50. Geburtstag von Kurt Cobain "Du warst mein Game Changer"
Kurt Cobain wäre heute 50 Jahre alt geworden, hätte er sich 1994 nicht das Leben genommen. Mit Nirvana hat er eine ganze Generation geprägt. Auch PULS-Autor Alexander Loos. Ein schwärmerisch-nostaligscher Brief zum Geburtstag.
Oh Kurt, was ich dir nicht alles verdanke. Meinen Musikgeschmack, die erste "Leckt mich am Arsch"-Phase meiner Jugend und vermutlich auch die Tatsache, dass ich heute selbst Musik mache. Du warst der Brandbeschleuniger meines aufkeimenden Rebellentums, hast mir Ideen und Melodien ins Ohr gepflanzt und mir eine neue musikalische Welt eröffnet. Aber bis es soweit war, hat es etwas gedauert.
Wir hatten keinen leichten Start, du und ich. Als ich zum ersten Mal von dir gehört hatte, in der fränkischen Dorfidylle von Obermichelbach, war ich elf - und du schon zwei Jahre tot. Du warst der dumpfe Lärm, der durch die Kinderzimmertür meiner älteren Schwester gedrungen ist. Damals habe ich dich noch nicht verstanden, Kurt. Wie dumm war ich in meiner präpubertären Naivität. Schlechten HipHop und Chart-Musik habe ich damals gehört. Dass es etwas abseits des Pop-Mainstreams geben könnte, das war für mich undenkbar.
Dauergast im Walkman
Aber irgendwie hast du was in mir ausgelöst, hast mich neugierig gemacht. Vielleicht gerade weil du mir suspekt warst. Oder vielleicht weil sich die Melodien von den überspielten Nirvana-Tapes meiner Schwester schon längst in mein Gehirn gebohrt hatten. Irgendwann hab ich mir das "Nevermind"-Album selbst überspielt, die Kopie der Kopie der Kopie, scheiß Qualität, aber egal: Bei mir hat es Klick gemacht.
In den nächsten Monaten warst du Dauergast in meinem alten Sony-Walkman. Der wechselte damals automatisch die Seiten des Tapes und so konnte ich dich einfach durchlaufen lassen. Von früh bis spät, im Schulbus, auf dem Pausenhof, während der Hausaufgaben, abends im Bett. Du warst mein Begleiter. Die sägenden Gitarren, deine raue Stimme, die Schreie, die ganze abgefuckte Attitüde – das hat mir die Augen geöffnet. Die anderen Kids fanden mich seltsam, aber das hat mich nicht interessiert. Du und ich, Kurt, das war was Großes.
Der Ursprung von allem
Du warst mein Game Changer. Bald habe ich gemerkt, dass mir nicht deine großen Hits die stärkste Gänsehaut bereitet haben, sondern die schnelleren, progressiven Songs wie "Territotial Pissings" oder "Tourette’s" von der wundervollen "In Utero"-Platte. Du hast den Punk in mir geweckt. Mit dir kamen Bands wie The Offspring, Green Day und NOFX in mein Leben und sollten es bis heute prägen. Nur dadurch kam ich irgendwann auf die Idee, selbst Punkrock machen zu wollen. Und heute spiele ich schon fast 15 Jahre lang in Bands. Auch wenn dein Name inzwischen ein Klischee geworden ist und T-Shirts von dir bei H&M hängen – ich hab nie vergessen, dass du der Ursprung von allem warst.
Manchmal frage ich mich, was du machen würdest, wäre das damals alles nicht gewesen, mit dem Heroin und der Schrotflinte im Dachgeschoss deiner Garage. Vielleicht wäre der Fame irgendwann vorbei gewesen, du hättest dich aus dem Musik-Business zurückgezogen und die Leute würden heute Gespräche über dich mit den Worten "Erinnerst du dich noch an den fertigen Typen von dieser Band…" beginnen. Oder vielleicht hättest du dich inzwischen schon zum 1000sten Mal neu erfunden und würdest jetzt Experimental-Noise-Fusion-Jazz machen. Dann fände ich dich heute wahrscheinlich scheiße. Einfach aus Prinzip. Weil die alten Sachen immer besser sind.
Geburtstagsfeier im Club 27
Aber Kurt, die Dinge liefen eben, wie sie liefen. Und deshalb lege ich heute immer noch ab und zu deine Platten auf und fühle wieder dieses Kribbeln von früher im Bauch. Dann stelle ich mir vor, wie du wohl gerade abhängst im Club 27 mit Jimi, Janis und Jim. Vielleicht feiert ihr ja auch deinen 50sten mit den lauten Gitarren, die ihr so geliebt habt und den Drogen, die euch zum Verhängnis wurden. Aber wahrscheinlich sind das nur romantische Gedanken eines ehemaligen Fanboys.
Anyway, danke für alles, Kurt. Und happy birthday.