Blindheit Wie lebt man, wenn man blind ist?
In Deutschland leben über eine Million Menschen, die nicht oder nur schlecht sehen können. Sie sind blind oder sehbehindert. Manche von Geburt an, manche haben als Kinder, manche als Erwachsene eine Krankheit bekommen, wegen der sie nicht mehr sehen können. Trotzdem machen sie fast alles, was Sehende auch machen. Wie kommen Blinde im Alltag zurecht?
Wenn im Treppenhaus plötzlich das Licht ausgeht, erschrecken die meisten und suchen schnell den Lichtschalter. Im Dunkeln weitergehen, ohne etwas zu sehen? Lieber nicht ... Blinde machen dagegen fast alles, was Sehende auch machen. Sie gehen zur Schule und zur Arbeit, sind Vater oder Mutter von Kindern, treiben Sport - nur selbst Auto fahren, das geht nicht. Dafür können ein blinder und ein sehender Mensch zusammen auf einem Tandem radfahren. Natürlich lesen Blinde auch Bücher, nur eben anders als Sehende - mit einer besonderen Schrift: der Brailleschrift.
Gut gespitzte Ohren
Ein blinder Mensch hat ein viel besser trainiertes Gehör als einer, der sehen kann. Klar, er kann sich ja besser auf Geräusche konzentrieren. Ein Blinder hört ganz genau, wie weit jemand weg ist, der mit ihm spricht. Sogar ob man ihn anschaut, während man spricht, oder ob man beim Sprechen an ihm vorbeischaut, kann er hören.
Radiomikro-Reporterin Kathrin Reikowski hat Aleksander Pavlovic getroffen. Er ist seit Geburt blind und erzählt davon, was ihm die Stimme seines Gegenüber alles verrät.
Fühlen und Riechen
Rot? Gelb? Grün?
Um zu erkennen, welche Farbe ein Pulli oder die Socken haben, gibt es für blinde Menschen Farberkennungsgeräte, etwa so groß wie ein Handy. Die halten sie auf ein Kleidungsstück und ein Sprachcomputer sagt dann, welche Farbe es ist. Praktisch!
Auch auf Gerüche achten Blinde viel mehr, denn sie helfen, Dinge und Wege zu finden. Eine Bäckerei duftet ganz anders als ein Schuhladen. Und die Finger helfen auch zu sehen: Beim Saft einschenken einfach oben am Rand einen Finger leicht ins Glas ragen lassen, schon ist klar, wann das Glas voll ist. Probier's mal aus!
Blind in der Stadt
Mit ihrem weißen Blindenstab, dem Blindenlangstock, können Blinde sogar den Boden hören, auf dem sie gehen: Gehwegplatten machen ein anderes Geräusch als Straßenasphalt oder Sand. Und wenn sie mit dem Stab über den Boden vor ihren Füßen streichen, fühlen sie den Untergrund auch. So kann man sogar blind durch eine Stadt gehen. Manche Blinde haben einen Hund. Ein Blindenhund ist speziell dafür ausgebildet, ihnen im Alltag zu helfen.
Wie Blindenführhund Leon sein Frauchen den Weg zur Post zeigt, hat radioMikro-Reporterin Katharina Mutz mit Reporterkind Natascha beobachtet.
Einem Blinden helfen
Auf jeden Fall immer zuerst etwas sagen: "Entschuldigung, darf ich Ihnen helfen?" zum Beispiel. Blinde können euch ja nicht sehen. Dann könnt ihr euren Arm anbieten und so eingehakt kommt ihr prima zusammen zur gesuchten Bushaltestelle, dem Taxistand oder dem Briefkasten.
Smarte Hilfe für Blinde: Apps auf dem Handy
Eine Riesenhilfe im Alltag ist für viele blinde Menschen inzwischen ihr Smartphone: Wer die Sprachfunktion auf dem Handys aktiviert, kann sich vorlesen lassen, wo sich der Finger auf dem Display befindet und gezielt hilfreiche Apps ansteuern. Auch per Sprachsteuerung lasst sich ein Handy leicht bedienen. So können blinde Menschen Nachrichten diktieren oder Informationen wie Uhrzeit oder Wetter abfragen. Die Kamera des Smartphones kann sogar zu einer Art "digitalem Auge" werden: Es gibt beispielsweise Apps, die Gegenstände erkennen, die man abfotografiert. Andere Apps können feststellen, welcher Geldschein vorliegt oder Schrift lesen.
Checker Tobi: Wie lebt man, wenn man blind ist?
In dieser Folge möchte Tobi herausfinden, wie man sich im Allltag oder beim Sport zurechtfinden kann, wenn man blind oder sehbehindert ist. Er trifft unter anderem Bettina, die ihm die Brailleschrift erklärt.
Die Checker-Welt in der ARD-Mediathek
Mehr Folgen vom Checker-Team Marina, Julian, Tobi und Can findest du exclusiv in der Checker-Welt im Bereich "Kinder und Familie" in der ARD-Mediathek (unter www.ard-mediathek.de).