Das Lyrics-Porträt // Young M.A Die beste Rapperin der Welt?
Für manche ist Young M.A aus Brooklyn jetzt schon die beste Rapperin der Welt - dabei hat sie noch nicht mal ein Album veröffentlicht. Wir stellen sie euch vor, in ihren eigenen Worten.
270 Millionen Views zählt das Video zu "Ooouuu" auf YouTube seit Mitte 2016, als Katorah Marrero alias Young M.A es hochgeladen hat. Ohne Label, ohne Strategie, dafür vermutlich mit leicht einem sitzen, ist die New Yorkerin entweder größenwahnsinnig oder weitsichtig genug, zu ahnen, dass dieser Track ein veritabler Hit werden würde.
Der Song landet auf Jahresbestenlisten, sie wird für Awards nominiert und gleich mehrfach mit Platin ausgezeichnet.
Aber der schnelle Ruhm ist nicht M.As Fall. Statt fix ein Album nachzulegen geht sie es langsam an und erzählt ihre Geschichte Hennessy-geschwängert auf der EP "Herstory” (2017) nach ihren eigenen Regeln.
"I remember when I barely had a dollar on me // I remember ducking cops 'cause I got it on me // Went from plain gold chains, now I'm watered down // Now I drink to my success and that water brown"
(Young M.A. – Same Set)
Young M.A wächst mit ihren Geschwistern und ihrer alleinerziehenden Mutter auf. Schon in der Grundschule nimmt sie mit einem umfunktionierten Karaokerekorder ihre ersten Rap-Songs auf, mit zehn ist sie das erste Mädchen an ihrer Schule, dass im Football-Team mitspielen darf: Young M.A will zu den Jungs dazugehören und ihr älterer Bruder Kenneth nimmt sie unter seine Fittiche. Als er mit 20 in einer Gangschießerei ermordet wird, bricht für die 17-jährige M.A eine Welt zusammen.
"B.I.P to my big bro from 88 to 09 // I swear to god it would be problems if that nigga was still alive"
(Young M.A - Brooklyn)
Den Tod ihres Bruders hat sie bis heute nicht verarbeitet. Kenneth ist in fast allen Tracks von Young M.A präsent und jedes Mal, wenn sie über ihn spricht, malt sie mit den Fingern ein Kreuz in die Luft. Obwohl ihre Mutter es längst ahnt, findet Young M.A erst nach dem Tod ihres Bruders den Mut ihr Liebe zu Frauen öffentlich zu machen. Inspiriert von Kenneth nimmt sie die Musikkarriere zusammen mit ihrer Crew Redlyfe ernsthaft in Angriff, veröffentlicht einen Freestyle-Track nach dem anderen und macht mit einer geballten Ladung Machismo in ihrer Performance auf sich aufmerksam. Sich für den Erfolg verstellen will sie aber auf keinen Fall - und dazu zählt auch ihre Homosexualität. Oder wie M.A es sagt, sie muss ihre Lyrics spüren, sonst kann sie sie auch nicht rüberbringen.
"Because they call me a dyke, a faggot, a gay bitch // I ain't shit, that hate shit, that hatred, goddamn"
(Young M.A – EAT)
Young M.A ist super erfolgreich, eine Frau, die sehr maskulin auftritt und lesbisch ist - im Rap ist sie damit gleich dreifach außergewöhnlich. Trotzdem geht sie mit ihrer Identität genauso selbstverständlich um, wie ihre männlichen Kollegen. Sie feiert in ihren fantastischen Freestyles mit kratziger, tiefer Stimme und zurückgelehnter Delivery ihren eigenen Swagger, prahlt in sexuell aufgeladenen Lyrics mit ihren Eroberungen, und posiert mit vergoldetem Grinsen in Videos neben twerkenden Tänzerinnen. Auf den ersten Blick unterscheidet sie sich also nicht von den Männern um sie herum. Aber anders als die lässt sie sich nicht über ihr Geschlecht oder ihre Sexualität definieren.
"Grown men hating on me // Bitch niggas in they feelings // Y’all niggas got a clitoris // Niggas must be on they period // Niggas must be bi-curious // But I don’t take you niggas serious."
(Young M.A – Body Bag)
Sie sieht sich in der Tradition großer New Yorker Rapper wie Tupac Shakur, Nas und Jay-Z, die persönliche Geschichten erzählt haben und ihrer Heimat genau wie Young M.A extrem verbunden sind. Aber Young M.A verneigt sich auch regelmäßig vor lokalen Rapgrößen, die ihr zum großen Durchbruch verholfen haben. So wie der legendäre New Yorker Radiomoderator DJ Funkmaster Flex, ohne den ihr Song "Ooouuu" niemals der Hit geworden wäre, der er heute mit 270 Millionen Youtube Views ist. Und das ist für Young M.A ziemlich sicher erst der Anfang.
Sendung: Filter, 23.08.2018 - ab 15.00 Uhr