Ein Abschiedsbrief von Sportflo Ade, liebes Atomic Café!
Eine Ära geht zu Ende: Das Atomic Café in München schließt - ein für allemal. Für Flo Weber von den Sportfreunden Stiller war der Club "stets mehr als nur ein Gefährte". Ein Abschiedsbrief mit "glitzernden Augen".
Liebes Atomic Café,
die Tatsache, dass du von uns scheidest, hinterlässt in mir Wehmut und Sehnsucht, aber keine Bitterkeit. Viel zu tolle, eindringliche und unwiderrufliche Herzenserinnerungen hängen Dir nach. Und Du warst für mich stets mehr als nur ein Gefährte. Ich bezeichne Dich als Freund, weil du mich stütztest, in lustigen wie in brutalen Momenten. Du warst für mich Inspirator, weil ich in Dir tausende Bands und abertausende Menschen kennenlernen durfte, samt deren Kunst, Einstellungen und Perspektiven.
Ich kenne Dich als Geldgeber, da ich Dein angestellter Barmann war, mit den beiden stets äußerst lässigen Chefs und Visionären, wie als Geldnehmer, da ich an Nichtarbeitstagen Dein bester Gast war. Und als Vernichter, denn in keinem anderen Schuppen dieser Stadt liegen mehr Gehirnzellen mit meiner DNA verstreut als in Dir.
Und welch wunderbare Geschichten wir in Dir erleben durften. Ich erinnere mich gerne an meinen ersten Arbeitstag, Deinen Eröffnungstag und die Erkenntnis, hier entsteht etwas sehr Besonderes. An unsere vielen Konzerte, mit diversen Sportfreundebesetzungen - mit Bassist Flo Zwietnig, mit Bassist Rüde the Rover, mit einer Weihnachtsshow des absoluten Wahnwitzes, mit Mohag, der Müll-Trashset-Ausgabe der Sportfreunde. An Bolzplatz Heroes, die hier ihr Debüt feiern durften, samt der dazugehörenden Fassungslosigkeit des Publikums.
Hinten im rechten Eck der großen Bar, an Freitagabenden auch das Webereck genannt, waren stammtischartige Szenen zu erleben. Dazu die wilden und letztlich haltlosen DJ-Abende unseres großen Britpope Marc, dessen Shows die Anwesenden Atomicjünger staunend, raunend, brüllend, tanzend und schwitzend zurückließen. Unvergesslich auch das eng geführte Gespräch mit Brian Molko, das für explosiven Gesprächstoff sorgte. "Brian Molko von Flo Weber schwanger?" prangte am nächsten Tag über der Titelseite eines Münchner Tagblattes.
Tatsächlich, es wurde sich in Dir stets in den Armen gelegen. Nur in wenigen Fällen (ich glaube, es waren zwei) war ich mich mit einem Deiner Gäste uneins und ein kleiner Tanz der Textiltestung legte sich über die Szenerie.
In einem der großen Pokale, die auf der Cocktailbarvitrine glänzen, liegt immer noch ein zerrissenes Unterhemd von mir begraben. Ergebnis einer überschwänglichen und irrsinnigen Abschlussfeierei im Jahre 2009 der besten Fußballmannschaft des Universums, Deines Hauseigenen Clubs Atomic Allstars, dessen Stürmer ich sein darf. Diesem Verein ist es zu verdanken, dass ich auch in späteren Jahren immer wieder den Weg an eine Deiner Bars fand - um in gebrechlichem Gewand an alte Zeiten anzuknüpfen. Aber ich nahm auch aus Dir zum Beispiel die Frau meines Lebens. Hierfür gebührt Dir mein allergrößter Dank.
Ich will nicht wissen, wie oft ich lachend und fantasierend Arm in Arm mit Rüde oder Peter neue Sportfreundepläne schmiedete, wie oft ich mit geistigen Hochkarätern philosophierte und mit meinen engsten Freunden und Verwandten in wohligen Ecken über unsere Lebenswege diskutierte.
All diese Erinnerungen und Erlebnisse flattern empor und drücken mir eine Träne aus meinen glitzernden Augen.
Atomic Café, du mein Liebes, gehe hin in Frieden - oder auferstehe an einem anderen Ort! Weil, Dein Stürmer bin ich immer noch, ob Zelte aufgebaut oder zusammengelegt.
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Olli, Mittwoch, 03.Dezember 2014, 22:26 Uhr
1. Vielen Dank!
Vielen dank für diesen wunderbaren Einblick auf die andere Seite vom Atomic und die wunderbaren Abschiedsworte!
Auf ein paar schöne letze Tage in diesem wunderbaren Club!