Ruhmeshalle Boards of Canada - Geogaddi
Als Boards Of Canada 2002 das Dreifach-Album "Geogaddi" herausbringen, hatten sie bereits Musikgeschichte geschrieben. Aber erst mit diesem Album kommen sie auf dem Höhepunkt ihres Schaffens an.
Die Musikpresse zeigte sich begeistert, rang jedoch nach Worten. Dieser seltsamen Platte war aber auch nur schwer beizukommen: Von "Liebesliedern für Androiden" war die Rede, oder von den "Seelen der Maschinen". Die Band selbst verweigerte jedwede Interpretation. Vielmehr stiftete sie noch absichtlich Verwirrung und fütterte die Öffentlichkeit mit verschwörungstheoretischen Fakten: das Album hatte man in einem Luftschutzbunker aufgenommen, im Artwork waren verdächtige Pyramiden versteckt - und dann ist "Geogaddi" auch noch genau 66 Minuten und 6 Sekunden lang. Dazu enthielt es unzählige Vocalsamples, die kein Mensch zuordnen konnte. So wurde es im Internet zu einer Art Sport, die Samples zu encodieren.
Bedrückend und euphorisierend
Und die Musik? Die ist bedrückend und euphorisierend zugleich. Seltsam entrückt und doch berührend. Nur, wie genau funktioniert das? Ist es das verschleppte Tempo? Oder sind es die seltsamen Kinderstimmen, die immer wieder erscheinen? Sind es die melancholisch im Raum hängenden Soundschwaden oder schlicht der Verzicht auf Tonarten?
Zerlegt man die Musik auf "Geogaddi" in ihre Einzelteile, versteht man diese Platte schon gar nicht mehr: zum Beispiel die Soundfläche. Die eiern auf "Geogaddi" oft so stark, dass man sich fühlt wie ein Kind, das zu lang Kettenkarussel gefahren ist. Dass man diese beschwipsten Sounds trotzdem gerne hört, dass das Ganze nie steif avantgardistisch rüberkommt, das ist eines der großen Geheimnisse von Boards of Canada.
"Geogaddi" ragt noch heute wie ein Monolith aus der Masse elektronischer Alben heraus. Hört man das Album am Stück durch, lässt es einen erschöpft zurück. Danach kann erstmal nicht viel kommen. Das wussten Boards of Canada wohl selbst: der letzte Track, "Magic Window", besteht aus zwei Minuten vollkommener Stille.