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Au-pairs erzählen "Es gab nicht genug zu essen für mich"

Es klingt perfekt: Nach der Schule ab ins Ausland, finanziert durch die Arbeit als Au-pair in einer netten Familie - wenn nicht viele Gasteltern Au-pairs als billige Arbeitskräfte missbrauchen würden. Sechs unschöne Berichte.

Von: Tobias Krone

Stand: 13.02.2018 | Archiv

Anna | Bild: privat

Eigentlich eine coole Sache: Nach der Schule ab ins Ausland gehen, um eine fremde Sprache und Kultur kennenzulernen, finanziert durch die Arbeit als Nanny von süßen Kids. Doch die Realität ist oft ziemlich frustrierend: Au-pairs werden schlecht behandelt und oft zu noch viel mehr Arbeit verdonnert als im Vertrag steht. Dagegen wehren sich jetzt über 90.000 ehemalige Au-pairs in den USA vor Gericht. Das zeigt: Au-pair-Mädchen und -Jungs machen häufig schlechte Erfahrungen in ihrem Auslandsjahr – und das nicht nur in den Vereinigten Staaten. Sechs Au-pairs haben uns von ihrer Zeit in Gastfamilien erzählt.

Linda, 24, war Au-pair in Chicago, USA

"Ich war bei einer Familie, die ziemlich viel Geld hatte. Sie haben sich wohl gedacht: Für ihr Geld kann unser Au-pair-Mädchen mal ordentlich was tun. Ich habe 40 bis 60 Stunden in der Woche gearbeitet, auch am Wochenende. Klar, die vierjährigen Jungs, Zwillinge, von der Schule abholen, für sie kochen – das macht man ja gern und das gehört zum Job. Aber nebenbei musste ich auch die Hunde zum Friseur bringen, das Auto putzen und mir abends Geschichten anhören, die ich gar nicht hören wollte. Der Vater war überfordert mit seinen eigenen Kindern, hat abends öfter einmal zur Flasche gegriffen und seinen Unmut über seine Kinder geäußert. Damit konnte ich mit 18 Jahren schlecht umgehen. Einer Freundin von mir ging es noch schlechter: Sie hatte eine Gastmutter, die auf die Milchpackung jeden Morgen Markierungen machte – und sie bei übermäßigem Milchverbrauch drauf angesprochen hat. Das war schon sehr krass."

Melina war Au-pair in Manchester, England

"Meine Gastmutter war eigentlich den ganzen Tag zu Hause und hat sehr stark kontrolliert, was ich mache und wie ich es mache. Ich sollte auch Autorität gegenüber den Kindern haben, aber sobald ich mal "nein" gesagt habe oder einmal die Stimme angehoben habe, wurde ich vor den Kindern immer runtergemacht, dass das nicht meine Position sei. Wenn ich in meinem Zimmer war, hat sie es nicht gern gesehen, wenn meine Tür zu war. Eigentlich sollte sie nur nachts geschlossen sein. Wenn die Familie aber Besuch hatte, dann sollte ich nicht zu sehen sein und am besten das Haus verlassen." 

Anna, 22, war Au-pair in Marseille, Frankreich

"Das Allerschlimmste war eigentlich der Schimmel in meinem Zimmer, dem konnte ich beim Wachsen zuschauen. Ich habe in einem ausgebauten Gartenhaus gewohnt – und durch das undichte Dach ist das Wasser reingelaufen. Das hat meine Gasteltern überhaupt nicht gekümmert. Auch Essen gab es nicht genug für mich. Normalerweise muss die Gastfamilie für die Verpflegung sorgen, aber im Kühlschrank war meist nicht genug für mich da. In Frankreich arbeiten die Eltern oft beide. Und dann holt man sich eine "Nounou", eine Tagesmutter. Das Problem ist: Tagesmütter sind teuer, Au-pair-Mädchen die billige Alternative. Das hat mir meine Familie auch ins Gesicht gesagt. Als ich nach zwei Monaten mit meinem Gastvater über die Probleme sprechen wollte, schrie er mich an, nahm mir meine Simkarte und Geld ab. Am nächsten Morgen bin ich mit dem ersten Zug nach Hause gefahren." 

Lena, 25, war Au-pair in den USA

"Leider hatte ich nicht die beste Erfahrung und habe drei Mal (!) die Familie wechseln müssen. Beim ersten Mal hat mich meine Gastmutter nach vier Tagen in der Familie rausgeschmissen, weil ich ihr die Wäsche nicht ordentlich genug gefaltet und eingeräumt hatte und ihr "alles" einfach zu chaotisch war. Beim zweiten Mal war meine Gastmutter alkohol- und tablettensüchtig und sogar in der Psychiatrie. Ich war die Ersatzmutter der Kinder, das hat sie nicht verkraftet und dann Dinge über mich erfunden. Meine Betreuerin hat mich dann zum Glück dort rausgeholt. Ich konnte dann nur noch unter Polizeischutz in die Wohnung, um meine Sachen zu holen. Bei meiner letzten Familie, war ich die Putzfrau der Kinder. Meine Gastmutter wollte nicht, dass ich eine Bindung zu den Kindern aufbaue. Ich musste einmal am Tag Wäsche waschen, Betten neu beziehen, deren Kleidung rauslegen und falten. Manchmal ist die Mutter einfach mit den Kindern zum Strand gefahren und ich konnte mit den Hunden rausgehen." (via WhatsApp)

Max, 24, war Au-pair in Baltimore und Philadelphia, USA

"Neben Aufräumen und viel Wäsche waschen, habe ich natürlich auch die Garage aufgeräumt, habe teilweise die Autos gewaschen und den Pool geputzt. Ich persönlich hatte aber nie ein Problem damit, weil es für mich beim Au-pair-Dasein um das große Ganze geht. Das hat ja auch was mit Sympathie zu tun und nicht nur mit Aufgaben, die im Au-pair-Vertrag stehen. Und um ein wirklich gutes Au-pair zu sein, also quasi ein guter großer Bruder, wollte ich mich natürlich auch im Haushalt einbringen und ihnen Last von den Schultern nehmen. Denn dazu war ich ja da."

Anna, 29, kam aus Russland als Au-pair nach Deutschland

"Ich habe für Kost und Logis während meines Studiums in Deutschland bei einer alleinstehenden Mutter gewohnt und war als Gegenleistung Au-pair für ihren Sohn. Wir lebten schon so freundinnenmäßig zusammen. Als nach drei Jahren ihr neuer Lebenspartner einzog, hatte ich zwei (!) Wochen, um auszuziehen. Ich konnte das verstehen, dass ich nicht in die neue Beziehung der Gastmutter passte, aber dass das so schnell ging, war hart für mich. Ich kam gerade so in einem Notzimmer in einem Studentenheim unter. Auch den Jungen, auf den ich aufgepasst hatte, hat der schnelle Abschied getroffen. Wir haben uns wirklich gemocht."

Sendung: Filter, 13. 2. 2018, ab 15 Uhr