Drei Gründe gegen den Boss Warum Kollegahs Ideologie zum Fürchten ist
Kollegah hat sich selbst zum König ausgerufen - und nebenbei sein politisches Gewissen und seine gesellschaftliche Verantwortung entdeckt. Wie so oft, wenn profitorientierte Machtmenschen plötzlich ihre soziale Seite nach außen kehren, ist das zum Fürchten.
Es lief ganz gut beim Boss der Bosse in den letzten zwei Jahren. Gold und Platin in Rekordzeit für das Album "King", die gewaltigste Promophase, die Deutschrap jemals gesehen hat, eine gigantomanische Tour, virale Megahits wie "Vom Salat schrumpft der Bizeps" und nicht zuletzt die Bosstransformation: Kollegahs ganz eigenes Fitnessprogramm zum unschlagbaren Preis von 180 Euro.
Über all diesen Erfolgsmeldungen ist eine Tatsache leicht in Vergessenheit geraten: Kollegah hat im letzten Jahr nicht nur den bisherigen Gipfel seiner Karriere erklommen, er hat dort oben, in eisigen, luftarmen Höhen, offenbar auch eine höhere Mission entdeckt. Aus der überzeichneten Kunstfigur wurde ein Mann mit echter Message. Seine Ideologie ist allerdings zum Fürchten. Aus folgenden Gründen.
1. Weil Kollegah sich anhört wie ein Sektenführer
Auf "King" findet sich zwischen dem üblichen übertriebenen Waffengelaber, zwischen Kokskilos und Cracknutten, Punchline- und Doubletimemassakern, zwischen "Schwarzer Benz" und "Rolex Daytona" auch ein Song wie "Du bist Boss". Laut Kollegah selbst einer seiner persönlichen Lieblingstracks, über den er sagt: "Jedesmal, wenn ich den höre, krieg ich Gänsehaut und bin kurz vorm Heulen. Weil er genau das widerspiegelt, was meine wahre Person einfach denkt und was für Prinzipien ich habe." Und tatsächlich überkommt einen beim Hören des Tracks eine Gänsehaut.
"Du bist Boss, wenn du Vollgas gibst mit dein' Talenten / Statt sie sinnlos zu verschwenden, der Himmel ist die Grenze / Und du greifst den Erfolg (...) Du bist Boss, wenn du Gefühle kontrollierst, deine Physis modellierst / Dich weiterbildest, um die Psyche zu trainiern." Platteste Motivationsrhetorik. Wie eine Mischung aus neoliberalem Selbstoptimierungs-Seminar, Scientology-Broschüre und Anti-Drogen-Kampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Das zugehörige Video zeigt einen entschlossenen Jungen im Rollstuhl, dem Kollegah das korrekte Bizepstraining beibringt.
2. Weil bei Kollegah nur die Starken überleben dürfen
In der Praxis scheint der Boss seine Ideale und Prinzipien gern mal zu vergessen. Man muss sich nur zwei der Videos auf seinem Bosshaft-Channel anschauen. Im Ersten begleiten wir Kollegah auf einem Promomarathon durch die deutsche Hauptstadt. Am Tag zuvor hat "King" Helene Fischers Album "Farbenspiel" vom ersten Platz der deutschen Charts verdrängt. Der Boss nimmt das zum Anlass, um jedem Pressevertreter ins Mikrofon zu diktieren, was er und sein Team mit der erfolgreichen Kollegin angestellt hätten: "Die Frau Fischer, die haben wir - ich will nicht sagen - weggewichst." Ein köstlicher Running Gag - ob er so wirklich mit dem vereinbar ist, was Kollegah in "Du bist Boss" vom anständigen Umgang mit echten Frauen fabuliert, das bleibt dagegen zweifelhaft.
Im zweiten Video drangsalieren und verspotten Kollegah und sein Protegé Majoe eine Burger-King-Mitarbeiterin, weil sie ihnen ihre Burger nicht rechtzeitig serviert. Sich als muskelbepackter Großverdiener über eine Fritteusentante mit Mindestlohn lustig machen und das Ganze dann auf YouTube laden - Sozialdarwinismus vom Allergröbsten.
3. Weil Kollegah krude Verschwörungstheorien verbreitet
Es gibt dieses eine Interview, in dem Kollegah so leidenschaftlich wie hanebüchen gegen die Evolutionstheorie anargumentiert. Es gibt den Freetrack "NWO", also New World Order, der die dunklen Drahtzieher hinter allen globalen Krisen und Konflikten zum Thema hat, jene "mächtige Minderheit, der Schandfleck des Planeten."
Einflussreiche Hintermänner, so führt der Boss im Interview aus, würden auch die amerikanische Musikindustrie kontrollieren und die Jugend so gezielt einer Gehirnwäsche unterziehen. Außerdem müsse es doch endlich einmal möglich sein, die Politik Israels zu kritisieren, ohne als Antisemit zu gelten, und die Deutschen bräuchten dringend ein gesundes Maß an Patriotismus. Ideen und Formulierungen, mit denen Kollegah auch auf den obskuren Friedensdemos um Ken Jebsen und Co. der Applaus sicher gewesen wäre. Aber vielleicht war ihm dort ja die Gage zu niedrig.
Fazit
Der alles zerberstende Weltmonarch scheint es ernst zu meinen mit seinem Erziehungsauftrag. Er sei stolz, der Jugend den Sport und die deutsche Sprache näher zu bringen, erklärt Kollegah im großen JUICE-Interview. Er lässt sich beim Spenden filmen. Und im TV-Straßensound-Interview beklagt ausgerechnet der Pimpgangsterboss den grassierenden Materialismus und einen allgemeinen Verfall der Sitten.
Aber so seltsam das klingt: Letztlich ist Kollegahs Verhalten nur konsequent. Ganz offensichtlich ist er eines jener zu Erfolg, Geld und Einfluss gekommenen Alphatiere, die plötzlich das dringende Bedürfnis verspüren, neben all ihren materiellen jetzt auch moralische Reichtümer anzuhäufen. Oder wie K.I.Z. es ausdrücken: "Sagen 'Geld ist nicht alles' - das ist Geld."
Kommentieren
Axel der Wahrsager, Freitag, 24.Juli 2015, 14:50 Uhr
4. WTF?
wer schreibt so`n scheiß? Kollegah ist hundert pro schlauer als das gesamte Team bzw. die gesamte Redaktion, die son scheiß schreibt. da haben selbst dreijährige ein besseres Auffassungsvermögen von Kollegah als diese vollpfosten, Ihr könnt euch gerne über ihn Beschweren, aber sagt dann doch bitte die Wahrheit! auch wenn der Boss sich beim Spenden Filmen lässt immerhin tut er etwas für die leidende Bevölkerung! nicht wie ihr Hurensöhne, ihr beschimpft ihn für sein self-promoting aber selbst Spendet ihr keinen Cent!! Erhebt erst eure Stimme gegen den alleinigen Weltmonarchen Kolllegah, wenn ihr selber zumindest so großzügig seit wie er. Obdachlose, Bettler und arbeitslose Alkoholiker haben mehr ehre als ihr, die ihr kollegah als hass Objekt darstellt, nur weil er euch nicht ins Hemd passt. Von euch hat ja eh keiner die Eier es ihm persönlich zu sagen. ind selbst wenn er hat besseres zu tun als sich diese scheißen von selbstverliebten Wichsern wie euch gefallen zu lassen.
Antwort von WTF???, Samstag, 25.Juli, 20:45 Uhr
Alter! Bist du in den Typen verliebt oder was?
Stefan Heim, Freitag, 24.Juli 2015, 08:44 Uhr
3. Vom kritischen Geist schrumpft der Kollegah
alle Achtung vor diesem geistreichen Kommentar. Hätte ich nie besser schreiben können.
Aufgestoßen sind mir die frauenfeindlichen, gewaltverherrlichenden und Drogen verharmlosenden Texte des Kings natürlich zunächst auch.
Doch so wie mir diese aufstießen, haben Sie mich erschreckender weise auch fasziniert.
Mal abgesehen von den Tipps für das Muskelaufbautraining, das primär die sichtbaren Muskeln aufpumpen soll ("Diskopumper"), muss kritisch angemerkt werden, dass gerade männliche Jugendliche mit schwachen Selbstkonzept leicht mit der King-Ideologie zu fangen sind. Begriffe wie "Crackhuren" , "Opfer" usw... werden dann kritiklos nachgeplappert. Sehr besorgniserregend.
George Windower, Freitag, 24.Juli 2015, 01:26 Uhr
2.
Sehr guter und vor allem wichtiger Kommentar, der den Hampelmann Kollegah entlarvt. Großes Kompliment.
Jörn, Donnerstag, 23.Juli 2015, 18:36 Uhr
1. Interessant, aber....
Generell: immerhin versucht er, die oftmals zitierte Verantwortung der Promis wahrzunehmen.
Zu 1. : Ich sehe den "Sektenführer" nicht, der kolportiert wird. Er sagt lediglich, dass ein gewisses Maß an Streben nach Verbesserung durchaus sinnvoll ist.
Zu 2. : ist wohl korrekt. Die beide Aktionen waren eher schwach.
Zu 3. : Man kann die Evolutionstheorie für Frei erfunden halten, muss man aber nicht.
Allerdings stehen Personen von öffentlichem Interesse ebenso freie Ansichten zu, wie dem Rest von uns. Wir sollten uns als Öffentlichkeit einfach nur nicht mit allen davon ausseinandersetzen.
Zu amerikanischer Musik sage ich mal nichts.
Ja man darf Israel kritisieren (und sollte das auch momentan meiner Meinung nach tun).
Ein gewisses Maß an Patriotismus wäre auch abseits vom Fussball eine nette Sache, aber dem ist halt nicht so.
Zum Fazit : öffentliches Spenden ist legitim.
Man kann die Bedeutung von Geld gar nicht oft genug anprangern.