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Ruhmeshalle Eminem - Slim Shady LP

Ende der Neunziger ist HipHop überall. Aber schnell hört sich alles gleich an. Die perfekte Zeit für einen weißen Jungen aus den Detroiter Slums, den ganzen HipHop-Zirkus einmal auf den Kopf zu stellen.

Von: Florian Nöhbauer

Stand: 26.02.2014 | Archiv

Pressefoto von Eminem | Bild: Universal Music

Ende der Neunziger ist HipHop längst Mainstream. Zwar nicht so Mainstream, dass jemand wie MF Doom Millionen Alben verkaufen würde, aber doch Mainstream genug, dass Rap überall ist: im Radio, im Jugendzentrum, in der Großraumdisse. Plötzlich rappt jeder und seine Mutter. Tausende neuer Bands schießen wie Pilze aus dem Boden und bekommen Plattenverträge. Aber das Problem ist: 1999 hört sich alles gleich an. Das perfekte Jahr also, um der Welt Eminem vorzustellen.

Alter Ego als Ventil für die Wut

Schon nach wenigen Zeilen weiß man: Das hier ist anders. Extrem wütend, übertrieben obszön, ultra-gewalttätig - aber dennoch irgendwie: ironisch. Um so zu werden, muss Eminem viel durchmachen. Er wächst in den Slums von Detroit auf, ohne Vater, bettelarm, und wird von seinen Mitschülern gemobbt. Mit 14 fängt er zu rappen an, hat endlich einen Traum - aber als er 1995 sein Debüt "Infinite" herausbringt, interessiert es keine Sau.

Eminem ist frustriert und wütend, fängt an Drogen zu nehmen und Alkohol zu trinken. Die Musik wird immer mehr zum bloßen Ventil für seine Wut. Um all die grausamen Dinge sagen zu können, die in seinem Kopf vor sich gehen, erschafft er sich schließlich ein Alter Ego: Slim Shady. Durch ihn kommen die kreativen Punchlines fast von alleine. Er nimmt nochmal eine EP auf, die dann bei einem Rap-Contest in den Händen von Interscope-Chef Jimmy Iovine landet. Dessen Kumpel Dr. Dre hat eigentlich noch nie mit jemandem zusammengearbeitet, den er nur von einem Demo kennt. Als er die "Slim Shady EP" hört, sind seine einzigen Worte: "Find him. Now."

Meister des schwarzen Humors

Dr. Dre ist vom Talent Eminems überwältigt und nimmt mit ihm "The Slim Shady LP" auf. Auch wenn er nur drei Stücke selbst produziert - er sorgt dafür, dass die Beats auf dem Album immer Raum für das wichtigste lassen: Eminems Texte. Es ist nicht nur raptechnisch das Beste, was man seit langem gehört hat - Eminem ist ein Meister des schwarzen Humors. Die "Slim Shady LP" trägt einen Hauch von dunkler Realität in sich, auf den die Leute 1999 gewartet haben. Es sind vor allem die Geschichten über sein White-Trash-Loser-Leben, mit dem sich viel mehr Leute identifizieren können, als mit dem Money-, Hoes- und Gangsta-Shit der anderen Rapper. Das Album wird ein Mega-Seller, bekommt vierfach Platin und bleibt über 100 Wochen in den Charts.

Aber: Der Erfolg ist gleichzeitig das Ende von Slim Shady. Denn die Massenmedien machen aus Eminem schnell einen Megastar. Und damit hat Eminem jetzt keinen Grund mehr, frustriert zu sein. Sein Alter Ego Slim Shady stirbt. Fortan dreht sich alles nur noch um ihn selbst: Marshall Mathers.


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