Nasenspraysucht Was ihr über Abhängigkeit von Nasenspray wissen solltet
Nasenspray kann süchtig machen – kein Scherz! Die Folgen können ziemlich übel sein. Wir verraten euch, wie man gar nicht erst zum Nasensprayjunkie wird und wenn doch, wie man davon wieder los kommt.
Pfft, pfft, ahh! Sind wir ehrlich: Bei schlimmer Rotznase ist abschwellendes Nasenspray eine echte Wohltat, denn kein anderes Mittel lässt einen so schnell wieder entspannt durchatmen. Benutzt man es aber länger als vorgeschrieben, besteht das Risiko, dass man abhängig wird - und diese Abhängigkeit wird man nur schwer wieder los. Dann geht ohne Sprühstoß vor dem Schlafen und nach dem Aufwachen gar nix und wird zum Alltag wie Zähneputzen. Dabei sind die Folgen des Nasenspraymissbrauchs alles andere als witzig. Wir verraten euch, wie man gar nicht erst zum Nasensprayjunkie wird und wenn doch, wie man davon wieder los kommt.
Fakt 1: Nasenspray macht schneller süchtig, als man denkt
Bei Schnupfen produziert die Nase übermäßig viel Rotz, verstopft und wir kriegen keine Luft – ätzend. Die Lösung: Abschwellendes Nasenspray mit Sympathomimetikawirkstoffen wie Xylometazolin oder Oxymetazolin. Dadurch ziehen sich die Blutgefäße zusammen, die Schwellung der Schleimhäute geht zurück und wir können wieder durchatmen.
Das Problem: Verpasst man sich länger als sieben Tage mehrmals täglich seinen Stoß abschwellendes Nasenspray, gewöhnen sich unsere Schleimhäute an die regelmäßige Dosis und es kommt zum sogenannten "Rebound-Effekt". Das bedeutet: Sobald die Wirkung des Sprays nach ein paar Stunden nachlässt, schwellen die Nasenschleimhäute wieder an – aber noch schlimmer als zuvor! Die Folge: Man möchte wieder sprühen. Und zack, bumm, steckt man mitten drin im Teufelskreis. Denn statt die Nase zu befreien, führt der dauerhafte Nasenspraygebrauch zu einem chronischen Schnupfen. Das Nasenspray lindert die Schnupfensymptome zwar kurze Zeit, erhält sie aber gleichzeitig aufrecht.
Fakt 2: Nasensprayabhängigkeit ist weit verbreitet
Wie viele Leute genau an einer Nasenspraysucht leiden, ist nicht ganz klar. Vor einigen Jahren hat Dr. Roland Windt von der AOK Bremen/Bremerhaven die Zahl auf 100.000 bis 120.000 Deutsche geschätzt, die von einer Abhängigkeit betroffen sind. Die Dunkelziffer ist aber vermutlich sehr viel höher, denn eine genaue Zahl von Süchtigen zu erfassen ist schwer – immerhin kann sich jeder ohne Rezept und für wenig Geld in der Apotheke oder im Netz mit Sprays eindecken.
Ein Hinweis auf das tatsächliche Ausmaß des Problems liefern aber die Verkaufszahlen von Nasenspray: Der Absatz ist laut der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände von 2014 bis 2016 um zehn Prozent gestiegen. Außerdem schämen sich viele Betroffene für ihre Sucht und vermeiden es, zu einem Arzt zu gehen oder sich einem Experten anzuvertrauen. Viele Abhängige versorgen sich etwa drei Mal pro Tag mit einem Shot in die Nase – und das oft viele Jahre lang. Die Sucht nach Nasenspray kommt also nicht nur vereinzelt vor, sondern ist ein weitverbreitetes Problem, das wenig erforscht oder behandelt ist.
Fakt 3: Einmal Stinknase, immer Stinknase
Mit der dauerhaften Anwendung von Nasenspray tut man seiner Nase nichts Gutes. Die Schäden, die dabei entstehen können, sind vielfältig und zum Teil auch nicht heilbar. Die Schleimhäute trocknen aus, dadurch gibt es Reizungen wie kleine Risse, die zu regelmäßigem Nasenbluten und Krusten in der Nase führen können. Im fortgeschrittenen Zustand kann sich auch ein Loch in der Nasenscheidewand bilden, weil der Knorpel so stark angegriffen ist.
Trockenen Nasenschleimhaut erhöht auch die Gefahr von Keimbefall. Im Extremfall kann es zur sogenannten "Stinknase" kommen: In der rissigen Nasenschleimhaut siedeln sich Bakterien an und sorgen für einen fauligen Geruch, den der Betroffene selbst gar nicht bemerkt – sein Umfeld allerdings sehr wohl. Ein Horrorszenario, das zwar selten vorkommt, aber wenn, dann nicht mehr rückgängig zu machen ist! Die Folge: Manche Betroffene verlieren wegen ihrer müffelnden Nase sogar Job und Freunde, weil der bestialischen Gestank für ihr Umfeld unerträglich ist.
Fakt 4: Um vom Spray loszukommen, hilft nur Entzug
Nasenspraysucht zu überwinden ist nicht easy, aber auch nicht unmöglich. Die härteste Methode ist ein kalter Entzug, bei dem die Betroffenen von jetzt auf gleich komplett auf das Spray verzichten. Ärzte raten davon aber eher ab, weil das Risiko eines Rückfalls zu hoch ist. Stattdessen sollten Abhängige ihre Nase langsam von dem Wirkstoff entwöhnen. Dazu kauft man sich zunächst ein Nasenspray mit Schraubdeckel. Wenn das zur Hälfte aufgebraucht ist, füllt man es mit Kochsalzlösung auf. Wenn es dann wieder zur Hälfte leer ist, dann wieder – usw. und sofort, bis am Ende nur noch Kochsalzlösung im Sprühfläschchen ist. Alternativ kann man auch auf ein geringer dosiertes Spray für Kinder zurückgreifen.
Eine weitere Möglichkeit ist die "Ein-Loch-Therapie". Statt beide Nasenlöcher wird erstmal nur noch eines mit dem Spray versorgt. Während sich die eine Nasenseite entwöhnt, ist die Luftzufuhr durch die andere gesichert. Was sich hier so einfach anhört, ist aber tatsächlich mit viel Geduld und Willenskraft verbunden. Während des kompletten Entwöhnungsprozesses hat der Betroffene mit Entzugserscheinungen wie verstopfter Nase und einem ekligen Trockenheitsgefühl zu kämpfen. Und auch wenn es Überwindung kostet, sich jemandem anzuvertrauen – Leute, geht zu einem HNO-Arzt!
Fakt 5: Alternativen gibt es genug
Um gar nicht erst in den Teufelskreis der Sucht zu geraten, macht man am besten gleich einen großen Bogen um abschwellendes Nasenspray. Tatsächlich gibt es Alternativen, auf die man bei einem lästigen Schnupfen zurückgreifen kann. Es gibt eine beachtliche Auswahl an Nasensprays ohne abhängigmachende Wirkstoffe. Meersalzspray zum Beispiel befeuchtet die Nase und hat eine reinigende Wirkung. Auch Nasensprays mit ätherischen Ölen verringern die Schwellung der Nasenschleimhäute und spenden Pflege und Feuchtigkeit für unsere Nase.
Eine andere Möglichkeit, seine Nase schonend von Schnodder und Keimen zu befreien, sind Nasenduschen. Dabei wird die Nase mit einer Salzlösung durchgespült und von Krankheitserregern befreit. Die Feuchtigkeit, die die Nase dabei erhält, wirkt auf natürliche Weise abschwellend auf die empfindlichen Schleimhäute. Spezielle Nasenspülkannen und geeignetes Salz bekommt man in der Apotheke oder Drogerie.
Sendung: PULS Reportage am 10. April 2019, ab 15 Uhr.