Subkultur adé Warum wir jetzt alle Bomberjacke tragen
Sie war Uniform, dann Subkultur, jetzt ist sie im Mainstream angekommen: die Bomberjacke. Warum schlupfen wir so gerne in die ehemalige Militärjacke?
Gesine: "Die Jacke stammt ursprünglich aus den USA. Praktikabilität ist aber nicht der ausschlaggebende Grund, warum ich keine andere Jacke mehr trage und neben einer Schwarzen auch eine Blaue, Grüne, Bordeauxrote besitze: Sie schützt vor mehr als kaltem Wetter."
Bomberjacken sind endgültig im Mainstream angekommen. Männer tragen das ja schon seit ein paar Wintern. Bei den Frauen hat's ein bisschen länger gedauert – bis jetzt. Mittlerweile greifen auch sie immer häufiger zu "harter" Kleidung und rüsten modisch auf.
Dabei hat der Siegeszug der Bomberjacke eigentlich ganz anders angefangen. Zum ersten Mal kam die von amerikanischen Militärpiloten getragene Jacke in den 50ern in Mode. Damals haben hauptsächlich Rollerfahrer die Bomberjacke getragen.
Von den Subkulturen in den Mainstream
Seitdem ist die Bomberjacke mehr und mehr in die Subkulturen gewandert. "Da war es eine Art von Gewaltverherrlichung", erklärt Modehistorikerin Ulrike Wegener von der Berliner Akademie Mode und Design. Denn mit der Militärjacke konnte die Nachkriegsjugend ihre kriegsgeläuterten Eltern bestens provozieren.
In schwarz oder oliv-grün und mit knallorangem Innenfutter war die Bomberjacke lange Zeit eine Art Uniform: Mods und Skinheads trugen sie, ebenso Hooligans – gern gepaart mit wuchtigen Stiefeln. Sie stand für Protest, für Aggressivität und Maskulinität.
Aber das ist vorbei. In diesem Winter bietet sie jedes Modegeschäft an und gerade Frauen lieben sie. Es gibt die Jacken in zarten Farben, bunt gemustert, mit Patches – oder eben ganz klassisch. "Es ist sehr praktisch und gleichzeitig warm. Es ist sehr flexibel in der Gestaltung, von daher ein universelles Kleidungsstück", sagt Ulrike Wegener. Universell ist sie, die Bomberjacke, genau das musste sie als Militäroutfit ja auch sein. Aber sie bietet der Trägerin noch etwas, was viele andere Kleidungsstücke so nicht tun: Schutz - und zwar nicht nur vor kaltem Wetter.
Laura Wulff, Trendvorhersagerin des Blogs "This is Jane Wayne" trägt die Fliegerjacke am liebsten oversized:
"Die Jacke hat von ihrem Ausdruck ja auch erstmal was Aggressives, ist so bullig und auch eigentlich nicht für den Frauenkörper geschnitten. Sie bedeckt nicht die Nieren, was Frauen eigentlich bräuchten. Dadurch, dass sie so groß ist und dich umhüllt wie eine warme Decke, sieht man eigentlich gar nicht mehr, dass du ein Mädchen bist. Und das schützt einen ungemein."
Laura Wulff
Der Posterboy unter den Bomberjackenträgern: Tom Cruise in "Top Gun"
Es ist kein Zufall, dass wir die Bomberjacke ausgerechnet in einer Zeit wiederentdecken, in der wir täglich Bilder aus Kriegsregionen sehen und von Terror und Übergriffen auf Schwächere hören. Das politische Geschehen, die Ästhetik des Militärischen beeinflusst auch die aktuelle Mode. Designer, die aufmerksam machen wollen, bieten deshalb zum Beispiel Jacken mit angedeutetem Sprengstoffgürtel an. Die Mainstreamlabels dagegen rosafarbene Bomberjacken. Rüsten wir modisch also auf?
Modehistorikerin Ulrike Wegener ist skeptisch. Sie glaubt eher, dass der Trend mit dem Revival der 80er zusammenhängt, zum Beispiel mit dem Film "Top Gun", der sich rund um die amerikanische Air Force dreht. Allerdings sagt Wegener auch: "Man weiß nie, ob diese Revivals nicht auch mit anderen Dingen zusammenhängen, zum Beispiel mit der Kriegspräsenz."
Bomberjacken sind vor allem für Frauen ein Statement
Die puffelige Bomberjacke passt perfekt in unsere Zeit. Sie manipuliert die oft zierlichere, weibliche Statur, macht ein breites Kreuz. Frau zieht sich mit ihr quasi eine gewisse Attitüde an und rüstet sich für den Alltag – sagt auch Laura von "This is Jane Wayne". Schließlich müssen Frauen jeden Tag ihren Mann stehen - und dabei kann Kleidung schon mal beeinträchtigen: "Wenn ich ein Meeting habe, dann will ich was anziehen, das mich unterstützt, das mich stärker macht. Eine Bomberjacke tut das definitiv."
Es scheint also so, als bleibt uns die Bomberjacke mindestens auch noch 2017 erhalten.