20. Todestag von Songwriter-Legende Jeff Buckley Mehr als nur ein "Hallelujah"
Coldplay, Muse und Co. wären ohne ihn nicht denkbar gewesen: Jeff Buckley war Inspirationsquelle für die ganz Großen. Warum es ein Witz wäre, den Songwriter auf sein "Hallelujah"-Cover zu reduzieren.
Gerade mal 30 Jahre wurde er alt: Jeff Buckley. Es war kein klischeehafter Musiker-Tod durch Heroin, wie der seines Vaters, dem Songwriter Tim Buckley. Jeff ist im Mississippi ertrunken – keine Drogen, kein Rockstar-Abgang, sondern wohl ein tragischer Unfall. Gerade mal ein Studio-Album hat er rausgebracht - "Grace" im Jahr 1994. Mehr kam leider nicht von dem Kalifornier.
Das Krasse ist: Er hat in seiner Schaffenszeit mehr musikalische Grenzen gesprengt als andere mit zehn Alben. Jeff Buckley ist eine Legende und verdient definitiv mehr Props. Spotlight on: Fünf Dinge, die Jeff Buckley einmalig gemacht haben:
1. Sein Mut zur Verletzlichkeit
Immer noch einen drauf: Das Gefühl hat man bei Buckley dauernd. Seine Stimme bewegte sich in beinahe unbekannten Höhen und Weiten. Zwar jagen in den 80ern auch die Haarspray-Glamrocker stimmlichen Höhenrekorden entgegen, bis ihnen der Grunge aufs Maul gibt. Doch nur bei Jeff Buckley hört sich das nicht so nach Wrestling-Show an, sondern nach Anmut.
Aber dass er die Verletzlichkeit und Eleganz in der Stimme so offen zeigt, hat nicht nur Muse-Frontmann Matt Bellamy nachhaltig beeindruckt.
"Ich bin ein riesen Fan von Jeff Buckleys Stimme [...], er war einer der ersten Sänger überhaupt, der mir das Gefühl gab, dass es voll okay ist, in so einer hohen, weiblichen Stimmlage zu singen."
Matt Bellamy, Muse
Buckley hat ein Stimmideal geprägt, das es so vorher nicht gab. Der Legende nach soll selbst Thom Yorke erst nach einem Buckley-Konzert den Mut gefasst haben, "Fake Plastic Trees" so zu singen, wie es dann auf dem Radiohead-Album The Bends gelandet ist.
2. Sein geniales Gespür für Cover
Jeff Buckleys Cover-Version von Leonard Cohens "Hallelujah" ist bekannter als das Original. Er hat einen bereits großartigen Song genommen, ihn seziert, sich die übrige Essenz – ganz nackt, nur mit Stimme und Gitarre – zu eigen gemacht und auf ein neues Level gehoben.
Natürlich wäre es absurd, die beiden Versionen gegenüber zu stellen. Aber es ist schon ein bisschen irre, dass viele mit dem Titel "Hallelujah" heute die getragene Melodie von Jeff Buckley verbinden. Selbst Rufus Wainwrights knuffige "Shrek"-Soundtrack-Variante und fast alles was dann noch an Covern kam, blieb bei Buckleys Version.
3. Seine unglaubliche Aura
Jeff Buckley hat dafür gesorgt, dass Songwriter auf der Bühne explodieren dürfen wie Rocksänger. Er ist ein Lehrbuch-Beispiel, wie man auch in intimer Runde eine Abrissparty feiert. Das hat auch Bon Iver zu Performances hingerissen, die ins Mark gehen.
"Jeff Buckley hat glaub ich mal was darüber gesagt, live ans Limit zu gehen: Das ist ein bisschen so, wie wenn ein Fußballer am Ende des Spiels nochmal voll aufdreht, die irrsten Moves abzieht, und man sich fragt, wie das eigentlich geht. Man überrascht sich selbst. Das kann echt magisch sein."
State-Gagazine-Interview, Bon Iver
4. Seine Vielseitigkeit
Steht Singer-Songwriter drauf, bekommt man Singer-Songwriter. Steht Ed Sheeran drauf, bekommt man Ed Sheeran. Steht Jeff Buckley drauf, bekommt man… ja, äh, was eigentlich? Den einen Stil hat Jeff Buckley nicht, seine Songs haben immer etwas unzuordenbares. Folk-Geschrammel, fette Gitarren-Riffs, dann Jazz-Besen, und weil es so schön ist, noch ein paar Ausflüge ins Psychedelische. Buckley-Songs sind pure Abwechslung. Da wundert es einen auch nicht mehr, wenn er Mittelalter-Texte ausgräbt und Benjamin Britten einspielt - "Corpus Christi Carol".
Wenn Songwriter heute das nächste Folky-Genöle raushauen, würde Jeff Buckley auf Tapetenwechsel bestehen, ganz im Sinne von Altmeister Bob Dylan. Den Weg haben glücklicherweise später auch Bands wie Radiohead & Co. einschlagen.
5. Sein Genie
Wären Coldplay ohne Jeff Buckley steil gegangen? Hätten Muse zu ihrer Form gefunden? Who knows… Seinen massiven Einfluss auf Weggefährten und Musiker nach ihm kann jedenfalls niemand leugnen.
"Unser Song ‘Shiver’ ist ein eindeutiger Versuch wie Jeff Buckley zu klingen. Wir klingen nur nicht so gut. Wir waren damals 21 und er unser Idol - klar hört man das."
Chris Martin, Coldplay
"Seine Stimme war nicht von dieser Welt. Sie war fantastisch. Sie hat mich hochgezogen. Ich habe definitiv versucht ihn zu kopieren."
Fran Healy, Travis
"Jeff war ein unglaublicher Sänger. Ich kann mir gut vorstellen, was seine Musik den Leuten bedeutete. Auch weil er sein Ding in so einem kurzen Zeitraum durchgezogen hat. Er wird für so viele Menschen der wichtigste Künstler in ihrem ganzen Leben sein."
Chris Cornell, Soundgarden
Selbst der alte Led Zeppelin-Haudegen Jimmy Page hätte gerne noch was mit ihm gemacht und wirft mit Superlativen um sich.
"Jeff Buckley hat mich wirklich berührt. Ich war auf einem seiner letzten Konzerte in Australien. Es war einfach nur überwältigend. Er hat mit seiner Musik jede denkbare Emotion in mir ausgelöst. Hat sich seiner völlig eigenen Liga gespielt [...] - meine Fresse, war er gut!"
Jimmy Page, Led Zeppelin
Sendung: Plattenbau, 29. Mai 2015 - ab 19 Uhr