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Louisahhh!!! im Interview "Es ist einfach 'Girl Power!' zu kreischen, wenn man nur unter Mädchen ist"

Sie trägt den Titel "Königin des Techno", bei ihrem Label "Bromance" ist Louisahhh!!! aber die einzige weibliche DJane. Wir haben mit ihr über den Sexismus in der Techno-Szene gesprochen.

Von: Franziska Gromann

Stand: 01.03.2016 | Archiv

DJane und Produzentin Louisahhh!!! | Bild: Fabio Germinario

Louisahhh!!!, eigentlich Louisa Pillot, ist Produzentin, Sängerin und DJane aus New York und wird gerade vom DJ Mag als "Königin des Techno" in den Himmel gelobt. Und das im männerdominierten Techno. Wie die Zusammenarbeit von Männern und Frauen im Techno wirklich funktioniert und wie sie es schafft, nach ihrer Drogenabhängigkeit schon seit Jahren nüchtern zu arbeiten - wir haben Louisahhh!!! zum Interview getroffen.

PULS: Herzlichen Glückwunsch, du bist auf dem aktuellen Februar-Cover des DJ Mags und hast erst vor kurzem dein eigenes Label RAAR mit Maelstrom zusammen gegründet...

Louisahhh!!!: Ja, 2015 war echt ein krasses Jahr.

Auf dem Cover wirst du als "Königin des Techno" bezeichnet. Hast du das Gefühl, dass alles, wofür du jahrelang gearbeitet hast, jetzt endlich Früchte trägt?

Es war wirklich ganz interessant, diesen Titel zu bekommen, weil es einfach so viele talentierte Leute und vor allem Frauen in der Szene gibt. Aber ich glaube, dass man Gefahr läuft, zu selbstzufrieden zu werden, wenn man Erfolg an Titeln wie "Techno-Königin" festmacht. Eigentlich geht es doch darum, eine Ausdrucksform für unsere Gefühle zu finden.

Was fasziniert dich so an Techno?

Ich habe schon immer Musik gemacht, aber hatte immer wahnsinniges Lampenfieber, wenn ich mit Bands aufgetreten bin. Als DJ hatte ich dann zum ersten Mal das Gefühl, ohne diese Angst ein "Musik-Erlebnis" mit anderen zu teilen. Diese Gemeinschaft in einer Techno-Subkultur für Weirdos war mir auch ganz wichtig. Als ich aufgewachsen bin, habe ich mich immer fremd gefühlt und erst dann im Nachtleben New Yorks eine Art Heimat gefunden. Da fühle ich mich zuhause. Wenn man beobachtet, wie Leute von einem Track gepackt werden und so von der Musik ergriffen sind, wie man selbst, das ist so ein wunderbares Erlebnis.

Du bist bei deinem Label "Bromance" als einzige Frau unter Vertrag und gleichzeitig bezeichnest du dich offen als Feministin. Wie geht das zusammen?

Das ist ganz witzig, weil selbst das Label-Motto für "Bromance" eigentlich "BROs" ist – das ist so lächerlich! Aber ich bin irgendwie ganz selbstverständlich dazu gekommen, für mich bedeutet "Bromance" mehr eine Art von Familienzusammenhalt. Diese Leute unterstützen mich als meine Familie. Als Feministin würde ich mich wiederum bezeichnen, weil ich unglaublich hart daran arbeite, wie ich mein Bestes geben kann, als Frau unter Frauen, aber auch als Frau unter Männern. Ich glaube, es ist ziemlich einfach "Girl Power!" zu kreischen, wenn man nur mit Mädchen unterwegs ist. Genauso einfach ist es, die einzige Frau zwischen lauter Männern zu sein. Ich musste lernen, meine eigene Unsicherheit zu überwinden und mit Frauen und Männern zu arbeiten, denn auch, wenn wir darüber nicht sprechen, habe ich doch das Gefühl, dass Frauen nach wie vor darauf fixiert werden, sich um die Aufmerksamkeit von Männern zu streiten.

Und wie funktioniert das? Miteinander arbeiten, ohne auf das Geschlecht zu achten?

Ich habe mich erstmal gefragt, welche Erfahrungen wohl männliche DJs im Unterschied zu weiblichen machen. Die fragt natürlich keiner, wie es sich anfühlt als Mann und DJ. Und unsere Reaktion bei Männern ist auch nie: "Oh, er wurde nur gebucht, weil er gut aussieht." Bei Frauen passiert selbst mir das noch manchmal. Und das ist Quatsch! Es geht darum, dass unser Zusammenarbeiten nicht mehr von sexueller Macht bestimmt wird. Aber ich denke wir sind da schon auf einem guten Weg.

Gibt es auch konkrete Aktionen, um weibliche DJs zu unterstützen?

Darüber hatte ich gerade erst ein interessantes Gespräch mit Paula Temple, weil man uns oft fragt: "Was tut ihr denn für Frauen in der Techno-Szene?" Und wisst ihr was? Ich spreche darüber, auch wenn ich selbst gar kein Problem habe! Das ist wichtig, denn wenn ich nicht über dieses Thema spreche, dann verleugne ich jeden, der dieses Problem hat. Ich finde eine Subkultur wie das Nachtleben sollte nicht nur für die Hübschen und Privilegierten sein. Deshalb frage ich auch die Promoter, die Agenten, die Booker, die Talentscouts: "Was tut ihr für Frauen in der Szene?" Es geht darum, Leute mit Macht und Einfluss in Frage zu stellen, denn wenn man das nicht tut, wird sich nie etwas ändern.

Wie findest du es, dass du den Titel "Techno-Königin" auf der Frauen-Ausgabe des DJ Mags bekommen hast und nicht auf einer normalen Ausgabe?

...oder vielleicht einfach den Titel "Techno-Mensch"?! Ich weiß es nicht. Aber es ist ganz witzig, weil ich das Gefühl habe, dass ich den Titel aus einem ganz anderen, lächerlichen Grund bekommen habe: Vor kurzem haben sie ihre Top 100 DJ-Liste veröffentlicht und es waren nur drei weibliche Acts darauf. Und dann haben sie die männlichen DJs gefragt, was die davon halten. Der eine meinte: "Wenn Frauen weniger Zeit im Beauty-Shop verbringen würden und mehr Zeit im Studio, dann wäre das sicher anders." Das ist so dämlich! Da habe ich DJ Mag auf Twitter angeschrieben und gesagt, dass das inakzeptabel ist und dann haben sie mich aufs Cover genommen.

Die Techno-Szene ist nicht nur immer noch eine Männderdömäne, sie wird auch immer noch mit Drogen in Verbindung gebracht. Du redest aber völlig offen darüber, dass du trocken und runter von Drogen bist...

Drogen waren einfach ein Desaster für mich. Nach einiger Zeit konnte ich einfach nicht mehr kontrollieren und genießen, was ich tue. Wenn ich den Konsum kontrolliert habe, hatte ich keinen Spaß, und wenn ich Spaß hatte, konnte ich das nicht mehr kontrollieren. Ich habe schon so mit 20 wieder damit aufgehört – was schon krass ist. Ich meine, ich hab' Kokain genommen! Aber ich musste damit aufhören, um eine Karriere zu starten. Und ich habe andere gesehen, die das auch geschafft haben und dafür habe ich sie vergöttert. Wenn ich die nicht gekannt hätte, hätte ich das nie geschafft, weil ich gedacht hätte, ich muss wie eine Nonne leben. Aber gerade nüchtern kann ich das machen, was ich liebe und hoffentlich auch andere inspirieren. Wenn Drogen und Alkohol dich ruinieren – schreib mir bei Instagram, wir können reden, alles wird cool.


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