 800 Milliarden will die EU für Rüstung mobilisieren. Aber das viele Geld muss auch endlich in moderne Waffensysteme fließen, sagt Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter.  

"Und hier ist es besser, mal ein halbes Jahr in das Kriegsbild, in die Szenarien zu investieren, als sofort mehr Kampfpanzer, mehr Schützenpanzer, mehr Artillerie, Fahrzeuge zu kaufen. Und deswegen geht es nicht um mehr vom alten, sondern wirklich die Mittel ganz gezielt einzusetzen, Drohnenabwehr, Luftverteidigung zu leisten. Aber eben auch moderne Kriegsführung. Die Bundeswehr hat nicht eine einzige bewaffnete Drohne."

Roderich Kiesewetter, CDU, Verteidigungsexperte

Entscheidend dabei: Die Europäer müssen endlich an einem Strang ziehen - und nicht in nationale Egoismen verfallen.

"Ob wir Zwerge als Staatschefs haben oder historische Gestalten - das wird sich zeigen in den nächsten Jahren. An dieser Frage wird sich das Schicksal Europas meines Erachtens entscheiden."

Prof. Sönke Neitzel, Universität Potsdam

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