Endometriose "Die meisten Frauen bemerken die Krankheit erst, wenn sie Kinder bekommen wollen"
Frauen, die Endometriose haben, leiden während ihrer Periode unter unglaublichen Schmerzen. Viele wissen aber gar nicht, dass sie die Krankheit überhaupt haben, denn meist vergehen Jahre, bis die sie erkannt wird. Wir haben mit einer Ärztin gesprochen.
Etwa jede zehnte Frau in Deutschland ist laut der Endometriose Vereinigung von Endometriose betroffen. Das bedeutet, dass die Gebärmutterschleimhaut nicht nur in der Gebärmutter, sondern auch an anderen Orten anwächst. Das verursacht vor und während der Periode unglaubliche Schmerzen. Viele Frauen lassen sich aber erst sehr spät behandeln, weil die Krankheit oft erst nach Jahren festgestellt wird.
Dr. Linda Hertlein ist Oberärztin an der Frauenklinik der LMU und sagt: Viele Frauen gehen erst dann zum Arzt, wenn es mit dem Kinderkriegen nicht klappt.
PULS: Was ist Endometriose eigentlich ganz genau?
Dr. Linda Hertlein: Bei der Endometriose befindet sich die Gebärmutterschleimhaut, die ja monatlich während der Periode abblutet, an der falschen Stelle. Dann ist die Gebärmutterschleimhaut nicht in der Gebärmutterhöhle, wo sie hingehört, sondern in der Bauchhöhle, an den Eierstöcken oder der Blase – die Schleimhaut ist dann quasi falsch angewachsen. Diese Schleimhaut baut sich genauso wie die Gebärmutterschleimhaut zyklisch auf und verursacht dann bei den Frauen jeden Monat sehr starke Schmerzen.
Wie kann man denn rausfinden, ob man wirklich Endometriose hat - oder einfach nur sehr starke Regelschmerzen?
Das ist gar nicht so einfach. Bei Endometriose ist es aber meist so, dass die Frau etwa drei Tage vor der Periode schon starke Unterbauchschmerzen hat. Andere Symptome wären Schmerzen beim Wasserlassen oder beim Geschlechtsverkehr kurz vor der Periode. Oder eben, wenn die Frau Probleme hat, schwanger zu werden. Warum das so ist, ist zwar noch ungeklärt - allerdings hat man festgestellt, dass es nach einer OP, bei der die Endometriose entfernt wurde, dann wieder leichter geht.
Wie lässt sich Endometriose behandeln?
Wichtig ist erst mal ein Frauenarztbesuch. Da muss der Arzt dann einerseits gynäkologisch untersuchen, aber am besten auch über den Darm der Frau tasten. Das ist zwar unangenehm, gehört aber dazu, denn man kann Endometriose-Knötchen oft in der Scheide oder im Darm tasten. Dann wird außerdem ein Ultraschall gemacht, denn Endometriose kann an den Eierstöcken Zysten verursachen.
Man muss aber auch ehrlich sagen, dass der Arzt das alles gemacht haben kann – ohne Fund – und dennoch hat die Patientin Endometriose. Denn gerade die Endometriose am Bauchfell kann man in einer gynäkologischen Untersuchung eigentlich nicht erkennen. Dann wird meist die Antibabypille verschrieben. Die sollte durchgenommen werden, also ohne Pause. Denn wenn die Beschwerden dadurch besser werden, ist das ein sehr guter Hinweis darauf, dass eine Endometriose dahintersteckt.
Wenn Endometriose dann feststeht, entfernt man in einer OP das angewachsene Gewebe. Aber selbst nach der OP wird meist weiterhin die Pille verschrieben, denn sie regelt das Östrogen runter und verhindert so die Neubildung des Gewebes. Dennoch: Endometriose ist eine chronische Krankheit und kann immer wieder kommen.
Wieso wird bei sehr vielen Frauen Endometriose erst so spät erkannt?
Die meisten Frauen, die mit Beschwerden zu uns kommen, sind zwischen 25 und 35 Jahren alt. Das heißt, es sind meist Frauen, die bis zu diesem Zeitpunkt schon immer die Pille genommen haben und erst nach dem Absetzen dann die starken Beschwerden bemerken. Oder es sind Frauen, die Kinder bekommen wollen, es aber nicht klappt. Das heißt dann, dass die Frauen wahrscheinlich schon die ganze Zeit Endometriose hatten, es bloß später erst bemerken.
Mehr über Endometriose hör ihr in unserem Sexpodcast
Sendung: Im Namen der Hose, 08.09.2018