Illegale Inhalte auf Pornhub Sollten Pornoplattformen abgeschaltet werden?
Eine Petition fordert die Abschaltung von Pornhub, weil sie angeblich Menschenhandel, Kindesmissbrauch und sexuelle Ausbeutung fördert. Aber bringt das was? Und wie lassen sich Pornoplattformen sonst kontrollieren?
Eine Petition erhebt seit Anfang 2020 schwere Vorwürfe gegen Pornhub: Die Initiator*innen werfen der Pornoplattform vor, ihre Inhalte nicht ausreichend zu kontrollieren und so durch sexuellen Missbrauch Geld zu machen. Angeblich seien so hunderte Videos die Kindesmissbrauch, Opfer von Menschenhandel und Vergewaltigungen zeigen, auf der Pornoplattform gelandet, heißt es in der Petition.
Scharfe Kritik an Pornhub
Und tatsächlich haben Frauen in der Vergangenheit davon berichtet, dass Videoaufnahmen ihrer Vergewaltigung auf Pornhub hochgeladen worden seien. Eine 25-Jährige aus Ohio erzählte im Frühjahr 2020 der BBC ihre Geschichte: Angeblich reagierte Pornhub auf keine ihrer Bitten, das Video ihrer Vergewaltigung zu löschen. Zum Zeitpunkt der Aufnahmen war sie minderjährig. Erst nachdem sie sich als Anwältin ausgab und mit rechtlichen Konsequenzen drohte, soll Pornhub den Inhalt gelöscht haben.
Ende 2019 gewannen außerdem 22 Frauen in San Diego einen Multi-Millionen-Dollar-Prozess gegen die Website Girls Do Porn. Deren Inhalte waren auf Pornhub verfügbar, Girls Do Porn wurde kurz nach dem Prozess eingestellt. Die Klägerinnen hatten den Besitzern der Website vorgeworfen, dass ihre Videos gegen ihren Willen entstanden seien. Bis Pornhub die Videos schließlich löschte, soll es nach Urteilsspruch eine ganze Weile gedauert haben.
Kann es also tatsächlich sein, dass auch in Deutschland massig Videos von Kindesmissbrauch und Vergewaltigungen auf Pornoplattformen herumschwirren, aber keiner davon weiß? Diese Fragen zu beantworten, ist nicht leicht. Das Bundeskriminalamt konnte auf Anfrage von PULS dazu keine Aussage treffen. Ein Sprecher des Bayerischen Landeskriminalamts stellt zumindest für Bayern klar, "dass bislang kaum sexuelle Ausbeutung von Personen auf Pornoplattformen festgestellt werden konnte". 2019 seien außerdem nur sehr wenig kinder- und jugendpornografische Aufnahmen hergestellt und im Internet verkauft worden. Allerdings vermutet das LKA Bayern eine hohe Dunkelziffer.
Mehr Kontrolle in Bordellen als im Netz
Warum ist es so schwer, diese Dunkelziffer aufzudecken? "Man kann die Frau nicht fragen, ob sie das freiwillig macht. Man kann die Frau nicht überprüfen: Ist sie vielleicht schon als Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution bekannt", sagt André Weiße, Sachbearbeiter im Arbeitsbereich Menschenhandel und Ausbeutung beim LKA Bayern. In Bordellen nach Zwangsprostitution zu ermitteln sei leichter, weil man direkt mit potentiellen Opfern sprechen könne. "Da kann man viel besser auf die Frauen zugehen, Sachverhalte hinterfragen. Und das hat man mit Pornoplattformen alles nicht."
Dass dem LKA bislang fast keine Fallzahlen zu sexueller Ausbeutung auf Pornoplattformen vorliegen, bedeutet also nicht, dass an den Vorwürfen gegen Pornhub nichts dran ist. Aber "Pornhub zu schließen, würde alle diese Probleme nicht lösen, sondern die Inhalte irgendwo anders hinbewegen", sagt Madita Oeming. Sie ist Kulturwissenschaftlerin an der Uni Paderborn, wo sie zu Pornografie forscht. "Es gibt tausend andere Plattformen. Die Petition ist für mich eine sehr undurchdachte Aktion." Oeming kritisiert vor allem die Initiator*innen der Petition: die Organisation Exodus Cry.
"Christlich motivierter Anti-Porno-Aktivismus"
"Das sind sehr christlich motivierte, religiöse, konservative Gruppen aus den USA", sagt Oeming. Exodus Cry ist gegen LGBTIQ-Rechte, gegen Abtreibung und gegen sexuelle Aufklärung. Die Mitglieder betreiben laut Oeming Anti-Porno-Aktivismus: "Es gibt überhaupt keinen Raum für ethisch produzierte und konsensuell entstandene Pornographie und diesen Raum muss es meiner Meinung nach auch geben." Sie kritisiert, dass die Gruppe die Vorwürfe gegen Pornhub daher allein für ihre Zwecke missbrauchen würde.
Pornhub müsse man trotzdem kritisieren, sagt Oeming. Denn "Pornhub ist keine besonders ethische Form des Konsums." Der Großteil der Inhalte sei geklaut, viele der Kategorien auf der Plattform seien außerdem rassistisch. "Es sollte auf solchen Seiten innerhalb von zwei Klicks möglich sein, problematische Inhalte zu melden", sagt Oeming. Am Ende könne sie aber auch nicht beantworten, wie man das Problem bewältigt. "Die Datenmasse, die bei Pornhub täglich hochgeladen wird, halte ich am Ende des Tages für schlicht unüberschaubar."
Sendung: PULS am 16.06.2020 - ab 15.00 Uhr