Dating-Trend "Benching" Die fiese Kunst des Warmhaltens
Mal ne SMS, mal ein kurzer Anruf. Aber zu einem richtigen Date kommt es nie? Obacht! Da wird wohl gerade gebencht. Wir erklären euch, warum das Auf-die-lange-Bank-Schieben der direkte Weg in die Dating-Hölle ist.
Jemanden auf die lange Bank schieben, am Haken haben, sich warm halten oder sich ein Hintertürchen offen lassen – etliche Redewendungen für ein Phänomen: Benching.
Zum Benching gehören immer Zwei: Der Eine will mehr, der Andere weiß das, hat aber kein ernsthaftes Interesse. Doch anstatt das ehrlich zu sagen, wird gebencht. Eine Nachricht hier, ein netter, aber unverbindlicher Post da – all das macht Hoffnungen auf ein Treffen, ein näheres Kennenlernen oder vielleicht auf die große Liebe. Zumindest auf der einen Seite. Für die andere Seite dagegen bahnt sich da nichts Ernstes an.
Klingt grausam, gehört aber genauso zum Datinggame wie Schmetterlinge im Bauch und Tinder. Und eigentlich haben wir das alle schon mal gemacht oder sind Opfer eben dieser Masche geworden. In Zeiten von Tinder und Co. kommt man an potentielle Bencher oder Benchingopfer noch leichter heran. Auch Theresa aus Bayreuth und Alina aus München haben Erfahrungen in Sachen Benching gemacht. So viel kann man verraten: Schön war‘s nicht.
Theresa, 23 – die Bencherin
"In der Schule gab es diesen Typen und ich habe zwischen uns schon gewisse Vibes gespürt - und jeder andere auch. Von denen habe ich dann gehört: 'Der möchte was von dir.' Ich hab geantwortet, dass wir nur gut befreundet sind. Und das war auch so, von meiner Seite. Dass es bei ihm um mehr geht, habe ich eigentlich schon länger gewusst und trotzdem gesagt: Ich lass das jetzt einfach mal drauf ankommen.
Und dann kam natürlich der wirklich schlimme Moment, an dem er mir seine Gefühle gestanden hat. Eine Scheißsituation für mich, dem anderen zu beichten, dass ich eben nicht so auf ihn stehe. Er fand das natürlich super scheiße und hat mich leider auch beschimpft. Nach dem Motto: 'Du bist schlimmer als jede Schlampe, weil du das nette Mädchen von nebenan bist, bei der man das nicht erwartet, während man bei Schlampen genau weiß, worauf man sich einlässt.' Mein Fazit: Ich würde es nie wieder machen, auch niemandem empfehlen. Aber man macht es halt trotzdem, weil es einem total schmeichelt ."
Alina, 23 – erst Gebenchte, dann Bencherin
"Ich habe einmal einen DJ wahnsinnig angehimmelt. Das dauerte zwei Jahre lang, und ich dachte immer, dass er mich nicht wahrgenommen hat. Aber tatsächlich hat er irgendwann seine Freundin für mich verlassen! Dann hat er alles gegeben, dass ich ihn wahrnehme, was ich natürlich schon lange getan hab. Das Schlimme ist: Ich habe ihn jahrelang angehimmelt, den Unerreichbaren. Und als ich ihn haben konnte, war er uninteressant. Drei Jahre lang ist er mir noch hinterher gelaufen. Ich wollte aber gleichzeitig auch die Aufmerksamkeit genießen. Er war ja schon ein schöner Mann, aber auf einmal hat er mich nicht mehr interessiert. Heutzutage hasst er mich wahrscheinlich mehr als alles andere auf der Welt und ich fühle mich auch jedes Mal schlecht, wenn ich die Geschichte erzähle. Ich würde es echt nicht mehr machen, das geht nie gut aus."
Kleines Ego führt zur Bench-Spirale
Sexualtherapeutin Andrea Bräu sagt: Der Kern der Sache liegt beim Benchen nicht darin, dass der Andere nicht der Richtige ist. Viel eher geht es darum, keine Entscheidungen treffen zu können. In diesem Fall: Für oder eben gegen eine Person. Und zum anderen: Nicht nur der, der sich benchen lässt, hat ein Problem mit seinem kleinen Ego. Auch der Bencher, der ja eigentlich in der Machtposition ist, schwächelt in Sachen Selbstwertgefühl.
Wer selbst unsicher ist, bencht eher – und verunsichert dadurch den Anderen in dessen eigenem Selbstbild, so dass der dann ebenfalls wieder jemanden zum Verunsichern braucht. Großartig. Eine riesengroße "Bench-Spirale", die abwärts in den Dating-Abgrund führt.
Der erste Schritt dagegen: Erkennen, dass man gerade Mist baut oder, dass jemand gerade Mist mit einem macht. Danach ist Ehrlichkeit angesagt. Wenn man ehrlicher zu sich selbst ist, merkt man eigentlich schnell, ob der Angehimmelte wirklich auch von Herzen gewollt ist. Oder ob man nach der zehnten Absage-SMS immer noch wirklich Feuer und Flamme für den Anderen ist. Und falls es sowas wie Karma gibt, werden wir dann alle hoffentlich nicht mehr auf die lange Bank geschoben.