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Ruhmeshalle DJ Shadow - Endtroducing...

Der Albumtitel täuscht: "Endtroducing...", das Debüt von DJ Shadow, setzt keinen Schlusspunkt, es setzt neue Standards. Und für unsere Autorin war es die perfekte Einführung in eine ihr bis dahin verschlossene Welt.

Von: Bettina Dunkel

Stand: 30.09.2010 | Archiv

DJ Shadow alias Josh Davies aus Hayward, Kalifornien | Bild: 2006 Universal Int. Division

HipHop my ass. So ungefähr denke ich Mitte der 90er. Gangstarap feiert gerade seinen Siegeszug durch die Charts. Und Horden pubertierender Möchtegern-Zuhälter schlurfen mit schiefem Cappy und ihrer als Coolness fehlinterpretierten Selbstüberschätzung durch die Fußgängerzone. Für mich sind alle HipHopper damals goldbehängte Pseudogangster, deren Hang zur Selbstdarstellung alles andere überlagert. "Bleibt mir bloß weg mit eurem Scheiß", denke ich. Bis zu dem Zeitpunkt, als ich die Bekanntschaft mit DJ Shadow mache.

DJ Shadow ist vom Gangstarap ungefähr so weit entfernt wie ein homophober Westcoastrapper von der nächsten Christopher-Street-Day-Parade. Aber auch er macht irgendwie HipHop. Er vergöttert ihn sogar. Gleichzeitig hasst er ihn auch. Zumindest das, wofür er Mitte der 90er steht. Was das seiner Meinung nach ist, stellt er in dem 44-Sekunden-Track "Why HipHop Sucks in ’96" klar. Die einzige Textzeile, die in dem sanft groovenden Instrumentalstück zu hören ist, lautet: "It’s the money..."

Eine schallende antikommerzielle Ohrfeige

DJ Shadow geht in die Gegenoffensive. Sein Instrumental-HipHop ist eine antikommerzielle Ohrfeige, wie sie schallender nicht sein konnte. Für mich ist das eine Offenbarung. Denn "Endtroducing..." hilft mir dabei, meine HipHop-Vorurteile beiseite zu schieben und staunend zur Kenntnis zu nehmen: Das ist Kunst.

Auf "Endtroducing..." sampelt DJ Shadow, was das Zeug hält. Genau genommen sampelt der damals 24-Jährige ausschließlich: Filme, Fernsehserien, Interviews, Songs von Metallica, Björk, T.Rex, Roger Waters und Giorgio Moroder. Kein Ton, keine Silbe stammt von ihm. Dennoch schafft er ein nicht enden wollendes Kopfkino, das trotz einer Unzahl von ineinandergemixten Stilen und Textfragmenten wie aus einem Guss klingt. Und landet damit im "Guinness Buch der Rekorde": Für das erste Album, das nur aus Samples besteht.

Mit wenigen Worten viel sagen

Die Soundcollagen auf "Endtroducing..." sind hochkomplex und machen manchmal schier sprachlos. Passenderweise kommen sie auch ohne viele Worte aus. Denn Texte sind DJ Shadow, wie er selbst sagt, "zu beengend, zu spezifisch". Den wenigen längeren Textsamples auf seinem Debüt kommt deswegen tiefere Bedeutung zu: Er lässt andere für sich sprechen.

"Ich muss noch viel dazulernen. Ich bin ein Schüler. Und ein Drummer. Und auch ein Lehrer", heißt es im Song "Building Steam With A Grain Of Salt". Erkenntnisse, die bis heute Gültigkeit haben. Denn mit jeder Platte, die ein HipHop-DJ im Laden ausgräbt und hört, lernt er etwas dazu. Mit jedem Samplefetzen, den er daraus filtert, schafft er etwas Neues. Und mit jedem Stück, das er so zusammenschraubt, untermauert er seine These: Es gibt keine Grenzen im HipHop. Und keine Gesetzmäßigkeiten. Diese Lektion habe ich mit "Endtroducing..." gelernt.


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