Neonazis ohne Grenzen Von Oberbayern nach Ungarn und Syrien
Bayerische Neonazis knüpfen seit Jahren Kontakte ins europäische Ausland. Ungarn gehört längst zum beliebtesten Reiseziel. Nun treffen sie sich auch mit dem Assad-Regime. Jonas Miller über antisemitische Allianzen und NS-Verherrlichung ohne Folgen.
Von: Jonas Miller
Stand: 14.05.2017
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Bayerische Neonazis verschiedener Parteien pflegen Kontakte zu anderen rechtsextremen Parteien und Initiativen ins Ausland. Aktivisten der neonazistischen Kleinstpartei "Der dritte Weg" waren nach eigenen Angaben in den vergangenen Monaten in Syrien und im Libanon. Ein junger, oberbayerischer Aktivist der Partei, reiste auf Einladung der rechtsextremen "European Front for Syria" in das Kriegsgebiet. Er habe sich dort mit Vertretern des Assad-Regimes getroffen, unter anderem mit dem Informationsminister.
Antisemitische Allianzen: Treffen mit dem Assad-Regime
Der Journalist Jan Nowak beobachtet seit Jahren die rechte Szene. Er sieht in der Vernetzung nach Syrien Antisemitismus als verbindendes Element.
"Neonazis hegen Sympathien für das syrische Regime, da sie ideologische Gemeinsamkeiten sehen. So heißt es beispielsweise im Reisebericht eines Anhängers der neonazistischen Partei 'Der III. Weg', in Syrien werde 'gegen den Einzug des Kapitalismus und Zionismus, für Freiheit und den eigenen Sozialismus' gekämpft. Die zentralen verbindenden Momente sind also der Hass auf den Westen und auf Israel. Auch im Falle des Libanons wird vor dem Hintergrund des eigenen Antisemitismus besonders der 'heldenhafte Widerstand' der Hisbollah gegen Israel bewundert."
Jan Nowak, Journalist
Auch ein anderer führender Kader der Partei in Bayern wollte mit zwei jungen Aktivsten aus Niederbayern Syrien bereisen, scheiterte aber bei der Einreise. Stattdessen trafen sich die Aktivisten mit Vertretern der nationalistischen Pro-Assad Partei "Syrisch-Sozial-Nationalistische Partei" (SSNP) im Libanon.
"Dass Parteien wie 'Der Dritte Weg' Kontakte ins Ausland, beispielsweise in den Libanon, suchen, halte ich für gefährlich. Ein deutscher Neonazi traf sich dort mit einer Partei, die von einem Groß-Syrien, der Auslöschung Israels träumt und mit einer Miliz von mehreren tausend Mann auf der Seite Assads im Syrienkrieg kämpft. Kontakte in solche Regionen und zu bewaffneten Formationen sollten genauestens beobachtet werden."
Jan Nowak, Journalist
An deutschen Gesetzen vorbei
Der Dritte Weg demonstriert.
Bild: picture-alliance/dpa
Seit Jahrzehnten pflegen die bayerischen Rechtsextremen Kontakte ins europäische Ausland. So besuchen sie regelmäßig Großveranstaltungen der griechischen Rechtsaußen-Partei "Goldene Morgenröte", Führungskader treten immer wieder mit Werbematerialen der Partei auf.
Ungarn sind deutsche Rechtsextremisten seit Jahrzehnten besonders verbunden. Die dortigen Neonazis im Umfeld der in Deutschland verbotenen Gruppe "Blood and Honour" führen jährlich einen "Tag der Ehre" durch, bei dem auch deutsche Teilnehmer in SS- und Wehrmachtsuniformen aufmarschieren. Auf den Kundgebungen sprachen in der Vergangenheit auch zwei Funktionäre des "Dritten Wegs". Die Glorifizierung der Waffen-SS gehört zum Repertoire dieser Veranstaltungen. Ein Bundesvorstandsmitglied der Organisation schrie 2008 ins Mikrofon:
"Unsere Großväter waren keine Verbrecher. Ihr Opfer galt euch. Bekennt euch zu Nation und Geschichte! Und traut es euch laut zu sagen: Ruhm und Ehre der Waffen-SS!"
Ein Vorstandsmitglied des Dritten Weg 2008 in Budapest
"Tag der Freundschaft"
In die Tschechische Republik knüpfen vor allem Rechtsextremisten aus Niederbayern Kontakte. Die verbotene Kameradschaft "Freies Netz Süd" veranstaltete mehrmals einen "Tag der Freundschaft", bei dem tschechische und deutsche Neonazis gemeinsam auftraten. Vertreter der extrem rechten tschechischen "Arbeiterpartei der sozialen Gerechtigkeit" (DSSS) sprachen im Gegenzug regelmäßig bei Aufmärschen in Deutschland.
Bei einem Aufmarsch der Partei "Der Dritte Weg" in Würzburg trat der Chef der schwedischen "Nordischen Widerstandsbewegung" (NMR) als Redner auf und lobte die Zusammenarbeit mit den deutschen Kameraden. Die Gruppe wird von schwedischen Experten als Terrorvereinigung eingestuft. Mitglieder sollen Bombenanschläge auf Asylbewerberunterkünfte verübt haben.
Auch fränkische Neonazis der Splitterpartei "Die Rechte" knüpfen Kontakte zu rechten Kreisen ins Ausland. So posierten Kader des Nürnberger Ablegers mit Waffen und Logos der extrem rechten "Serbischen Radikalen Partei" (CPC) in sozialen Netzwerken. Das Treffen mit den Nationalisten soll im Nord-Kosovo stattgefunden haben. Die Kontakte ins Ausland sind von großer Bedeutung. So können beispielsweise Rechtsrockkonzerte in angrenzenden Ländern organisiert werden, um die deutschen Gesetze zu umgehen.