March for Science Darum gehen tausende Wissenschaftler auf die Straße
Sie sitzen nur in ihren Labors und Bibliotheken? Von wegen! Am Samstag wollen Studenten, Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter in 500 Städten weltweit demonstrieren. Der Grund: Populismus und Wissenschaftsfeindlichkeit.
Boston im Februar 2017: Mehrere hundert Wissenschaftler haben sich nach einem Forschungskongress in der Innenstadt versammelt. Sie demonstrieren gegen Populismus und wenden sich damit gegen die neue US-Regierung unter Donald Trump. Denn die ist ihrer Meinung nach wissenschaftsfeindlich – weil sie droht, Forschungsgelder zu streichen.
Knapp zwei Monate später ist aus dieser Demonstration eine weltweite Bewegung geworden. Nach München will sie Madlen Steinert von der LMU in München bringen. Sie ist 27 und promoviert über Immunologie. "Ich persönlich hab noch nie so etwas Großes organisiert", sagt sie. "Das ist eine Herausforderung, vor allem wenn man dann unter Zeitdruck steht." Am 22. April ist es soweit. Dann muss alles stehen.
Protestmarsch in der Münchner Innenstadt
Zwei bis dreitausend Teilnehmer – vom Studenten bis zum Professor – sollen am Samstag kommen. Vom Stachus wird der Protestmarsch über die LMU bis zum Siegestor gehen. Für Madlen Steinert ist es wichtig, die Kluft zwischen Gesellschaft und Wissenschaft zu überbrücken: "Ich finde es ganz wichtig, dass man eben den Leuten zeigt, dass Wissenschaftler nicht abgeschirmt, abgekapselt in Forschungsinstituten stecken, sondern dass man ein ganz normaler Mensch ist, mit dem man reden kann."
Noch ist das Vertrauen in die Wissenschaft groß
Insgesamt vertrauen die Deutschen der Wissenschaft. Das zeigen Studien wie das Wissenschaftsbarometer der Organisation "Wissenschaft im Dialog". Ihr Leiter Markus Weißkopf glaubt aber, auch bei uns könnte sich das ändern: "Im Bereich Klimawandel bröckelt das auch in Deutschland schon etwas."
Zwar glauben die Deutschen den wissenschaftlichen Erkenntnissen größtenteils noch, wenn es um erneuerbare Energien oder um die Entstehung des Universums geht, schwieriger ist es bei Themen wie grüner Gentechnik. "Da sind es nur 17 Prozent, die voll und ganz den Aussagen der Wissenschaftler vertrauen – und immerhin 56 Prozent, die eher misstrauen", sagt Weißkopf.
Populisten vs. Wissenschaft
Egal ob Trump in den USA oder AfD-Vorsitzende Frauke Petry in Deutschland - Populisten setzen genau bei diesem Misstrauen an. Petry bezweifelt zum Beispiel, dass der Klimawandel vom Menschen verursacht ist: "Wir halten die sogenannten Klimawissenschaftler in Wahrheit für Klimaalarmisten", sagte sie Anfang März auf einer Pressekonferenz. Madlen Steinert findet das gefährlich: "Wenn an öffentlicher Stelle - aus Kommerz oder politischen Gründen - alternative Fakten herangezogen werden und dann mit der Angst oder der Unwissenheit der Bevölkerung gespielt wird, ist das schade." Dass Wissenschaftler nun in die Offensive gehen und ein Zeichen setzen, ist gut – darin sind sich Madlen Steinert und Markus Weißkopf einig. "Ich finde, dass die Wissenschaftler einfach zu lange ruhig geblieben sind", sagt Steinert.
Sendung: Filter, 21.04.2017 ab 15.00 Uhr