Solarregion Freising Bürger kämpfen für die Energiewende
In Sachen Solarenergie sind die Freisinger ganz vorne dabei: Vor zehn Jahren beschloss man dort, dass der gesamte Landkreis bis zu Jahr 2035 komplett mit erneuerbaren Energien versorgt werden soll. Und an diesem Ziel arbeiten die Freisinger mit vollem Engagement.
Von: Cornelia Benne
Stand: 10.10.2017
Wenn im Landkreis Freising die Sonne scheint, dann treibt das die Energiewende voran. 174.000 Menschen leben hier. Bis 2035 soll ihr Strom voll und ganz aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Knapp 71% hat man bereits geschafft - bayernweit sind es nur rund 39%. Möglich machen das viele engagierte Bürger. Einer von ihnen ist der Umwelt-Techniker Andreas Henze:
"Ausgelöst wurde das von Tschernobyl, und das hat mir die Augen geöffnet über Energie und wie wir sie erzeugen, und was wir für Probleme damit haben."
Andreas Henze, Bürger-Energie-Genossenschaft Freisinger Land
Freisinger setzen auf Solarenergie
So wie er engagieren sich im Landkreis Freising über 1.000 Leute in Solarvereinen. 2009 und 2010 lagen die Zuwächse von Solaranlagen hier in der Region mehr als doppelt so hoch wie im Rest von Deutschland. Aber seit die Vergütung für Sonnenstrom drastisch gesenkt wurde, werden immer weniger Anlagen gebaut.
"Die Genossenschaft haben wir initiiert weil uns die Energiewende zu langsam gegangen ist, weil wir gesehen haben, dass die Energiewende bundesweit massiv an Fahrt abgenommen hat, und wir gesagt haben, da müssen wir vor Ort noch mal ne Schippe drauf legen."
Andreas Henze, Bürger-Energie-Genossenschaft Freisinger Land
Die Solaranlage auf der Grund- und Mittelschule in Eching soll helfen, die Solarbilanz wieder nach vorne zu bringen: Die Gemeinde stellt das Schuldach zur Verfügung, die Genossenschaftsmitglieder zeichnen Anteile und investieren mindestens 1.000 Euro in die Solar-Anlage. Die liefert an die 100.000 Kilowattstunden Strom im Jahr. Aus der Einspeisevergütung erhalten die Genossen jährlich 2,5 Prozent Zinsen.
Fleißige Freisinger
Mittlerweile sind es fast 550 Genossenschafts-Mitglieder, rund 300 von ihnen sind an vier Gemeinschaftsprojekten beteiligt: Privatleute, aber auch der Landkreis, Kommunen, Vereine, Firmen und Pfarreien. Doch das reicht immer noch nicht aus, um den Landkreis komplett auf Erneuerbare Energien umzustellen.
"Jetzt haben wir aber die nächste Herausforderung, wir müssen auch den Normalbürger erreichen, jemand der sich wenig damit beschäftigt, wir möchten, dass sie mit im Boot sind und dass wir gemeinsam diese Energiewende umsetzen können."
Moritz Strey, Energiebeauftragter, Landratsamt Freising
Vor allem Eigenheimbesitzer können auf ihren Dächern wirtschaftlich Sonnenenergie erzeugen. Der Strom für den Eigenverbrauch ist am günstigsten, er ist von den knapp 7 Cent Abgabe, die das Erneuerbare-Energien-Gesetz vorsieht, befreit. Aber warum nicht auch auf Mietshäusern Strom erzeugen?
Grüner Strom frisch vom Dach
Die Gemeinde Hallbergmoos hat vor zwei Jahren die Bürger-Energie-Genossenschaft gebeten, auf einem Mietshaus-Dach eine Solaranlage zu bauen. Neun Wohnungen können so mit grünem Strom versorgt werden. Die Mieter entscheiden frei, ob sie mitmachen wollen. Alle sind dabei.
"Weil ich das eine ganz tolle Sache finde und der Strom auch billiger ist als der normale Strom, und ich finde wenn die Firma das aufs Dach gebaut hat, dann sollen die das auch übernehmen."
Tiffany Schönfeld, Mieterin
Kein großer finanzieller Anreiz
Der Preis liegt unter dem der örtlichen Strom-Anbieter. Aber rechnet sich das für den Betreiber? Eine wirtschaftliche Geldanlage für die Genossenschaft sei das Konzept bislang nicht, schränkt Andreas Henze von der Bürger-Energie-Genossenschaft Freisinger Land ein. Bisher gehe der Mehrwert an die Mieter.
Denn der Anlagen-Betreiber muss hier die 7 Cent EEG-Abgabe pro Kilowattstunde Strom bezahlen. Da er für seine Mieter Sonnenstrom produziert, liegt kein Eigenverbrauch vor. Seit Juli gibt es das neue Mieterstrom-Gesetz, das vorschreibt, dass der Vermieter den Strom 10% günstiger als der örtliche Energieversorger an die Mieter verkaufen muss. dafür erhält er eine Förderung von 2 bis 4 Cent pro Kilowattstunde für den Strom vom Mietshaus-Dach.
Keine EEG-Abgabe bei Eigenverbrauch
Andreas Horn vom Verein Sonnenkraft Freising berät gerade Bauherrn Hanns Koller aus Moosburg, der auf dreißig Reihenhäusern Storm für seine Mieter erzeugen will. Lohnt sich die Investition? Im Vergleich zum Eigenverbraucher auf dem Einfamilienhaus habe er trotzdem einen Nachteil in der Größenordnung von 3-4 Cent und das müsse nicht sein, so Horn. Er vermutet, dass es günstiger wird, wenn Hanns Koller die Solaranlagen auf den Dächern direkt an die Mieter verpachtet. Wenn diese für den Eigenverbrauch Strom erzeugen, entfällt die EEG-Abgabe.
Windkraft im Aufwind
Das Einspeisen von Solarstrom wird durch ständig neue Vorschriften immer komplizierter. Aber es gibt ja noch eine andere Energiequelle: den Wind! Bei Kammerberg hat die Bürger-Energie-Genossenschaft Freisinger Land ein Bürgerwindrad errichtet, für 5,5 Millionen Euro. 207 Meter ist die Anlage hoch. Gegen den Bau des Windrads gab es in der Region heftigen Widerstand. Aber seit fast zwei Jahren drehen sich die Rotoren, und man hört nur noch Erfolgsmeldungen: 6,6 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr werden hier produziert – das entspricht dem Jahresverbrauch von 1.700 Haushalten.
"Wenn wir uns die Potentiale anschauen, die der Landkreis bietet, dann werden wir, wenn wir die Energiewende schaffen wollen, noch mehr Windräder bauen müssen. Ohne Windkraft wir es nicht gehen."
Andreas Henze, Bürger-Energie-Genossenschaft Freisinger Land
Mittlerweile ein schwerer Weg - aber dank der vielen engagierten Bürger im Freisinger Land kommt die Energiewende trotzdem Schritt für Schritt voran.