LGoony im Interview "Realness ist nicht existent"
LGoony is back und zwar "Allein gegen Alle" - zumindest wenn es nach seiner neusten Single geht. Im Interview hat er mit uns über Hazel Brugger, seine Unabhängigkeit und das Problem von ironischer Musik gesprochen.
Wer beim richtigen Händewaschen keine Lust hat zweimal "Happy Birthday" zu pfeifen, kann sich auch den "Song zum Händewaschen" auf YouTube reinziehen. Nach 30 Sekunden voll cleaner Händewasch-Reimen, angereichert mit Autotune-Flavour, weiß man auch endgültig Bescheid, warum die richtige Handhygiene Thema der Stunde ist. Hinter der Aktion steht Comedian Hazel Brugger, die sich für dieses Projekt an LGoony gewendet hat. An wen auch sonst? Schließlich ist kein anderer Rapper so wie LGoony. Seine beiden neuen Tracks "Demo" und "Allein gegen Alle" beweisen es aufs Neue: LGoony fährt seinen ganz eigenen Film, der mit dem Rest von Deutschrap nicht viel zu tun hat.
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LGoony - Allein gegen Alle prod. by Mary
PULS: Ganz schön wilde Zeit gerade, wie geht’s dir?
LGoony: Mir geht’s gut. Für mich hat sich nicht so viel geändert, weil ich eh viel Musik mache und viel drin bin. Das kann ich ja jetzt immer noch machen. Geändert hat sich, dass meine Tour auf Ende des Jahres verschoben wurde. Mal gucken, wie es dann aussieht. Muss man einfach mal abwarten.
Wir sind auf jeden Fall inspiriert vom Händewasch-Song mit Hazel Brugger. Wie kam es denn zu dem ungewöhnlichen Feature?
Hazel kenne ich unter anderem aus der "Heute Show". Sie hat mich letztes Jahr für ihr Format "Deutschland Was Geht?" mit Thomas angefragt. Dann waren wir zusammen auf dem [Schweizer HipHop-Festival, Anm. d. Redaktion] Frauenfeld unterwegs. Da war ich eh, weil ich da einen Auftritt hatte und sie kommt ja aus der Schweiz. Seit dem Video sind wir ein bisschen in Kontakt und manchmal gibt es eine Videoidee, für die sie mich dann anfragt. Jetzt hatte sie die Idee mit dem Händewasch-Song, die wir dann auch umgesetzt haben. Innerhalb von ein paar Tagen war schon alles fertig.
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LGoony feat. Hazel - Song zum Händewaschen (Clean Version) prod. by Mary
Es wird ja oft behauptet, dass du ironische Musik machst oder dich selbst nicht so ernst nimmst. Wie siehst du das selbst?
Meine Musik ist nicht ironisch gemeint, auch inhaltlich nicht. Es ist halt orientiert an Ami-Rap, an der Kunst von den Leuten, die mich inspirieren. Generell sollte eine Kunstfigur alles dürfen - und jeder Rapper ist auch eine Kunstfigur. Auch bei Straßenrappern, die davon erzählen, dass sie die ganze Zeit ticken oder irgendwelche Leute erschießen, ist das natürlich der Fall. Das sind Aspekte aus dem Leben und Fiktion. Wichtig ist, dass man trotzdem noch seine eigenen Werte transportiert. Und die sind auch die Schnittstelle zwischen meiner Person und meiner Kunstfigur.
Dazu gehört, dass ich keinen Drogenkonsum verherrliche oder keinen Sexismus unterstütze. Ansonsten kann man meiner Ansicht nach alles schreiben, was man will. Realness ist nicht existent. Kein Mensch ist so, wie er sich gibt. Ob es auf Social Media ist oder in seiner Musik. Insofern: Warum dann nicht direkt all in gehen und alles machen dürfen. In meiner Musik kann ich fliegen und bin der reichste Mensch der Welt - warum nicht? Das ist nicht ironisch gemeint. Manche Zeilen sind vielleicht lustig, aber generell mag ich es nicht, Musik als ironisch einzustufen.
Dieser "Ironie-Vorwurf" kam auch sicher daher, dass Du anfangs im Swag Mob-Dunstkreis rund um Money Boy aktiv warst und Cloud Rap hierzulande so gesehen wurde. Wie lief das damals ab? Und wie stehst Du heute dazu?
2010 gab es die Seite MeinRap.de. Da hab ich damals eine News gesehen, wo "Dreh den Swag auf" vorgestellt wurde. Am Anfang war ich noch skeptisch, aber nach ein paar Tagen war ich schon voll drin. Dann kam auch "Swagger Boy", das erste Mixtape von Money Boy - und von da an war ich Fan. Dann gab es irgendwann so eine Fan-Gruppe, den Swag Mob. Da haben sich die verschiedensten Leute aus Deutschland, Österreich und so weiter zusammengefunden. Alle hatten den gleichen gemeinsamen Nenner und haben das alle verstanden, im Gegensatz zu vielen anderen Leuten, die Moneyboy eher so als Witzfigur gesehen haben.
Wir haben dann Money Boy auf Social Media supportet und zum Beispiel Cover oder YouTube-Artworks für ihn gemacht. Das war eine Community und alle hatten eben dasselbe Interesse. Dadurch hat sich sehr schnell dieser Ami-Rap-Lifestyle und die Musik verbreitet, weil da gab es eben diese Austauschplattform. Die Facebook-Gruppe war schon fast wie so ein kleines Forum. Man hat sich gegenseitig Links geschickt und es ging sehr viel um interne Memes, die dann auch in meinen ersten Songs entsprechenden Raum haben. Ich hatte jetzt nie das Gefühl, dass das ein negativer Aspekt ist, dass ich mit dem Ganzen assoziiert wurde - weil ich da als LGoony auch meine Ursprünge und meine Einflüsse hatte.
Mittlerweile hast du dir und deinen Freunden mit der Gründung der Lichtgang eine eigene Plattform gegeben. Wie läuft die Arbeit da?
Der Ursprungsgedanke von Lichtgang war, dass wir alles, was so gemacht werden muss, selbst machen - also Videos und Artwork-Sachen und so weiter. Ich bin ein großer Fan von Independent-Arbeit und es ist mir sehr wichtig, unabhängig zu sein und alles selbst machen zu können, damit man nicht auf andere Leute angewiesen ist, die dann unter Umständen irgendwie abspringen könnten oder schlechte Arbeit machen. Es ist einfach immer ein gutes Gefühl, alles selbst in der Hand zu haben. Genauso arbeiten wir auch bei Lichtgang. Wir machen alles selbst bzw. organisieren wir alles selber und holen uns an den entsprechenden Stellen Hilfe von Außerhalb, wo sie benötigt ist. Das Netzwerk wächst eigentlich immer weiter, weil man immer wieder coole neue Leute kennenlernt. Der Kern sind ein paar Kumpels und ich - und das wächst so lose nach außen.
In deinen beiden neuen Songs "Demo" und vor allem in "Allein gegen Alle" wirkst du angriffslustiger und direkter als sonst. Das hat ja auf "Lightcore" schon angefangen. Hat LGoony sein Paralleluniversum mittlerweile ganz verlassen und ist voll in der Realität angekommen?
Nein, eigentlich nicht. Mein Ursprünge liegen im Battlerap und "Allein gegen Alle" ist so Battlerap-mäßig angehaucht. Da hat sich eigentlich nichts an meiner Herangehensweise verändert. Ich misch das schon immer so ein bisschen durch. Auch auf "Grape Tape" und den ersten Sachen sind schon immer Ansagen an die "Szene" drauf gewesen. Das ist abhängig davon, wie ich mich gerade fühle. Wenn ich denke, dass ich gerade was zur aktuellen Lage sagen muss, was jetzt bei "Allein gegen Alle" der Fall war, dann mach ich das. Und angriffslustig bin ich eigentlich immer mal wieder.
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LGoony: Warum er im Deutschrap heraussticht II PULS Musik Analyse
Sendung: PULS am 30.03.2020 - ab 15.00 Uhr