Terror auf Konzerten Hate will not tear us apart
Viele Opfer der Attacke in Manchester waren Menschen, die gerade dabei waren, Live-Musik für sich zu entdecken. Allen, die jetzt unschlüssig sind, ob sie in Zukunft einen Konzertsaal betreten sollen, rät unser Autor: Hingehen!
Als ich morgens in den Nachrichten von dem Anschlag in Manchester gehört habe, bei dem mindestens 22 Menschen starben, stellte ich mir zum allerersten Mal kurz die Frage: Werden meine Freunde und ich auf dem nächsten Konzert oder Festival sicher sein?
Natürlich war ich nach den Attacken im Pariser Bataclan und in Ansbach auch traurig und geschockt. Aber die Vorstellung, dass Ariana Grandes Auftritt für so viele Fans das allererste Livemusik-Erlebnis darstellte, ging mir besonders nahe.
Das erste Konzert des Lebens
Grande hat viele weibliche Fans, die zwischen 8 und 18 Jahre alt sind, die gerade Musik für sich entdecken; viele queere Fans, die sich vielleicht im Alltag oft alleine fühlen und stundenlang im Auto oder Bus saßen um einen Abend lang ihre Lieblingslieder zu hören und laut mitzusingen. Ich musste sofort an meine Freunde denken, die Musik genauso lieben wie die Menschen, die in Manchester auf dieses Konzert gingen und danach nicht mehr dieselben waren – oder gar nicht wiederkamen.
Ich kann verstehen, wenn einige jetzt sagen: "Ich fühle mich bei so großen Konzerten nicht mehr richtig sicher". Die Bilder aus Paris und aus Manchester sind schwer zu ertragen und aus dem Kopf zu kriegen. Aber es hilft, sich daran zu erinnern, welche Kraft Live-Konzerte haben können. Und wenn man sich darauf besinnt, merkt man, dass es eigentlich nur eine Option gibt: Weiter auf solche Konzerte zu gehen.
Die heilende Wirkung von Live-Konzerten
Ich musste heute darüber nachdenken, wie ich überhaupt zur Musik gefunden habe. Wie bei vielen anderen auch, waren es große Konzerte – von Tina Turner im Frankfurter Waldstadion zum Beispiel, oder Carlos Santana in der Crystal Palace Sports Arena in London. Diese Erlebnisse haben den Grundstein gelegt für eine jahrelange Konzertreise durch die ganze Welt. Durch Jugendzentren, Parks, Kneipen, Clubs, auf Booten, in Lagerhallen, Wohnzimmern, Arenen und Stadien. Der Gedanke, dass Menschen, die ganz am Anfang einer ähnlichen Reise standen, jetzt so etwas Schreckliches erleben mussten, macht mich unglaublich wütend und traurig.
2016 war für mich auf persönlicher Ebene ein absolutes Seuchenjahr. Aber es gab trotzdem sehr viele Momente, die ich für immer bei mir behalten werde – und die hatten ALLE mit Konzerten zu tun. Konzerte, wo ich tausende Kilometer von Zuhause weg war und mich trotzdem daheim gefühlt habe, wo die Zeit stillstand, wo ich mit Menschen, die ich kannte oder auch nicht, etwas geteilt habe, das mit Worten kaum zu beschreiben ist. Ich wünsche uns allen, dass wir solche Momente immer wieder erleben und sie zu schätzen wissen.
Ich hoffe, dass die Betroffenen des Anschlags in Manchester alle Hilfe bekommen, die sie brauchen. Denjenigen, die Karten für Konzerte in den nächsten paar Tagen und Wochen in den Händen halten und sich jetzt unsicher sind, ob sie da hingehen sollten, kann ich nur raten: Geht da hin. Nehmt eure Freunde mit oder geht solo hin – ihr werdet auf keinen Fall alleine sein. Es gibt auf der ganzen Welt wenige Orte wo man so gut aufgehoben ist und - wenn auch nur für eine Stunde oder zwei - so glücklich wie auf einem Live-Konzert. Lasst euch das nicht nehmen, verdammt.
Sendung: Filter, 23.05.2017 - ab 15 Uhr