Kommentar zu Deutschrap-Rentnern Warum RAF Camora zum richtigen Zeitpunkt aufhört
RAF Camora hätte noch jahrelang als Rapper Platten verkaufen können, jetzt macht er aber Schluß mit Deutschrap. Das ist gut. Denn die Frage ist: Kann man als Rapper überhaupt in in Würde altern?
Auf Instagram hat RAF Camora bekannt gegeben, dass nach dem gerade anstehenden Album "Palmen aus Plastik 2" nur noch eine Platte von ihm kommen wird – danach ist Schluss. Es ist der perfekte Zeitpunkt, jetzt zu gehen. RAF hat jahrelang Rap gemacht, ohne großen Erfolg zu haben. Dann ist er mit "Palmen Aus Plastik" total durch die Decke gegangen und klar fragt er sich jetzt zu Recht: was soll da noch kommen? Der Afrotrap-Sound, der RAF Camora gerade prägt, der ist extrem schnell konsumierbar, aber er nutzt sich auch genau so schnell ab.
Statt jetzt mit 34 die Erfolgs-Treppe wieder runterzuklettern, wechselt er schlicht und einfach den Job. Er hat sportwagengroße Summen in ein eigenes Studio investiert und wird in Zukunft hinter den Kulissen im Musik-Business arbeiten. Er gibt damit ein Beispiel, an dem sich andere auch mal orientieren sollten.
Wer geht, besudelt sein Erbe nicht unnötig
In vielen Fällen ist es einfach sehr schmerzhaft, wenn die Rapper, die man früher kollektiv angehimmelt hat, nicht den Absprung schaffen und sich in Helmut-Kohl-Manier an der Macht festklammern. Bestes Beispiel sind Sido und Kool Savas, die auf ihrem Alterswerk "Royalbunker" von letztem Jahr auf epischer Breite gezeigt haben, dass sie einfach nichts mehr zu erzählen haben. Genau ein guter Song ist auf dem Album: Normale Leute. Da erzählen sie zusammen mit Marteria ganz ehrlich von dem, welche Alltagssorgen sie umtreiben. Das ist vielleicht nicht hochspannend, aber gut erzählt und vor allem: real. Oder Kollegah. Der hat nicht nur deutschen Rap, sondern auch die deutsche Sprache revolutioniert. Und was hört man heute von ihm? Größenwahnsinnige Allmachts-Phantasien und fragwürdige Verschwörungstheorie-Statements auf allen Kanälen. Und das vermiest einem als Hörer sogar die alten Zuhältertapes.
Rap-Rentner ohne Rente
Deutschrap ist einfach eine extrem schwierige Musikrichtung, um in Würde zu altern. Thematisch ist er von jugendlichem Leichtsinn geprägt, von Geschichten von der Straße, vom Gras verticken, von Hunger und Wut. Und die können schlicht und einfach die wenigsten 40-jährigen noch glaubwürdig erzählen. Leider.
Rap ist wie Curtis Mayfield in den 90ern gestorben
Es gibt aber auch Ausnahmen: wer es tatsächlich geschafft hat, ein hohes Niveau zu halten, sind K.I.Z.. Auch wenn die zugegebenermaßen noch nicht ganz zum alten Deutschrap-Eisen gehören. Ihr aktuelles Projekt Verbales Stylekollektiv setzt sich das erste Mal auf angemessen ironischen Art und Weise mit der Reimgeneration der 90er auseinander.
Sie zeigen: es muss nicht immer der Rückzug hinter die Kulissen sein. Vor einer altersbedingten Bedeutungslosigkeit schützt auch Ironie. Die haben allerdings die wenigsten.
Sendung: Filter, 30.07.2018 - ab 15.00 Uhr