Klimaschutz Was Skigebiete wirklich für das Klima machen können
Das Skigebiet Ischgl in Tirol wirbt damit, klimaneutral zu sein. Klimaschützer*innen sehen darin problematische Werbung. Wir fassen zusammen, was Wintersport-Regionen machen können, wenn sie wirklich helfen wollen.
"Wir sind klimaneutral!" - Mit diesem Slogan wirbt das Skigebiet in Ischgl in der neuen Saison, um Besucher*innen anzulocken. Stolz beschreiben die Betreiber*innen auf ihrer Internetseite, dass sie auf erneuerbare Energien setzen und ihre Treibhausgasemissionen über diverse Klimaschutzprojekte ausgleichen. Neben Ischgl gibt es auch andere Regionen, die sich schon für ein paar Solarpanels auf dem Dach feiern.
Also endlich Skifahren ohne schlechtes Gewissen? Eher nicht. Klimaschützer wie Thomas Frey vom Bund Naturschutz wollen bei diesen Beispielen nicht von wirklicher Klimaneutralität sprechen: "Wenn man auf ein paar Dinge achtet, kann man klimafreundliche Skiurlaube machen, aber CO²-neutral wird es deswegen nicht." Auch der Landesbund für Vogelschutz warnt, dass selbst Öko-Stromanlagen noch Eingriffe in die Natur sind.
Deshalb geben wir den Skigebieten ein paar Tipps, was neben CO²-Ausgleich und grünem Strom noch sinnvoll wäre:
Kein Kunstschnee
Zugegeben: Ohne Schnee gestaltet sich der Skispaß etwas schwierig. Aber wenn das weiße Zeug nicht CO²-neutral vom Himmel fällt, dann ist halt keiner da. Erste Maßnahme also: Nicht mit viel Strom- und Ressourcenaufwand künstliche Flocken in den Himmel pusten! "Es ist schon absurd in Zeiten des Klimawandels einen Haufen Energie zu verpulvern, um die Folgen des Klimawandels abzumildern", sagt Alpenexperte Frey. Tatsächlich gibt es noch Gebiete, die keinen Schnee nachkippen - aber es werden immer weniger. Vielleicht überlegen sich die Betreiber*innen mal energiesparende Freizeit-Alternativen an schneelosen Tagen.
Raum für die Natur lassen
Öko-Strom und Klimaschutz-Projekte am anderen Ende der Welt helfen den Tieren vor Ort nicht. "Dem Birkhuhn ist es egal, ob es im Winter von einer klimaneutralen Pistenraupe überfahren wird oder von einem Freerider, der mit dem Auto ins Skigebiet gefahren ist", sagt Michael Schödl vom Landesbund für Vogelschutz. Er plädiert dafür, dass sich in den betroffenen Regionen alle Parteien zusammensetzen und einen genauen Nutzungsplan ausarbeiten, der genügend Raum für Tiere und Pflanzen übriglässt. Auch der Bund Naturschutz warnt, die Kapazitäten von Gondeln und Hotels nicht immer weiter zu steigern. Mehr Gondeln sorgen schließlich für mehr Tourist*innen, die in der Natur rumlaufen und vielleicht alle mit dem eigenem Auto anreisen.
Kombi-Tickets mit Bus und Bahn
Einer der größten CO²-Killer beim Skiurlaub ist die Anreise und der Verkehr vor Ort. Wenn hunderttausende Autos in die Berge brettern, bedeutet das oft Verkehrschaos und viele Abgase. Wintersport-Regionen können deshalb Bus- und Bahnverkehr mit Kombi-Tickets aktiv unterstützen. "Es gibt in Bayern schon einige Gebiete, die das anbieten. Dann ist die Bahnanreise im Preis mit inbegriffen, genau wie der Verkehr vor Ort", sagt Thomas Frey. Zudem sollten die Hotels versuchen, vor allem ein Angebot für Besucher*innen anzubieten, die länger als ein oder zwei Tage bleiben. Mit der schlechtesten Klimabilanz reisen nämlich in der Regel die Tagestouris.
Günstige Leih-Skier und -Snowboards
Egal, ob ein Brett oder zwei: Snowboards wie auch Skier sind teuer und lassen sich in der klimafreundlichen Bahn äußerst schwierig transportieren. Wer da im Hotel vor Ort zum günstigen Preis alles ausleihen kann, hat dagegen die entspannte Anreise und spart laut Thomas Frey auch noch Ressourcen: "Für jemanden, der eine Woche in drei Jahren Ski fährt, reichen auch die gebrauchten Skier, die regelmäßig genutzt werden."
Alternativen zum Downhill-Skifahren
Wer die Piste runterschlittern will, fährt meistens mit dem Lift rauf. Das klassische Downhill-Erlebnis erfordert einfach mehr Infrastruktur und Energie. Deswegen empfehlen auch Umweltliebhaber*innen, einfach mal die Ruhe einer Langlauf-Route zu suchen oder eine Skitour zu gehen. Hotels und Marketing-Firmen könnten diese zum einen mehr bewerben und zum anderen darauf achten, dass die Leute sich nicht in die besonders schützenswerten Regionen verirren. Tierschützer wie Michael Schödl warnen: "Gerade im Winter machen einige Tiere die schwierigste Phase ihres Lebens durch. Die wollen überleben und jede Störung von außen macht da Probleme." Auch der Bund Naturschutz verweist auf die ausgewiesenen Tourenrouten: "Die sollte man unbedingt befolgen", sagt Thomas Frey.
Sendung: PULS am 05.02.2020 - ab 15.00 Uhr