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"Bändern" in Freiburg Wie Studenten in der Mensa gegen Lebensmittelverschwendung kämpfen

Carlotta Krone und ihre Unifreunde gehen regelmäßig "Bändern" und fragen in der Mensa nach übrig gebliebenem Essen. Nun will das Studentenwerk ihnen das plötzlich verbieten.

Von: Matthias Hacker

Stand: 30.11.2016 | Archiv

Jonathan Frey und Carlotta Krone halten in Freiburg (Baden-Württemberg) Tabletts mit Essen.  | Bild: picture-alliance/dpa

Beim Containern klettern Leute in Mülltonnen von Supermärkten oder Restaurants, um weggeschmissenes Essen zu retten. Das wissen wir. Aber was ist denn bitte Bändern? Und warum soll es jetzt verboten werden? Carlotta Krone ist eine von knapp 40 Studenten an der Uni Freiburg, die regelmäßig bändern.

PULS: Wir kennen Containern, aber was genau ist Bändern?

Carlotta: Normalerweise ist es so, dass Studenten in der Mensa ihr Tablett inklusive Teller auf einem Band ablegen. Beim Bändern nehmen wir einfach das Tablett, bevor es von der Mensa verschlungen wird. Wenn das Essen lecker aussieht, essen wir die Reste auf. Manchmal sprechen wir die Leute auch direkt an, ob wir ihre Reste haben können.

Seid ihr einfach arme Studenten, die sich die Mensa nicht leisten können, oder warum habt ihr damit angefangen?

Ja richtig, Mama und Papa: Ich brauche mehr Geld! Nein, im Ernst: Es gibt viele Gründe, warum ich angefangen habe. Am wichtigsten ist die Lebensmittelverschwendung, die ich schockierend finde. Täglich wird sehr viel weggeschmissen und habe ich mir gedacht, das kann ich ja auch selber essen. Gleichzeitig ist es natürlich auch gut, um Geld zu sparen und man hat jeden Tag ein kleines soziales Event. Man trifft sich immer mit mehreren am Band und isst dann zusammen in der Mensa.

Bisher ist das Bändern vom Studierendenwerk toleriert worden, jetzt aber nicht mehr. Was haben sie dagegen?

Vor ungefähr einem Jahr haben sie schon Trennwände aufgestellt, ohne eine wirkliche Begründung. Die haben wir dann einfach weggestellt und weitergemacht. Aber jetzt ist es auf einmal so, dass sie Abdeckungen über den Bändern installiert haben und man das Tablett nur noch an einer Stelle abgeben kann. Aber auch das hat uns bisher nicht wirklich daran gehindert, weiter zu bändern.

Warum machen sie das ? Geht es ums Geld, weil weniger Essen verkauft wird, das ihr normalerweise bezahlen würdet?

Ich hoffe, dass es darum nicht geht. Die Begründung ist anscheinend, dass rechtlich nicht ganz klar ist, wem das Essen genau gehört, sobald es abgelegt wurde. Also, ob die Mensa verantwortlich wäre, wenn wir uns zum Beispiel Krankheiten holen.

Und wenn euch Studenten freiwillig ihre Reste geben? Kann das auch verboten werden?

Wenn wir die Studenten direkt fragen und die uns das Essen geben, bevor sie es aufs Band stellen, können sie es uns nicht verbieten. Ich glaube, dass es beim Essen auf dem Band ein bisschen schwieriger ist, weil nicht geklärt ist, wem es genau gehört. Das könnten sie uns vielleicht verbieten. Wir versuchen aber, trotzdem weiterzumachen.

Ehrlich gesagt, klingt es schon ein bisschen eklig. Ist euch schon mal schlecht geworden?

Ich kann diesen Ekel schon verstehen. Hatte ich auch, bevor ich es das erste Mal gemacht habe. Aber man verliert sehr schnell die Hemmung, weil man direkt sieht, von wem das Essen kommt. Und fast immer sieht es auch noch appetitlich aus. Wenn nicht, dann muss man es ja nicht nehmen. Schlecht geworden ist mir bis jetzt nur, wenn ich zu viel gegessen habe.

Wie kommt das Bändern bei den anderen Studenten an? Kommen mehr Leute zu euch und wollen mitmachen?

Innerhalb des letzten Jahres sind mehr dazugekommen. Ich rede aber auch oft übers Bändern. Vielleicht kommen einfach mehr Leute, weil ich es so vielen erzähle.


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