Mutter-Talk zum Muttertag Sind wir unseren Eltern etwas schuldig?
Muttertag heißt Zeit mit Mama – aber sollte es nicht viel mehr von diesen Tagen geben? Wie oft müssen wir uns eigentlich bei unseren Eltern melden und was sind wir ihnen schuldig? Unsere Autorin fragt ihre Mutter.
Am Muttertag geht’s für meinen Bruder und mich jedes Jahr zu Kaffee und Kuchen zur Mama. Dieses Mal habe ich aber schon eine Woche vorher bei ihr vorbeigeschaut, um mit ihr zu reden. Denn mich interessiert, was unsere Mutter eigentlich von uns erwartet. Und sind wir ihr vielleicht sogar was schuldig? Denn mal ehrlich: Ich hab es meiner alleinerziehenden Mama früher oft nicht leicht gemacht und war – wie soll man es am besten sagen – teilweise echt ein Miststück.
Mama: "Also als du in der Pubertät warst, ja. Und klar, da denkt man auch mal ‚Meine Güte, muss das jetzt sein? Kann sie sich nicht irgendwie endlich mal beherrschen?‘ Und, natürlich! Da hast du auch negative Gedanken, aber das ist find ich völlig legitim, weil das sind einfach Gefühlsmomente.“
Tja, ich hätte mich tatsächlich öfter mal beherrschen sollen… Vor allem stelle ich mir das schon echt hart für meine Mama vor: Erst war ich ewig die Mega-Zicke und als ich dann endlich ausgeglichener wurde, bin ich ausgezogen und wollte selbstständig sein.
Mama: "Auf einmal weiß man nicht mehr: ‚Wo bist du? Was machst du?‘ Vor allen Dingen...ja, ich bin ja ein Mensch, der sich immer Sorgen macht. Furchtbar! Ich heul' jetzt hier gleich…"
Ich glaube, dass ich mir bis zu diesem Gespräch tatsächlich noch nie Gedanken darüber gemacht habe, wie hart das für meine Mama war, als ich ausgezogen bin. Muss ich das jetzt, wo ich erwachsen bin, irgendwie wiedergutmachen? Vielleicht, indem ich möglichst oft vorbeikomme?
Mama: "Mindestens einmal in der Woche würde ich toll finden – zwei Mal wäre noch schöner…. (lacht)."
Ich: "Jetzt haben wir ja gerade den Luxus, dass ich nur zehn Minuten von dir weg wohne. Aber wenn ich jetzt am anderen Ende Deutschlands wohnen würde, was würdest du dann erwarten?"
Mama: "Wenn du jetzt wo anders wohnen würdest, mein Gott! Klar, dann muss ich lernen damit umzugehen. Das ist halt dann die andere Situation. Aber ich würd jetzt nicht erwarten, dass du dich jede Woche in den Flieger hockst und zu mir kommst – natürlich nicht!"
Okay, einmal die Woche melden und am besten auch noch sehen – ich glaube das kann man einrichten. Aber irgendwann reicht das alleine ja nicht mehr aus.
Ich: "Was wünscht du dir denn von uns, wenn du mal wirklich alt bist?"
Mama: "Natürlich, wenn‘s ginge, würde ich gerne in irgendeiner Form in der Nähe von meinen Kindern bleiben wollen. Und wenn ich dann wirklich so alt bin, dass ich weiß: ‚Okay, ich kann jetzt nicht mehr wirklich was unternehmen.‘ Dann würde ich entweder in ein Altersheim oder in ein betreutes Wohnen gehen! Aber es wäre schon schön, wenn ihr beide ein bisschen nach mir schaut!“
Das klingt so genügsam, denke ich mir, als ich so mit meiner Mama quatsche. Ein ziemlich kleiner Wunsch für alles, was sie für mich getan hat – vom Taschengeld bis zum Trösten bei Liebeskummer. Und dafür fordert sie echt gar nichts ein?
Mama: "Nein, überhaupt nicht. Ich hab euch ja relativ spät gekriegt und ich habe vorher so ein tolles und bewegtes Leben gehabt. Und dann kamt ihr und dann war‘s einfach das zweite Leben und das war dann für mich auch eine Erfüllung! Ich kann doch nicht sagen, ich entscheide mich für meine Kinder und dann denk ich mir: Hey, die sind mir was schuldig, weil sie jetzt mein Leben beeinflusst haben."
Ab einem gewissen Alter checkt man, was die Eltern alles für einen getan haben und lernt das wertzuschätzen. Umso schöner ist es zu hören, dass meine Mama nicht findet, dass ich ihr deshalb etwas schuldig bin – auch wenn es ihr natürlich trotzdem wichtig ist, dass wir uns regelmäßig hören und sehen.
Mama: "Alles andere würde zum Sinn von Familie ja auch gar nicht passen."
Sendung: Filter vom 11.05.2018 – ab 15 Uhr.