Tracks der Woche #03/17 ANIMA!, Sepalot feat. Angela Aux, Infidelix, Woman, Toothless
Die Tracks der Woche im Zeichen der Antike: ein lateinischer Bandname, ein Bastler so begnadet wie Hephaistos, ein rappender Januskopf, Jünglinge aus einer ehemals römischen Kolonie und eine berühmte Sage.
ANIMA! - Moving Mountains
Das kalifornisch-südafrikanische Duo ANIMA! beschreibt sich selbst als "Experimental Alternative Succulents". Sukkulenten, das sind diese wasserspeichernden Pflanzen, die selbst in den nachlässigsten Studenten-WGs überleben. Wie passt das jetzt zu einer Band? Auch Sängerin Arielle Vakni und ihr Bandkollege Vincente machen einen sehr genügsamen Eindruck. In ihren Songs thematisieren sie die Rückbesinnung auf das Wesentliche. Im Refrain zur neuen Single "Moving Mountains" fragt sich Arielle, was der ganze Stress überhaupt bringen soll: "Everyday a mountain we will move but tell me what is it for? Inch after inch, til we just can’t climb anymore." Dank warmen Gesang und verspielten Elektro-Beats schafft ANIMA! mit "Moving Mountains" den Spagat zwischen gesellschaftskritischem Text und lebensbejahendem Sound. Beseelte Musik zu machen, steckt ja schließlich schon im Namen der Band: Anima ist Latein für Seele.
Sepalot feat. Angela Aux - Hard Rain
Der Münchner Produzent Sepalot dürfte vielen besser als DJ und Gründungsmitglied von Blumentopf bekannt sein. Seit 2008 - also schon sieben Jahre vor der Auflösung von Blumentopf - ist Sepalot aber auch solo unterwegs. Seine neue Single "Hard Rain" ist der Vorbote des kommenden Doppel-Albums "Hide&Seek" - besser gesagt der ersten Hälfte "Hide&", die im März erscheinen wird. Von den früheren HipHop-Beats ist nicht mehr viel übrig, mittlerweile bastelt Sepalot am liebsten an Elektrostücken. "Hard Rain" baut sich auf wie eine Loopsession: ein recht simpler Beat und falsettartiger Gesang machen den Anfang. Dazu gesellen sich im Laufe des Tracks ein Frauenstimmen-Sample, ein Linkin-Park-Gedächtnis-Megafonschnipsel und diverse instrumentale Spielereien. Im letzten Drittel ertönt "Hard Rain" dann in seiner ganzen Pracht. Die Lyrics kommen übrigens von Multitalent Angela Aux, der dem Song ein bisschen von seiner Verrücktheit leiht.
Infidelix - Fiction
Schon die ersten Beats von "Fiction" klingen nach Gangsta, Dope und Bitches. Eine extrem ruhige - fast schon hypnotische - Stimme beginnt über klassische HipHop-Themen zu rappen. Sie erinnert ein wenig an Kendrick Lamar, bei dem sich Rapper Infidelix - wie er selbst sagt - einiges an Technik abgeschaut hat. Optisch könnten die beiden aber nicht unterschiedlicher sein: Infidelix, das ist der Typ mit dem roten Bart und der Bankangestellten-Brille, der ein bisschen aussieht wie ein rappender Louis C.K. Ein Mann mit zwei Gesichtern, der so einiges anders macht als seine Kollegen. Deshalb sucht man auch vergebens online nach Konzerttickets, denn am liebsten tritt der gebürtige Texaner in den Straßen von Berlin auf. Auch wenn die Polizei seine unangemeldeten Konzerte gerne mal auflöst - der 31-Jährige baut seine Anlage einfach woanders auf. Und das ist viel mehr Bad-Ass als mit Schmuck in die Kamera zu winken.
Woman - Touch (Roosevelt Remix)
Woman haben für ihren Track "Touch" tief in die 80er-Wave-Kiste gegriffen - jede Menge euphorischer Hallgesang und Synthie inklusive. Aber beim Remix von "Touch" hatte auch noch ein anderer die Finger im Spiel: Szenegröße Roosevelt ist für den Sound mitverantwortlich. Der hat den Song in einen weichen Wohlfühlumhang gehüllt - was quasi unter Nachbarschaftsdienst fällt, schließlich leben alle beteiligten Musiker in Köln. Aber wer sind jetzt diese drei Typen, die sich ironischerweise Woman nennen? Nach eigener Aussage sind Carlos, Milan und Manuel einfach nur drei sehr gute Freunde, die Musik machen und zusammen abhängen wollen. Ihre Musik ist nicht ganz so bescheiden und kann vor allem live so einiges. Erster Fixtermin für 2017: das Puls Open Air. Gut möglich, dass es bis dahin auch schon die erste LP gibt. Die haben Woman nämlich schon angekündigt.
Toothless - Sisyphus
Bassisten sind oft nicht die großen Rampensäue, sondern eher die introvertierten Denker, die gerne mal übersehen werden. Darauf hatte Tieftöner Ed Nash von Bombay Bicycle Club keinen Bock mehr und hat letztes Jahr seine eigene Band namens Toothless gegründet. Nicht als Nebenprojekt, sondern als Vollzeitband. Von neuem Enthusiasmus beflügelt, hat sich der Londoner sofort ans Werk gemacht. Sein Debütalbum "The Pace of Passing" kommt am 27. Januar. Die neue Single mit dem vielsagenden Titel "Sisyphus" hat so manche Ähnlichkeiten zu der griechischen Sage, in der Sisyphos einen Felsbrocken einen Berg hinaufrollt, nur um kurz vor dem Gipfel wieder von vorne zu beginnen. Die Indie-lastigen Musikparts laufen quasi in Endlosschleife, die Lyrics setzen immer wieder an der gleichen Stelle an: "If you ever let go my friend, we will have to start again." Passend dazu besteht auch das Musikvideo aus etlichen Retakes der immer gleichen Szene.