Depressionen durch schlechte Haut Nur Pickel?! Wie Akne depressiv machen kann
Pickel hat jeder mal, vor allem in der Pubertät. Bei starker Akne drohen aber nicht nur Vernarbungen, sondern im schlimmsten Fall auch Depressionen. Wie junge Menschen darunter leiden und was unsere Einstellung damit zu tun hat.
Das eigene Gesicht. Wir sehen es täglich im Spiegel. Doch Isabelle möchte an ihr eigenes Gesicht von vor fünf Jahren heute nicht mehr zurückdenken. "Man kennt ja den klassischen Begriff des Streuselkuchens. Das war bei mir wirklich der Fall", sagt die 20-jährige Studentin aus München. Wie viele in der Pubertät hatte sie Pickel. Das ist eigentlich ganz normal: Die Hormonumstellung führt dazu, dass der Körper mehr Talg produziert. Diese körpereigene Fettcreme bleibt aber oft an den Talgdrüsen hängen. So entstehen Mitesser und, wenn die sich entzünden, Pickel.
Isabelles Problem: Sie hatte mehr Pickel als andere. Deutlich mehr. Ihr Gesicht und Dekolleté waren übersät mit Akne. Von der Hautkrankheit Akne ist die Rede, wenn es nicht bei wenigen Pickeln bleibt und diese immer wiederkommen. Isabelle ging in die Drogerie, probierte alle möglichen Produkte aus. Und die Anti-Pickel-Industrie gibt ja heutzutage viel her. Doch Isabelles Verzweiflung wurde immer größer: "Es wurde nicht besser, egal was ich versucht habe."
Von Pickeln über Akne zu Depressionen
Gerade im jungen Alter kann Akne zu psychischen Belastungen führen. Laut einer kanadischen Studie von 2018 erhöht sie sogar das Risiko für Depressionen bei jungen Menschen. Die Universität Calgary hatte dafür fast zwei Millionen Patientendaten ausgewertet. Das Ergebnis: Von den Menschen mit starker Akne erkrankten in den folgenden Jahren 18,5 Prozent an Depressionen, von der Kontrollgruppe nur zwölf Prozent.
Christoph Liebich ist Hautarzt aus München und ihn überraschen diese Ergebnisse nicht: "Gerade junge Menschen, die an Akne leiden und zum Beispiel mit der ersten Liebe in Kontakt treten wollen, fühlen sich gehemmt - und haben dabei ohnehin nicht das beste Selbstbewusstsein." Außerdem würden Patienten die eigene Haut oft viel schlimmer wahrnehmen als die Person gegenüber.
Isabelle litt sehr unter ihrem damaligen Aussehen und griff deshalb oft zum Makeup. Auch wenn sie wusste, dass das die Akne sogar noch verschlimmern kann: "Man sagt so leicht: Kein Makeup benutzen. Aber wenn ich mich nicht mehr attraktiv finde, ist das natürlich oft die Lösung." Geschminkt traute sie sich aus dem Haus und ging auch auf Partys. Schlimm wurde es abends, beim Abschminken vor dem Spiegel. Dann schaute sie der "ungeschminkten Wahrheit" ins Gesicht: "Ich hatte schon extreme Momente, wo ich mich einfach scheußlich fand."
Chemiekeule gegen Pickel
Isabelle besuchte verschiedene Hautärzte: Eine starke Salbe sollte helfen, aber die Akne kam nach kurzer Zeit zurück. Erst nach zwei Jahren fand sie eine Ärztin, die ihr schließlich Akne-Tabletten verschrieb. Die basieren auf dem Wirkstoff Isotretinoin und sorgen dafür, dass der Körper weniger Talg produziert. Ein Stück weit wird der Körper ausgetrocknet und der Akne der Treibstoff genommen. Da die Tabletten jedoch auch eine ganze Reihe von Nebenwirkungen aufweisen, kommen sie oft erst bei hartnäckigen Fällen zum Einsatz und sind umstritten: Neben Entzündungen und Ausschlag, kann es auch zu Gelenkschmerzen und einer Verringerung der roten Blutkörperchen kommen. Patienten dürfen während der Behandlung kein Blut spenden und müssen auf eine sichere Verhütung achten. Denn wer das Medikament während der Schwangerschaft nimmt, riskiert schwere Missbildungen bei Neugeborenen.
Isabelle war zuerst nicht wohl dabei, nahm die Tabletten aber schließlich doch, weil sie keinen anderen Weg sah. Zwei Monate musste sie warten, dann wurde ihre Haut tatsächlich viel besser. Noch größer war der Effekt aber auf ihr Selbstbewusstsein: "Das hat mein Ego wirklich extrem gepusht. Ich wurde viel glücklicher und fand mich auch wieder schöner." Bis heute nimmt sie eine Tablette täglich, in ein bis zwei Jahren soll sie die Kur absetzen können. In Bezug auf Nebenwirkungen hatte sie Glück: Sie kann von keinen negativen Auswirkungen berichten.
Gegen die Akne hilft der Arzt, aber es geht um mehr
Hautarzt Christoph Liebich ist wichtig, dass junge Menschen mit Akne besser früher als später zum Arzt gehen und sich nicht einfach damit abfinden: "Wir sorgen dafür, dass es sich nicht verschlechtert, die Akne sich nicht im Gesicht eingräbt und keine Narben entstehen." So könne es oft gar nicht erst zur Depression kommen. Trotzdem stellt sich auch die Frage, wie wir alle mit Akne umgehen. In Zeiten, wo makellose Haut in sozialen Medien und der Werbung Pflicht ist und zum Schönheitsideal gehört.
Unter der Flagge der Body-Positivity-Bewegung bekennen sich inzwischen viele Frauen auf Instagram zu ihrer Akne. Sie posten Bilder, um zu zeigen: "Seht her, wir sind auch mit Pickeln schön!" Und sie haben Recht damit. Das sollte vielleicht nicht den Gang zum Hautarzt ersetzen, trotzdem könnte sich durch mehr Bewusstsein der Druck verringern, unter dem besonders junge Menschen mit Akne leiden.
Sendung: Filter vom 01.02.2019 ab 15 Uhr