Interview // Feine Sahne Fischfilet "Natürlich ist vieles scheiße - aber deswegen muss man die Lebenslust nicht verlieren."
Mit ihrem neuen Album "Sturm und Dreck" haben es Feine Sahne Fischfilet auf die ganz großen Festivalbühnen des Landes geschafft. Im Interview erzählen Olaf und Jacobus, wie sie sich auf Shows vorbereiten und warum man sich für politische Messages auch mal ein bisschen locker machen muss.
PULS: Ihr seid hier beim Taubertal mit ein paar mehr Leuten unterwegs als sonst. Was steckt dahinter?
Olaf Ney: Wir haben offiziell gesagt: Ein ausgebildeter Shanty-Chor wird uns bei einem Lied unterstützen und ein bisschen Rauch zünden. Inoffiziell haben wir einen zweiten Nightliner mit Freunden vollgepackt, die uns alle beim "Wasted in Jarmen" geholfen haben, das ist unser Festival, das letzte Woche stattgefunden hat. Das ist so ein Dankeschön, dass sie sich mal ein bisschen mit uns wohlfühlen können. Bis jetzt ist es auf jeden Fall sehr witzig.
Was haben die gesagt, als die Einladung kam?
Olaf: Gibt's Alkohol umsonst? Ja? Geil, danke!
Habt ihr dann vorher gar nicht geprobt?
Jacobus North: Da steckt natürlich schon jahrelange Vorbereitung drin. Nein, gestern haben wir mal kurz geprobt. Die meisten sind ja Freunde oder Bekannte von uns. Das ist sehr schön für die, auch mal das zu machen, wovon wir immer so erzählen. Ich glaube die meisten sind eher ein bisschen zu selbstbewusst. Aber sie haben sich alle sehr gefreut.
Ihr habt ja beim Kraftklub Konzert auch mit den Donots und SXTN zusammen die Bühne gestürmt. War das spontan?
Olaf: Ja, das war superspontan. Wir haben zwar schon mal mit Kraftklub und Broilers zusammen "Blitzkrieg Bop" von den Ramones gecovert - aber in dem Fall waren wir schon durch mit unserem Konzert und dementsprechend auch schon ganz schön besoffen. Als dann die Kraftklub Jungs ankamen und auch noch die Idee hatten, dass ich Schlagzeug spielen soll, musste ich mir erst mal drei Liter Wasser reinpumpen, damit ich irgendwie wieder stehen und sitzen konnte. Aber es hat wirklich gut geklappt. Ich war überrascht.
Auf den großen Festivals im Sommer trifft man doch eigentlich auch immer wieder dieselben Bands. Geht man sich da irgendwann auch auf die Nerven?
Olaf: Nö, das eigentlich nicht. Wir kommen mit allen ganz gut klar. Das ist schon ein bisschen ein Problem in den letzten Sommern gewesen, dass man immer an den gleichen Tagen spielt und dann auch immer nur die gleichen Bands sieht. Ist zwar schön, aber wir sind ja auch auf Festivals, um da mal andere Künstler zu sehen, die wir toll finden. Dieses Jahr hätte ich zum Beispiel sehr gerne die Arctic Monkeys gesehen - die aber an einem anderen Tag gespielt haben. Ist aber auch nicht schlimm.
Jacobus: Also bei Kraftklub oder SXTN freuen wir uns schon, wenn wir die treffen, weil wir mit denen einfach gut klarkommen. Da wird dann auch noch sehr lange gequatscht und gefeiert. Das ist immer ein bisschen wie Familientreffen in der Ferne.
Apropos "Gestern ging's ein bisschen länger": Wie haltet ihr euch denn fit auf Tour, dass heute wieder alles klappt?
Jacobus: Das ist eine wirklich gute Frage. Ich glaube uns hilft ein bisschen, dass wir noch nicht so alte Säcke sind. Ich habe vorhin mit Thorsten von den Beatsteaks geredet, bei dem ist das schon ein bisschen schwieriger. Und natürlich morgens Yoga, dann viel Müsli und Obst, kein Alkohol und viel Sport.
Olaf: Körper und Geist. Viel Sudoku auch.
Klingt nach einem sehr guten Plan. Ihr spielt ja mittlerweile die ganz großen Bühnen bei den ganzen Festivals. Wie ist das denn so, wenn ihr da auf die Bühne geht. Was geht euch da durch den Kopf?
Jacobus: Beim Rauslaufen natürlich: Hoffentlich sind viele Leute da und haben auch Bock. Und dann denk ich gar nicht mehr viel.
Olaf: Es ist so eine positive Anspannung. Ich bin immer sehr ruhig und konzentriert und hoffe, dass alles glatt läuft. Das sieht von außen ja immer alles ein bisschen larifari aus, aber man macht sich ja schon Gedanken: Wie ist mein Sound? Wie klingt das alles? Wie spielen wir zusammen? Und wie nehmen das die Leute auf? Wir haben ja oft auch das Problem gehabt, dass wir als erste auf den großen Bühnen gespielt haben und das ist schon auch manchmal ein bisschen ein undankbarer Slot. Ist am Donnerstag um 16 Uhr überhaupt schon jemand da? Aber bisher haben wir immer großes Glück gehabt.
Spielt man dann lieber die älteren Songs, bei denen man safer ist?
Jacobus: Ich hab eher das Gefühl, dass wir tatsächlich bei den neueren Songs safer sind. Bei unserem letzten Album "Sturm und Dreck" ist es wirklich so, dass wir da Bock haben, jedes Lied zu spielen. Da sind wir dann auch super sicher. Klar haben wir auch Bock auf die älteren Lieder, aber bei den neuen sind wir übelst motiviert.
Olaf: Ich glaube auch die Tatsache, dass wir durch das neue Album nochmal wirklich viele neue Leute erreicht haben, hilft dann auch. Die kennen Feine Sahne dann auch nur von diesem Album. Unsere allererste Platte gibt es ja gar nicht mehr zu kaufen, wenn wir von der einen Song spielen, da stehen dann viele da und sagen: Was ist denn das für ein Lied? Deswegen glaube ich, funktionieren die neuen Songs auch ein bisschen besser.
Wie bereitet ihr euch auf ein Konzert vor? Also, wie viele Kästen Bier, wieviele Flaschen Pfeffi?
Jacobus: Vor einem Konzert trinkt glaube ich kaum einer von uns, höchstens mal ein halbes Bier. Ich spiel mich auf jeden Fall vorher warm, das hilft. Da werd ich immer euphorischer und steiger mich dann rein. Und viel Quatsch machen. Das kannste niemanden erzählen, was da für Schrott rauskommt, aber es hilft mir auf jeden Fall, mit Schwung auf die Bühne zu gehen. Zu wissen, dass wir alle cool miteinander sind.
Wenn ihr politisch werdet und eure Meinung sagt, nimmt man es euch irgendwie mehr ab, als anderen. Warum glaubt ihr, ist das so?
Olaf: Ich glaube einfach, weil wir's ernst meinen. Das ist der große Unterschied. Wir haben schon immer die Sachen klar benannt und wir waren auch schon immer unbequem. Das machen wir ja nicht erst seit gestern. Werden wir auch weitermachen. Sich politisch zu positionieren heißt ja nicht, dass man ein Spießer sein muss. Und ich glaube diese Lockerheit ist auch der Grund, warum die Leute uns auch zuhören und anderen Leuten, die vielleicht auch ganz viele schlaue und richtige Dinge sagen, aber kein Gehör schenken. Ich glaube, wenn man verkrampft versucht, Dinge zu vermitteln, dann kommt das nicht an. Natürlich ist vieles Scheiße. Das kann man auch klar benennen - aber das heißt nicht, dass man die Lebenslust verlieren muss.
Sendung: Plattenbau, 14.08.2018 - ab 19.00 Uhr (inklusive Konzert vom Taubertal Festival 2018)