Gras aus Deutschland Wie deutsche Firmen um eine Anbaulizenz für Cannabis kämpfen
Um in Deutschland medizinisches Cannabis legal anbauen zu dürfen, braucht man eine staatlich genehmigte Anbaulizenz. Um die Vergabe wird gerade heftig gestritten, denn sie benachteiligt deutsche Firmen.
Seit einem Jahr können Ärzte in Deutschland Cannabis als Medikament verschreiben. Trotzdem gehen die Patienten mit Rezept oft leer aus. Der Grund: Die Apotheken bekommen kaum Nachschub. Die Cannabis-Importe aus dem Ausland können den Bedarf momentan nicht decken. Naheliegende Lösung für das Problem: Einfach Cannabis in Deutschland anbauen. Aber wer das möchte, braucht eine spezielle Anbaulizenz vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) – die ist aber nur sehr schwer zu kriegen.
Paradoxe Vergabekriterien
Die Firma Cannamedical aus Köln hätte zum Beispiel gerne so eine Lizenz. Die Kriterien, um sie zu bekommen, seien aber unerfüllbar:
"Man musste drei Kriterien erfüllen, um an der Ausschreibung teilzunehmen: Das Eine war Kapital. Das Zweite waren Referenzen im Heilkräuteranbau. Und das Dritte waren – völlig unerwartet – Erfahrungen im Cannabisanbau. Diese konnten wir selbstverständlich nicht nachweisen, da wir uns als deutsches Unternehmen in der Illegalität bewegt hätten, wenn dem so wäre."
Niklas Kouparanis, Sales Director von Cannamedical
Erfahrung im Anbau als Voraussetzung für Anbau? Ein unlösbares Paradoxon.
Erste Ernte in Deutschland verzögert sich
Viele deutsche Unternehmen wollen das nicht einfach so hinnehmen: Die Firma Lexamed aus Waiblingen hat bereits letztes Jahr gegen das BfArM geklagt. Durch den zunehmenden Protest gerät das ganze Verfahren mächtig ins Stocken. Eigentlich hätten die Anbaulizenzen im März dieses Jahres vergeben werden sollen, eine erste Ernte in Deutschland war für 2019 angedacht. Das wird sich jetzt ziemlich sicher verzögern.
Wieso überhaupt diese unerfüllbaren Forderungen gestellt wurden, lässt sich schwer sagen. Der Pressesprecher des BfArM will dazu nichts sagen – zu prekär sei es, sich mitten im Rechtsstreit zu dem Thema zu äußern. Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband glaubt aber den Grund zu kennen: eine Fehleinschätzung seitens der Verantwortlichen.
"Ich nehme an, dass die Bundesregierung oder die Leute im BfArM Horrorvorstellungen hatten von Zehntausenden verpeilter Hippies, die sich jetzt bewerben, wenn man das nicht so zuschneidet. Aber das ist ein völliger Fehlschluss meiner Meinung nach."
Georg Wurth, Deutscher Hanfverband
Patienten ohne Medikamente
Bleibt die Frage, ob die Klage Erfolg haben wird. Gibt es eine neue Bewerberrunde mit veränderten Kriterien? Oder muss eine andere Lösung für die anhaltenden Lieferengpässe gefunden werden? Viele Firmen setzen auf verstärkten Import und kooperieren mit Cannabis-Anbauern aus Kanada oder den Niederlanden, um den Stoff von dort zu importieren. Da dort die Kapazitäten schon ausgeschöpft sind, sieht Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband nur einen sinnvollen Weg: "Es wird wirklich Zeit, dass wir auch in Deutschland unsere Produktion auf die Reihe kriegen." Bis es soweit ist, müssen noch viele bürokratische Hürden überwunden werden. Solange stehen deutsche Cannabis-Patienten weiterhin oft ohne ihr Medikament da.
Sendung: Filter, 05.03.2018 - ab 15.00 Uhr