Pop-Sängerin Kim Petras "Als ich nach L. A. kam, hatte ich fünf Dollar pro Tag“
Kim Petras wird in den USA gerade als die neue Pop-Prinzessin gehyped. Ursprünglich kommt sie aus NRW und war als Kind Dauergast in Talkshows – zum Thema Transsexualität. Wir haben mit ihr über ihren Durchbruch gesprochen.
PULS: Paris Hilton hat in einem deiner Musikvideos mitgespielt, du hast bei einem Song von Charlie XCX mitgemacht, und auf Instagram hast du Bilder mit Debbie Harry, der Sängerin von Blondie, gepostet. Du kannst ganz gut mit Menschen, oder?
Kim Petras: Es ist immer cool, Leute, von denen ich auch ein Fan bin, kennenzulernen. Alle drei sind super nette Frauen, mit denen ich sehr gut ausgekommen bin, vor allem mit Charlie. Ich bin ja relativ neu dabei, meine erste Single kam erst vor sechs Monaten raus. Da war das schon sehr cool, dass Charlie XCX gesagt hat: “Komm, machen wir ‘nen Song zusammen!” Und dann war plötzlich Paris Hilton in meinem ersten Musikvideo. Ist auf jeden Fall cool, dass die Leute mich so supporten.
Hast du keine Scheu vor diesen Superstars?
Eigentlich nicht. Ich habe sie alle auf eine abgefahrene Art und Weise kennengelernt. Natürlich habe ich riesigen Respekt vor ihnen, aber eigentlich bin ich sehr selten "starstruck". Ich glaube die einzige Person, bei der das passieren würde, wäre bei Madonna. Da würde ich ausrasten. Oder Lana del Rey. Ich finde dann immer, dass die so ein bisschen aussehen, als wären sie aus Wachs. Wenn man sie so lange nur auf Bildern gesehen hat und dann aus der Nähe, dann sehen die immer super perfekt aus.
Kannst du vielleicht ein bisschen was von deiner Zeit erzählen, als du gerade in L.A. angekommen bist? Wie und wo hast du da gelebt?
Ich war 19 Jahre alt und hatte ungefähr fünf Dollar pro Tag. Ich habe das erste Jahr auf einer Studiocouch geschlafen und jeden Tag versucht, drei, vier Songs zu schreiben, Leute kennenzulernen und mit Produzenten zusammenzuarbeiten. Ich habe ungefähr 200 Songs geschrieben und keinen davon hat irgendjemand genommen. Da war ich schon sehr frustriert – bis dann Fergie einen Song von mir aufgenommen hat. Auf einmal habe ich ganz viele Angebote bekommen und seitdem geht es eigentlich bergauf. Aber der Anfang war auf jeden Fall nicht so leicht. In Amerika gibt es so Drei-Dollar-Pizzen und solche Sachen, die mich über die Zeit gebracht haben.
Die Artworks für deine Singles haben sich bisher immer sehr geähnelt – es ist eine Outline von deinem Gesicht, in verschiedenen Neonfarben. Soll das vielleicht bedeuten, dass jeder Song eine andere Seite von dir zeigen soll?
Natürlich hoffe ich, dass jeder Song etwas anderes aussagt. Ich will mich nicht wiederholen. Das mit dem Neon-Kopf – keine Ahnung, es ist halt mittlerweile sehr leicht, die Farbe zu ändern und das dann als Cover zu benutzen! Ich hatte, als ich nach L. A. gekommen bin, immer diesen Dutt - und den haben die Leute dann irgendwann immer wiedererkannt. Deswegen die Entscheidung, diese Outline von meinem Gesicht als Cover herzunehmen.
Wie sieht es denn mit einem Kim Petras-Album aus? Kommt da was?
Ich bin ziemlich dicke mit Spotify und wir haben uns überlegt, dass wir einen Song im Monat rausbringen wollen und das Album Song für Song releasen. Das Album ist eigentlich fertig, ich könnte es jetzt schon droppen. Aber ich schreibe auch noch weiter, die Songs verändern sich schon noch. Manchmal kicke ich einen Song raus, weil ich ein neues Lied schreibe, dass mir besser gefällt. Mein Album ist der “Battle der Songs” – ich hab 100 Lieder, die ich für das Album in Erwägung ziehe. Die besten gewinnen und kommen drauf. Dieses Album sind die letzten vier Jahre meines Lebens und manche Songs sind so essentiell, dass sie auf jeden Fall drauf kommen müssen.
Wenn man sich Live-Videos von dir anschaut, dann kriegt man den Eindruck, als würdest du auch sehr gerne auftreten...
Ja total. Ich liebe Live-Auftritte! Ich dachte immer, dass das das Beste am Künstler sein ist. Wenn ich einen neuen Song geschrieben habe, den ich voll gut finde, und dann die Leute bei einem Auftritt mitsingen und voll ausrasten, das macht so viel Spaß. Ich bin tatsächlich viel aufgetreten und auch in Clubs, wo sich dann um den Block herum eine Schlange bildet und es Leute gibt, die nicht mehr reinkommen – das ist Wahnsinn! Also, natürlich auch ein bisschen blöd für die Leute, die nicht mehr rein kommen. Aber das letzte halbe Jahr hat mein Leben wirklich verändert. Und es macht auf jeden Fall Spaß.
Was ist denn eigentlich deine Lieblings-Ära des Pop?
Ich würde sagen die Achtziger, weil die Leute einfach so viel Spaß mit ihren Songs hatten und die Konzepte wirklich cool waren. Also so Songs wie “Like a virgin” oder “Karma Chameleon” – wenn der Musiker Spaß hat und es auch Spaß macht, sich das anzuhören. Die 80er inspirieren mich irgendwie immer weiter und ich finde auch immer wieder neue alte Sachen, zum Beispiel Italo Disco Songs, bei denen die Musikvideos voll abgefahren und seltsam waren.
Du stehst seit mehr als zehn Jahren in der Öffentlichkeit, hast in Dokus und Talkshows sehr viele private Dinge erzählt – und jetzt als Musikerin geht die Fragerei weiter. Hast du überhaupt noch Lust, über dich selbst zu reden?
Über meine Musik rede ich immer gerne, weil ich total stolz darauf bin, dass ich mittlerweile gute Musik mache, die ich liebe. Aber gleichzeitig habe ich auch ein bisschen genug davon, meine Geschichte zu erzählen. Ich habe früher sehr viel über meine Transsexualität gesprochen – was mir auch sehr wichtig war und ist. Ich will ein gutes Gesicht für die Sache sein und Transsexuelle unterstützen. Aber ja, gleichzeitig habe ich habe ich manchmal auch genug davon, von mir selbst zu reden. Aber ich hab ja auch für das Interview zugesagt. Deswegen kann ich mich jetzt nicht beschweren.
Sendung: Filter, 17.04.2018 - ab 15.00 Uhr