Bayern plant Orientierungsverfahren an Unis Scheitern muss eine Option bleiben
Studienbewerber sollen in Tests prüfen, ob ihnen ihr Studium auch wirklich taugt. Unser Autor hat sich selbst getestet – und findet die Idee doof.
Auch ein bayerischer Kultusminister hat manchmal gute Ideen. Diese hier gehört nicht dazu. Ludwig Spaenle will per Gesetz Studienorientierungsverfahren an Hochschulen einführen.
Unis und FHs sollen Online-Tests oder Beratungsgespräche einführen, die jeder Studienbewerber erstmal durchlaufen muss, bevor er sich einschreibt. Sein Ziel: Die Abbrecherquote von 28 Prozent soll kleiner werden.
Der Vorschlag lehnt sich am Orientierungsverfahren an, das Baden-Württemberg schon 2011 eingeführt hat. Wirklich helfen wird es den Studierenden nicht.
Laut Test ungeeignet – trotzdem weiterstudiert
Persönlich kam ich 2006 schon in den Genuss eines ähnlichen Tests: An der Uni Mannheim konnte man seine Neigung und Eignung für das Soziologie-Studium schon damals freiwillig testen. Ich habe mich also durch den Fragebogen des Online-Assessment-Tests geklickt. In der Kategorie "Anspruchsvolle Texte lesen" habe ich mich auf einer Skala von "gar nicht" bis "sehr" für "ziemlich" entschieden und bei "Experimente vorbereiten" für "wenig". Bei "komplizierte mathematische Verfahren" habe ich "gar nicht" angegeben. Das war die Wahrheit, aber auch ein Fehler. Mein Testergebnis war dann auch ziemlich niederschmetternd: Bedingt geeignet für das Studienfach.
Zum Glück hatte ich das Studium zu dem Zeitpunkt schon angefangen. Der Test hat mir allerdings ein psychisch eher durchwachsenes Semester und einen Uni-Wechsel beschert (dorthin, wo Soziologen weniger mit komplizierten mathematischen Verfahren arbeiten) – und Jahre später kam dann doch noch eine Masterarbeit mit einer sehr guten Note heraus. Jawohl, in Soziologie - dem Fach, von dem mir der Computer abgeraten hat.
Ist Studienabbruch wirklich so schlimm?
Aber selbst, wenn ich am Soziologiestudium jämmerlich gescheitert wäre: Wäre es denn so eine Katastrophe gewesen? Ist es wirklich so schlimm, mal für ein zwei Semester was auszuprobieren? Einmal in europäische Ethnologie reinschauen, mal ein Semester Philosophie oder Biotechnologie? Sich reinfuchsen in eine Wissenschaft und dann mit Überzeugung abspringen? Eigeninitiative. So was ist ja eigentlich bei jungen Menschen gefragt. Auch in der CSU.
Stattdessen soll jetzt das Gegenteil Pflicht werden: Alle, die studieren wollen, müssen erstmal den Orientierungstest oder ein Beratungsgespräch nachweisen. Für Abiturienten, die keine Ahnung haben, was sie studieren sollen, kann so ein Test durchaus sinnvoll sein. Alle anderen aber sollten die Studienempfehlung aus Überzeugung ignorieren.