FAQ: Hanfcremes und Cannabis-Tees Warum CBD zwar harmlos, aber trotzdem verboten ist
Es gibt sie in Hanfläden oder im Drogeriemarkt: Tees, Kekse oder Cremes mit Cannabidiol, kurz CBD. Sogar die Staatsanwaltschaft hält es für harmlos. Trotzdem sollen Händler verklagt werden. Wir erklären, warum.
Wenn insgesamt 180 Polizist*innen sich gleichzeitig acht Hanfshops vornehmen und kiloweise Produkte mitnehmen, dann heißt das was. Die Nachricht von den Münchner Razzien Mitte April hat viele alarmiert. Warum geht die Polizei so krass vor? Und was heißt das für die CBD-Produkte, die schon gekauft wurden? Wir erklären die wichtigsten Facts.
Macht CBD high?
Nein, denn es enthält sehr wenig vom Cannabis-Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC). Sogar die Staatsanwaltschaft schätzte gegenüber der Süddeutschen Zeitung CBD als "kaum psychoaktiv" ein. Es wirkt entspannend und hilft gegen Übelkeit.
Warum dann so eine krasse Polizeirazzia?
Dahinter steckt die Staatsanwaltschaft München I. Und die interessiert sich nicht für die Wirkung von CBD, sondern für das Betäubungsmittelgesetz. Dass es für den Verkauf von CBD-Produkten eine Ausnahme gibt, hilft dabei wenig. Die Ausnahme besagt, dass Cannabis-Produkte vom allgemeinen Marihuana-Verbot ausgenommen sind, wenn sie aus dem Anbau in Ländern der EU kommen, wenn ihr THC-Gehalt unter 0,2 Prozent bleibt. Soweit so problemlos. Diese Punkte erfüllen die Verkäufer in der Regel. Aber es gibt noch eine Bedingung: Es darf nur zu "gewerblichen oder wissenschaftlichen" Zwecken weitergegeben werden – zum Beispiel, um das Hanf zu einem Seil weiterzuverarbeiten oder um damit zu forschen. "Auf gar keinen Fall von der Strafbarkeit ausgenommen ist die Abgabe an den Endverbraucher, sprich den Konsumenten, wenn man so will", sagt Oberstaatsanwalt Marcus Paintinger.
Was ist das Problem mit CBD-Cremes?
Auch sie können kleine Mengen an THC enthalten und werden von der Staatsanwaltschaft München verfolgt. Denn sie sieht die Möglichkeit, dass sich Leute das THC theoretisch über einen chemischen Prozess rausextrahieren, mit dem Ziel, das dann auch einzunehmen, um high zu werden.
Warum waren sich die Hanfläden eigentlich bis jetzt so sicher?
Für die CBD-Ausnahme vom Cannabisverbot haben die Produkte sonst alle Vorgaben erfüllt. Zum Beispiel, dass das CBD aus zertifiziert europäischem Saatgut sein muss oder dass der THC-Gehalt unter 0,2 Prozent ist. Denn ein bisschen THC ist auch in den weiblichen Blüten drin. Doch was die Staatsanwaltschaft stört: Sie verkaufen es dann eben an Konsumenten weiter. Und bei denen könne man nicht garantieren, dass sie sich nicht halt doch zum Beispiel das THC aus einer Creme chemisch herausextrahieren und das dann konzentriert zu sich nehmen, um davon high zu werden.
Es gibt die CBD-Produkte ja schon länger. Warum geht die Staatsanwaltschaft gerade jetzt dagegen vor?
Die Staatsanwaltschaft sagt, Polizisten hätten bei Personenkontrollen in den letzten Monaten immer wieder solche Produkte gefunden – auch bei Minderjährigen. Und "das hat das Verfahren hier ins Rollen gebracht", erklärt Oberstaatsanwalt Marcus Paintinger.
Wie sehen das die Verkäufer?
Beim Deutschen Hanfverband, wo die Händler organisiert sind, differenziert man zwischen den CBD-Blüten und den Produkten, die daraus gemacht werden. Nur bei den Blüten könne man das Gesetz so interpretieren wie die Staatsanwaltschaft, sagt Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband. Er sei aber gespannt, wie die Richter am Ende entscheiden. Für Cremes, Kekse oder Nahrungsergänzungsmittel mit CBD gelte das Gesetz nicht. Der Hanfverband hält die Razzien mit den insgesamt 180 Polizisten in Bayern für "nicht verhältnismäßig".
Werden die Händler jetzt angeklagt?
Noch ermitteln die Staatsanwälte, aber ihr Ziel ist es, die Händler wegen unerlaubten Verkaufs von Betäubungsmitteln anzuklagen. Oberstaatsanwalt Paintinger meint dazu: "Man kann sagen, dass der Verkäufer wie so eine Art Dealer am Hauptbahnhof handelt."
Und das ist nicht ohne. Die Strafhöhe fürs Dealen geht bei einem Jahr Gefängnis los – wenn das Gericht die Meinung der Staatsanwälte teilt. Doch bei der Strafhöhe käme es dann auch auf die THC-Menge an, die tatsächlich in den Produkten drin ist. Drogenfahnder analysieren momentan jede beschlagnahmte Packung einzeln. Es dauert also noch ne Weile, bis die Prozesse losgehen. Interessant dürfte es sein zu sehen, wie hoch die Strafen sind. Und ob die Gerichte gegen eine Hanfshop-Besitzer*in genauso hart entscheiden wie gegen einen Dealer, der reines Gras verkauft.
Und was passiert mit Leuten, die solche Produkte gekauft haben?
Sie können theoretisch auch eine Anzeige kriegen, wegen unerlaubtem Besitz von Drogen. Wer solche Produkte bei sich trägt, sollte also im Hinterkopf haben, dass die Polizei bei einer Kontrolle das Drogengesetz in der Regel ähnlich interpretiert wie die Staatsanwaltschaft.
Sendung: PULS vom 09.05.2019, ab 15 Uhr