Islamistenprozess Mutmaßliche Terrorhelfer aus der Oberpfalz schweigen vor Gericht
Zwei Männer aus Neustadt an der Waldnaab sollen bei der islamistischen Terrorgruppe "Junud al-Sham" in Syrien gewesen sein. Sie müssen sich seit heute vor dem Oberlandesgericht München verantworten. Organisiert hat ihre Ausreise laut Anklage ein bayernweit bekannter Salafisten-Prediger, der derzeit selbst vor Gericht steht.
Von: Joseph Röhmel
Stand: 27.03.2018
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Weil sie eine islamistische Terrorgruppe in Syrien unterstützt haben sollen, müssen sich seit heute zwei Männer aus dem oberpfälzischen Neustadt an der Waldnaab vor dem Oberlandesgericht München verantworten. Die beiden Türken im Alter von 38 und 26 Jahren wollten sich am ersten Prozesstag nicht zu den Vorwürfen äußern. Fatih K., der 38-jährige Türke, lächelt freundlich. Mit seinem grauen Sakko, seinen langen Haaren und dem Vollbart wirkt er eher wie ein Hipster als ein mutmaßlicher Ex-Kämpfer einer Terrorgruppe.
Im Einsatz für die "Soldaten Syriens"
Der 38-Jährige sitzt seit Ende Mai 2017 in Untersuchungshaft. Laut Generalstaatsanwaltschaft München war er in den Jahren 2013 und 2014 zum Kämpfen in Syrien, bei der Terrormiliz Junud al Sham, zu deutsch "die Soldaten Syriens". Im Raum Weiden-Nürnberg sei er nach seiner Rückkehr nach Deutschland Kontaktmann der Gruppe gewesen. Er habe versucht Mitglieder zu rekrutieren und Geld zu sammeln.
Der andere Angeklagte, der 26-jährige Abdullah Ka., soll 2013 bei der Junud al-Sham gewesen sein. Er befindet sich auf freiem Fuß, soll aber in Syrien den Umgang an der Kalaschnikow und einer Pumpgun erlernt haben.
Ein Salafisten-Prediger als Mittelsmann
Schüchtern nennt Abdullah Ka. dem Richter seine Personalien. Als mehrere Familienmitglieder den Gerichtsaal betreten, wirkt er etwas entspannter. Der 26-Jährige und der 38-Jährige sind miteinander verwandt. Sie wollen sich nicht zu den Vorwürfen äußern. Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat und unerlaubter Besitz von Kriegswaffen wird den Männern zur Last gelegt. Ihre gemeinsame Ausreise ins Kampfgebiet im Jahr 2013 soll ein Salafisten-Prediger organisiert haben, der seit letzem Jahr ebenfalls vor Gericht steht, weil er an die Junud al-Sham Jeeps und Krankenwagen geliefert haben soll.
Weidener Moschee im Fokus der Ermittler
Der Fall zeigt auch die Vernetzung der Salafisten-Szene in der Oberpfalz. So galt das dortige Islamische Zentrum Weiden, in dem auch salafistische Prediger verkehrten, lange Zeit als Sammelbecken der salafistisch-dschihadistischen Szene. Einige spätere Kämpfer der Junud al-Sham und Terrormiliz IS haben sich nach Erkenntnissen der Generalstaatsanwaltschaft München in dieser Weidener Moschee radikalisiert. Regelmäßig verkehrten auch Fatih K. und Abdullah Ka. im Islamischen Zentrum.
Verteidiger fordern Aussetzung des Verfahrens
Beim Prozess gegen die beiden Männer stellten die vier Verteidiger mehrere Anträge, diese wurden aber alle zurückgestellt. Zum Beispiel beantragen sie eine Aussetzung des Verfahrens. Hintergrund des Antrags ist, dass Fälle der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung nur angeklagt werden können, wenn das Bundesjustizministerium eine sogenannte Verfolgungsermächtigung für die jeweilige Terrororganisation erteilt. Für die radikalislamische Gruppe Junud al-Scham, der die beiden Angeklagten angehört haben sollen, erging diese Genehmigung am 28. März 2014.
"Spielball politischer Interessen"
Fatih K. und Abdullah Ka. aus Neustadt an der Waldnaab waren aber laut Ermittlungen der Münchner Generalstaatsanwaltschaft bereits früher nach Syrien gereist und hatten dort gekämpft. Die mutmaßlichen Islamisten hätten zu diesem Zeitpunkt nicht wissen können, dass es aus Sicht des Bundesjustizministeriums illegal ist, als Mitglieder von Junud al-Sham für die Freiheit Syriens zu kämpfen, argumentiert die Verteidigung. Sie würden so "zum Spielball politischer Interessen".