Tracks der Woche #44/16 CRX, Mainland, Andrew Applepie, Run The Jewels, Clock Opera
Die Tracks der Woche im Schulbus: die coolen Kids in der letzten Reihe, rebellierende Müttersöhnchen, ein Pokemon spielender Einzelgänger, zwei aufmüpfige Rowdys und introvertierte Vogelbeobachter.
Mainland - Permission Slip
Lasst euch von den hellen Gitarren und den euphorischen Hintergrundchören nicht täuschen, bei der Band Mainland ist kein Heile-Welt-Pop angesagt. Auch wenn "Permission Slip" musikalisch recht fröhlich daherkommt, kommen die vier Jungs aus Brooklyn inhaltlich eher aus der nihilistischen Ecke: "I’m pissed. I’m stripped of all my faith and everyone I miss", singt Jordan Topf in den ersten Zeilen. Genau diese Kombination aus Mitsumm-Hymne und tiefgründigem Text ist die Stärke der Newcomer. Ihr kommendes Debütalbum "Night Trials" haben Mainland in den legendären Sound City Studios in Kalifornien aufgenommen, wo auch schon Nirvana "Nevermind" eingespielt haben. Ob die Aura einer solchen Musikgröße bei der Aufnahme eines Albums hilft? Eine Prise Grunge-Attitüde haben Mainland schon abbekommen. Vollzeit-Rebellen sind sie aber dann doch nicht - wie die Fotos mit Mami und Freundin auf Jordan Topfs Instagram-Account zeigen.
Andrew Applepie - Pokemon in NYC
Für einen Soundtrack zum Pokemon-Fangen ist es jetzt, wo der anfängliche Hype vorbei ist, vielleicht etwas spät. Andrew Applepie hat sich trotzdem des Themas angenommen. Allerdings liegt das Hauptaugenmerk bei seinem Track "Pokemon in NYC" nicht auf dem Spielen der Niantic-App, sondern auf atmosphärischen Soundlandschaften. Andrew Applepie liefert liebevoll zusammengeschraubten Elektro-Pop, der sowohl abwechslungsreich als auch stimmig ist. 2015 erschien sein Album "Real Sweet". Seitdem stellt der Regensburger Klangbastler, seines Zeichens eine Hälfte der Indie-Lokalhelden Cat Stash, kontinuierlich neues Material online. Diese Tracks wiederum bekommen dank des New Yorker Filmemachers und Youtubers Casey Neistat auch gut Klicks: Der unterlegt seine Videos gerne mal mit Applepies Musik. Höchste Zeit also, dass der bekennende Rick-and-Morty-Fan auch hierzulande mehr Aufmerksamkeit bekommt.
Run The Jewels - Talk To Me
Nachdem Produzent El-P und Rapper Killer Mike an den Soloprojekten des jeweils anderen mitgearbeitet hatten und gemeinsam auf Tour gewesen waren, gründeten die beiden 2013 das gemeinsame Projekt Run The Jewels. Dessen Name entstammt einer Zeile aus LL Cool Js "Cheesy Rat Blues". Ihre ersten beiden Alben haben Run The Jewels zum kostenlosen Download angeboten und auch den ersten Track "Talk To Me" aus dem kommenden Album "RTJ3" gibt es wieder gratis im Netz. Darauf rappen die beiden gewohnt bissig über die aktuelle politische Lage in den USA: "Born black, that’s dead on arrival. My job is to fight for survival. In spite of these AllLivesMatter-ass white folk.". Ganz schön wütend, was Killer Mike da raushaut. Aber genau das ist der Ansatz der beiden US-Rapper: Dahingehen, wo es wirklich wehtut, anstatt über Bitches und Blingbling zu labern. Daher auch das etwas pathetische Interlude und die wütende Grundstimmung in "Talk To Me".
Clock Opera - Whippoorwill
"Whippoorwill" klingt erst mal nach einer seltsamen Wortneuschöpfung, ist aber der englische Begriff für die Schwarzkehl-Nachtschwalbe. Dieser unscheinbare Singvogel hat seinen lautmalerischen Namen - wie auch schon Kollege Kuckuck - durch seinen Lockruf bekommen. Und wenn Guy Connelly von Clock Opera im Refrain des gleichnamigen Songs den Namen des Vogels wiederholt, dann hat das tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Original. "Whippoorwill" stammt aus dem noch unveröffentlichten Album "Venn", das im Februar 2017 rauskommen soll. Clock Opera haben bereits angekündigt, dass Verlust und dessen Folgen das vorherrschende Motiv darauf sein wird. Auslöser für die sehr bedrückende Themenwahl war eine Fehlgeburt. Dementsprechend melancholisch und reduziert ist das Grundsetting von "Whippoorwill": Keyboard und Percussions lassen Connelys Falsettgesang den Platz, den er braucht, um eine vereinnahmende Stimmung aufzubauen.
CRX - Anything
In Indie-Kreisen sind die Mitglieder der Band CRX keine Unbekannten: Allen voran Leadgitarrist Nick Valensi von The Strokes, der sich zum singenden Frontmann gemausert hat. Aber auch Richie Follin von den Guards hat bereits ordentlich Banderfahrung. Da passt der Titel des Debütalbums "New Skin" ideal. Produziert hat die Platte übrigens Josh Homme von Queens Of The Stone Age - und das hört man ihr auch an. Bei so viel Musikgenius muss das Ergebnis ja ballern. Die Single "Anything" hat einfach alles: dominantes Schlagzeug, ausdrucksstarke Gitarrenriffs, Nick Valensis leicht verzerrten Gesang und ein so abruptes Ende, dass man sofort den Replay-Button drücken möchte.