Ruhmeshalle Hot Water Music – No Division
Herzblut und Männerschweiß, schön in die Fresse: Mit ihrem 99er Album "No Division" schaffen Hot Water Music aus Gainesville, Florida einen Kultklassiker im breiten Feld des Postwhatevercores.
Post-Punk? Postcore? Emo? Gainesville-Punk? Beardcore? All das sind die vier extrem gesichtsbehaarten und tätowierten Jungs irgendwie. Vor allem aber sind sie die in Szene und Kritikerkreisen nahezu kultisch verehrten Hot Water Music. Eine Band, die den einzigartigen Gainesville Punk-Sound in den 90ern nahezu im Alleingang prägt und zahlreiche nachfolgende Bands überdeutlich beeinflusst. Da wären unter anderem Against Me, Fake Problems, The Gaslight Anthem, Small Brown Bike oder Riverboat Gamblers. Plötzlich gibt es eine ganze Schwemme Epigonen, die so klingen wollen wie diese Band um die beiden Frontrauhhälse Chuck Ragan und Chris Wollard. Und das ist nur zu verständlich.
Melodien statt dauerndes Röhren
Herausragend in einer nahezu makellosen Diskographie ist dabei ihr 99er Album "No Division", produziert von der Hardcore-Legende Walter Schreifels. Im Gegensatz zu den Vorgängeralben erscheint "No Division" mitunter fast poppig. Zwar röhren Chuck und Chris auch hier noch immer alles in Grund und Boden was bei Drei noch nicht von der Tonleiter gepurzelt ist, aber die Songs verfügen nun auch über große Melodien, die nicht sofort, dafür aber umso nachhaltiger hängen bleiben. Es spritzt in gleichem Maße feuchter Männerschweiß wie Herzblut vergossen wird. Herausgerotzte, heiserne Vocals erzählen traurige Geschichten und umschlingen sich mit komplexen Akkordfolgen in selten gehörter Perfektion.
Dazu kommt das virtuose, unglaublich treibende Bassspiel von Jason Black. Die Folge? Große Gefühle, Tränen, wunde Kehlen und Hits ohne Ende. Hier wird eine Gänsehauthymne nach der anderen von der Rille gelassen. Das geht oft richtig schön nach vorn in die Fresse, wie beim Überklassiker "Free Radio Gainesville". Emotional bis zum Anschag aufgeladene Mitgrölrefrains lassen einen die Fäuste in die Luft recken.
Knochenknacken vor lauter Herzlichkeit
Unter anderem zu hören bei "It's hard to know" mit einer der schönsten Zeilen überhaupt: "Live your heart and never follow." Die Grundstimmung dieses Sounds irgendwo zwischen Fugazi, Jawbreaker und Leatherface bleibt in letzter Instanz immer von einer wohligen Melancholie geprägt. Immer dann wenn sich aus dem zweistimmigen Gröhlen plötzlich unfassbar schöne Melodien schälen, salutiert die gesamte Körperbehaarung. Das sind dann auch die höchst kathartischen Momente, die sich auf den legendären Konzerten der Band in irren Bildern manifestieren. Da liegen sich dann fremde Menschen schweißüberströmt in den Armen und singen, brüllen, gröhlen diese rauhen Songperlen wie aus einer Kehle. Vielleicht will man hin und wieder einfach mal von bärtigen, kräftigen Typen wie Hot Water Music in den Arm genommen werden. Da können vor lauter Herzlichkeit zwar auch schon mal die Knochen knacken. So lange es aber so gut tut wie bei dieser Band, ist das dann völlig egal.