Ruhmeshalle Neil Young - Harvest
Süße 26 war Neil Young, als er den größten kommerziellen Erfolg seiner Karriere landete. Ihm selbst war der Fame suspekt, Fans fanden das Album zu sehr Mainstream. Trotzdem: "Harvest" ist ein Meisterwerk.
Mit 26 steht man erst ganz am Anfang. Möchte man meinen. Neil Young allerdings hat mit 26 Jahren schon auf dem Buckel, was eigentlich für ein ganzes Leben reicht: Mehrere schwere Krankheiten hat er überstanden, ein Hinken bleibt ihm von der Kinderlähmung. Aus seiner kanadischen Heimat ist er ins sonnige Kalifornien übergesiedelt, mitten in den Hippietraum der späten 60er. Er lernt Joni Mitchell kennen, Dennis Wilson, gründet die Folk-Band Buffalo Springfield. Mit Crosby, Stills & Nash spielt er vor 250.000 Menschen in Woodstock – ein prägendes Erlebnis.
Drei Soloalben und mehrere verflossene Bands hat Neil Young also schon hinter sich, als er im Februar 1972 das Album "Harvest" herausbringt. Seine Mitmusiker nennt er The Stray Gators. Mit ihnen schafft er einen neuartigen Indie-Pedal-Steel-Country-Sound, der seinen reduzierten Songs einen derart zurückgelehnten Rahmen gibt, der auch dem breiten Publikum gefällt. Mit "Harvest" trifft Neil Young ins Herz der Massen. Es wird das bestverkaufte Album des Jahres 1972 in den USA und enthält seinen einzigen Billboard-Nummer-Eins-Hit ever: "Heart Of Gold".
Und wie das immer so ist mit kommerziellem Erfolg: Natürlich gibt es auch die, denen das nicht gefällt, denen Durchbruch zu sehr nach Ausverkauf riecht. Gerne wird "Harvest" als das seichte Hitalbum abgetan. Doch damit tut man ihm unrecht. Klar, sogar das London Symphony Orchestra hat Young für ein paar Songs verpflichtet. Doch "Harvest" enthält eben einfach die Songs, die im Gedächtnis und im Herzen bleiben.
"Old Man" zum Beispiel, das Lied, das sich an den Verwalter seiner Broken Arrow Ranch richtet, und natürlich "The Needle And The Damage Done", den Song über die zerstörerische Kraft der Drogen, die so viele befreundete Musiker kaputt gemacht haben. Young widmet ihn Danny Whitten, dem heroinabhängigen Gitarristen seiner Band Crazy Horse. Wenige Monate später stirbt Whitten an einer Überdosis.
Was danach geschah? Neil Young ist selbst eingeschüchtert von dem Hit-Erfolg. Seine nächsten Alben "Tonight's The Night" und "On The Beach" sind deutlich düsterer, verschrobener. Trotzdem sagte Neil Young selber einmal zum NME: "Ich glaube, 'Harvest' ist wirklich mein bestes Album." "Harvest" macht Neil Young weltberühmt. Dennoch verliert er keinen Funken seiner Credibility. Als "Godfather of Grunge" ist er erklärtes Vorbild von Bands wie Sonic Youth und Pearl Jam, Kurt Cobain zitiert ihn sogar in seinem Abschiedsbrief. Bis heute ist Neil Young einer der Größten, die wir haben.