In Songs gegossener Aktivismus Wie Mascha mit Pop gegen das Patriarchat vorgeht
"Er tritt mich mit Füßen und er schlägt mich betrunken": Die in Österreich lebende Musikerin Mascha thematisiert in ihrem neuen Song Gewalt gegen Frauen, im Hintergrund wummert ein stampfiger Schlagerbeat. Das passt nicht zusammen? Von wegen!
Blauer Himmel über schneebedeckten Bergen, grüne Wiesen, Menschen die – gerne in Tracht gekleidet – kreuzfidel in die Kamera lächeln und über Liebe singen. So weit, so Schlager. Die Sängerin Mascha hat gerade ein Musikvideo veröffentlicht, wo sie genau diese Klischees benutzt, um sich mit einem ernsten und wichtigen Thema auseinanderzusetzen.
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Mascha - Liebe siegt (official video)
"Liebe siegt" klingt zunächst so, wie ein hirnloser Schlager-Banger 2019 halt klingt: stampfiger Beat, ausladende Melodie, romantischer Text. Nach etwa zwei Minuten macht der Song aber textlich eine sehr heftige Kurve: "Und er trägt mich auf Händen, und er tritt mich mit Füßen, und er schlägt mich betrunken", singt Mascha. "Und sie sagen: Bleib doch, mach es für die Kinder." Und auch musikalisch wandelt sich der Song – aus Helene-Fischer-Gedächtnistrack wird dystopisches Industrial-Noise-Brett. Am Ende des Videos wird ein dringlicher Aufruf eingeblendet: "Häusliche Gewalt findet in allen sozialen Schichten statt. Wir dürfen nicht wegschauen."
Das Thema Gewalt gegen Frauen ist omnipräsent
Mascha ist Mitte 20, gebürtige Ukrainerin, lebt in Österreich und macht Musik, seitdem sie vor drei Jahren von einem Ex-Freund die Aufnahmesoftware Ableton bekam. Über Tutorials und Ausprobieren gelang Mascha schließlich an den Punkt, an dem sie ihre Ideen umsetzen konnte. Mit ihrem Song "Sigi Maurer", in dem es um die österreichische Politikerin geht, die sich gegen sexualisierte Hass-Nachrichten wehrte, indem sie den Namen des Absenders öffentlich machte, sorgte Mascha 2018 schon für Schlagzeilen.
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Sigi Maurer (Protestsong)
Das Thema Sexismus und Gewalt gegen Frauen, sagt Mascha, hat sich bei diesen zwei Songs quasi aufgedrängt.
"Ich glaube, dass das ein Problem ist, das viel tiefer verankert ist, als wir alle glauben. Es gibt eine große Verunsicherung, was Geschlechterrollen angeht. Und was mich besonders gestört hat, war die Kürzung der Gelder für Frauenorganisationen. Die Politiker sind [bei Fällen von Gewalt gegen Frauen] immer sehr betroffen, aber trotzdem wird diesen Projekten weiter das Budget gekürzt. Das sehe ich halt nicht ein."
Mascha im PULS Interview
Mascha hat zum Release von "Liebe siegt" auf ihrer Facebook-Seite eine Spendenaktion für autonome Frauenhäuser in Österreich gestartet, die zum Zeitpunkt des Schreibens über 2.000 Euro zusammengebracht hat.
Mal Ostblock-Rave, mal Kirmes-Banger
Nun könnte man meinen, dass Mascha sich voll auf das Musik-als-Aktivismus-Ding und Viral-Gehen konzentriert. Solche Aspekte sind ihr tatsächlich wichtig, aber auch nur ein Teil dessen, was sie als Künstlerin bewegt.
"Was mir fehlt, ist eine gewisse rebellische Art, mit Inhalten umzugehen, in Musik und Kunst generell. Das bedeutet aber nicht, dass ich nur diese ernsten Themen anpacken werde. Dazu bin ich ein viel zu lolliger Mensch, der auch gerne einfach mal random Shit macht. Ich habe eigentlich keine Ahnung, was ich mache – ich lerne jeden Tag dazu."
Mascha im PULS-Interview
Die Musik, die Mascha macht, ist vielseitig: mal Ostblock-Rave, mal Trap, mal Kirmes-Banger. Als Kind des Internets, das permanent in irgendwelchen weirden Reddit-Foren stöbert, will sie sich nicht auf einen Sound festlegen. Sie nennt ihren musikalischen Style "Post-Genre". Ihr Album "mascha.exe" erscheint im Herbst 2019 – da wird man hören, wie sich das genau anhört.
Sendung: Plattenbau, 25.04.2019 - ab 19.00 Uhr