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Komponisten-Lexikon Frédéric Chopin - König der Klaviermusik

War Chopin Pole oder Franzose? Sein ganzes Leben spielte sich zwischen diesen beiden Ländern oder "Welten" ab, wie es Chopin einmal selbst ausgedrückt hat: der Vater Franzose, die Mutter Polin. Kindheit und Studium in Polen, Erfolg und Berühmtheit als Musiker in Frankreich. Und so blieb es auch nach seinem Tod: Der Körper ruht in Paris, das Herz in Warschau.

Von: Kristina Dumas, Uta Sailer, Thomas Schäfer, Julia Schölzel

Stand: 20.11.2018 | Archiv

Frédéric Chopin: König der Klaviermusik

Eines war der berühmte Komponist ganz sicher: ein König! König der Klaviermusik und der schmachtenden Frauenherzen. Gleichzeitig aber war er ein kränkelnder Schwächling – zumindest behaupteten das andere über ihn. 

Erste und lebenslange Liebe: das Klavier

Frédéric Chopin: Der verträumte Komponist

Angefangen hat alles in Warschau in Polen. Dort lernte er früh seinen besten Freund kennen: das Klavier. Als kleines Kind schon schwirrten blühend-duftende Melodien in seinem kleinen Kopf umher. Frédéric hörte sie so, als würde sie jemand spielen. Diese Melodien kamen oft nachts und dann konnte der kleine Frédéric nicht schlafen. So schlich er im Schlafanzug hinunter ins Wohnzimmer und suchte "seine" Melodien auf dem Klavier – so lange, bis er sie gefunden hatte. Als die Eltern seine Begeisterung für das Klavier bemerkten, bekam er mit sechs Jahren auch endlich richtigen Unterricht. Weil ihm aber immer noch so viele Melodien im Kopf umhersausten, schrieb er seine eigenen Klavierstücke bzw. sein Lehrer schrieb sie auf, denn Frédéric Chopin konnte damals noch gar keine Noten schreiben. 

Lebensdaten

Frédéric Chopin wurde vermutlich am 22. Februar 1810 in Żelazowa Wola im Herzogtum Warschau - im heutigen Polen - geboren. Es könnte auch der 1. März 1810 gewesen sein. Er starb am 17. Oktober 1849 mit 39 Jahren in Paris.

Frédérich Chopin war ein Wunderkind. Mit acht Jahren kam sein erstes großes Konzert: Er schlüpfte in seine elegantesten Kleider – eine schwarze Kniehose und eine rote Samtjacke mit weißem Kragen - und dann trat er vor lauter berühmten Leuten in einem Warschauer Salon auf.

Erzwungener Abschied

Frédéric Chopin: Lampenfieber vor dem Auftritt

Im Jahr 1830 wurde es in Chopins Heimat ungemütlich: Im 18. und 19. Jahrhundert wurde Polen zwischen seinen Nachbarn Russland, Preußen und Österreich-Ungarn zerrieben und mehrfach aufgeteilt. Das polnische Volk wurde unterdrückt, und nach dem Scheitern des Aufstandes im November 1830 war es gefährlich, dort unter russischer Fremdherrschaft zu leben. Chopins Vater riet seinem Sohn, ins Ausland zu gehen: nach Paris. Seine Freunde und Verwandten waren traurig und sangen ihm ein Abschiedslied: "Obwohl du unser Land verlässt, dein Herz bleibt hier bei uns". Das stimmt, denn Chopin behielt seine Heimat fest im Herzen. Vielleicht war dieses Lied auch der Ursprung für seinen Wunsch, dass sein Herz nach Polen zurückkehren und in Warschau beerdigt werden sollte. 

Ein Pole in Paris

Chopin fand in Paris eine neue Heimat. Und er liebte diese neue Heimat! Voller Bewunderung sagte er über die große französische Metropole, sie sei "die schönste aller Welten". Ihm gefiel die Architektur und die weltstädtische Atmosphäre von Paris und genoss die Freiheiten, die ihm die Stadt bot. Aber auch die Pariser mochten Chopin und er wurde schnell sehr bekannt. Auch dort gab es Salons, in denen er auftrat. Er gab Konzerte, komponierte und er gab einer sehr berühmten Dame in Paris Klavierunterricht: der Baronesse Rothschild - einer echten Gräfin!

Ein Porträt der Schriftstellerin George Sand. Fast 10 Jahre lang war sie mit Chopin zusammen.

Die Frauen mochten Chopin und Chopin mochte sie. Zusammengelebt hat er mit einer ziemlich ungewöhnlichen Frau: George Sand. Sie trug Männerkleidung, rauchte Zigarre und hatte sich einen Männernamen gegeben: George. Für Chopin war sie eine gute Begleiterin, denn sie kümmerte sich um ihn. Mit ihr und den zwei Kindern von George ist er für mehrere Monate nach Mallorca gereist. Und natürlich war auch sein bester Freund dabei – das Klavier. Mallorca, hofften sie, würde dem fürchterlichen Husten von Chopin gut tun und er wollte nebenher Musik schreiben. Doch leider kam es ganz anders ...

Zwischen alter und neuer Heimat

Frédéric Chopin: Das Regentropfenprélude

In Paris war Frédéric Chopin ein echter Star. Gleichzeitig aber war er aber immer noch krank. Der Husten aus Mallorca blieb und er wurde lungenkrank. Außerdem tat ihm sein Herz weh, denn er hatte solche Sehnsucht nach seiner Heimat Warschau. Gesehen hat er sie nie wieder. Aber in seiner Musik, da hört man sie, seine polnische Heimat. Vor allem in den "Mazurken" und in den "Polonaisen" – das sind polnische Volkstänze. Seinem besten Freund, dem Klavier, ist Chopin sein ganzes Leben lang treu geblieben. Er hat nur ihm Musik geschenkt, keinem anderen Instrument: Beschwingte Mazurken, verträumte Nachtstücke, die auf Französisch "Nocturnes" heißen, bewegte Polonaisen, perlende Preludes und sogar zwei Klavierkonzerte hat er verfasst. Sie gehören zu seinen berühmtesten Werken.

Früher Tod

Etwas gruseliger Starkult: Nach Chopins Tod fertigte man von seiner linken Hand einen Abguss aus Bronze an.

Alt ist Frédéric Chopin aber leider nicht geworden: Mit 39 Jahren ist er schon gestorben - in Paris. Und dort liegt er auch begraben. Aber eben nicht sein ganzer Körper! Sein Herz, das wurde herausgeholt, in Cognac eingelegt und in Warschau begraben. So ist er also auch im Tod in Warschau und in Paris daheim. Obwohl Frédéric Chopin so erfolgreich war und so gute Ideen hatte, war er nicht besonders glücklich. Er hatte sein Leben lang Heimweh nach Warschau und nach den Menschen, die er dort verlassen hatte. Und er war immer wieder krank. Aber Könige sind eben nicht unbedingt glückliche Menschen – das gilt leider auch für Klavierkönige.

Die Frage ist letztendlich nicht, ob Chopin nun Pole oder Franzose war. Chopin war zum einen Pole UND Franzose, er war aber darüber hinaus ein moderner Europäer, dem es gelang, sich in der Fremde eine neue zweite Heimat zu schaffen und sich in seinem Herzen und in seiner Musik seine erste Heimat stets zu bewahren.


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