Kostenlose Verhütungsmittel "Verhütung ist ein Menschenrecht"
Verhütungsmittel müssen auch für Leute, die sie sich nicht leisten können, zugänglich sein. Die Grünen fordern deshalb, Verhütungsmittel für Geringverdiener gratis auszugeben. Und das nicht nur an Frauen - sondern auch an Männer.
Wer Sex hat und keine Kinder will, muss auch die Verhütung bezahlen. Das ist aber gar nicht so günstig – Kondompackungen kosten im Schnitt 8 Euro und eine Pillenpackung für ein halbes Jahr etwa 60 Euro. In Deutschland ist aber fast jeder Zehnte auf staatliche Hilfe angewiesen – was man da bekommt, ist nicht viel: 416 Euro – das ist der Regelsatz für Arbeitslosengeld II. Kurz gesagt: Verhütung können sich einige nicht leisten.
In der UN-Frauenrechtskonvention ist aber festgehalten, dass Frauen ein Recht darauf haben zu entscheiden, ob sie Kinder wollen oder nicht. Dieses Recht muss durch den "Zugang zu den zur Ausübung dieser Rechte erforderlichen Informationen, Bildungseinrichtungen und Mitteln" gesichert sein. Die Grünen haben deshalb im Bundestag den Vorschlag gemacht, verschreibungspflichtige Verhütungsmittel sowie Kondome kostenlos an einkommensschwache Personen auszugeben.
Wer bekommt kostenfreie Verhütung?
Die Pille ist bis zum 18. Lebensjahr kostenfrei, bis zum 20.Geburtstag kostet sie fünf Euro Rezeptgebühr. Danach müssen die Kosten selbst getragen werden - und das können sich laut der BzGA viele Frauen nicht leisten. Die Chance als einkommensschwache Frau ungewollt schwanger zu werden, ist also hoch.
Deshalb fordert die Bundestagsabgeordnete der Grünen Maria Klein-Schmeink, dass verschreibungspflichtige Verhütungsmittel für Personen mit geringen Einkommen, also alle, die Bafög, Wohngeld oder Sozialhilfe bekommen, kostenfrei sein müssen. Und damit meint sie zuerst einmal Frauen, denn immer noch ist Verhütung zu allererst Frauensache. Beinahe 55% der Frauen nehmen laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA) noch die Pille.
Der Vorschlag der Grünen soll aber auch Männer nicht außen vorlassen, denn schließlich haben auch sie Verantwortung, wenn es um Verhütung geht. Immerhin verhüten 36% der Frauen und Männer mit Kondomen - und das ist teuer.
"Frauen mit geringem Einkommen haben ein erhebliches Risiko ungewollt schwanger zu werden, weil sie große Probleme haben, passende Verhütungsmittel zu finanzieren"
Maria Klein-Schmeink
"Passende Verhütungsmittel" ist das Stichwort. Die Forderung der Grünen beschränkt sich nicht nur auf die Pille und Kondome, sondern bezieht auch hormonfreie Verhütungsmethoden ein. Die Frau soll selbst aussuchen dürfen - wer die Pille nicht verträgt oder keine Hormone will, soll auch die Möglichkeit haben, sich z.B. für Kupferpräparate zu entscheiden. Auch die Sterilisation für Männer wird im Grünen-Modell mitgedacht. Auch das soll die Kasse übernehmen. Denn selbst nach abgeschlossener Familienplanung ist es meist die Frau, die verhindert, dass es neuen Nachwuchs gibt.
Wie soll die kostenfreie Verhütung finanziert werden?
Die Möglichkeit, sich als Sozialhilfeempfänger in Härtefällen verschreibungspflichtige Verhütungsmittel rückerstatten zu lassen, gibt es auch jetzt schon. Allerdings ist das Ganze mit viel Bürokratie verbunden und schafft laut der Grünen-Politikerin Maria Klein-Schmeink unnötige Hürden. Das Modellprojekt biko, das sich um eine bundesweite Kostenrückerstattung von Verhütungsmitteln bemüht, gibt es bisher deutschlandweit an sieben Standorten.
Die Idee der Grünen, kostenfreie Verhütung an Geringverdiener auszugeben, soll über Steuergelder finanziert werden. Denn Verhütung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Maria Klein-Schmeink geht es aber nicht darum, Kinder aus einkommensschwachen Schichten zu vermeiden. Sie denkt an die Rechte der Frau, denn eine ungewollte Schwangerschaft ist psychisch und körperlich belastend.
"Ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden, ist ein Menschenrecht"
Maria Klein-Schmeink
Und wenn das durch Prävention geht, dann ist das umso besser. Ob der Vorschlag der Grünen Erfolg hat, hängt davon ab, ob die anderen Parteien auf Bundesebene zustimmen. Die CSU war bei der ersten Abstimmung im Bundesrat dagegen und hat auf PULS Nachfrage keine Begründung abgegeben.
Sendung: Filter, 06.07.2018 - ab 15.00 Uhr